• Seit Tagen leiden die Menschen im Süden Europas unter extremen Temperaturen und Dürre.
  • Nun muss sich auch Deutschland auf eine Hitzewelle einstellen - Forderungen nach Schutzmassnahmen oder hitzefrei werden laut.
  • Ausserdem droht in einigen Gebieten Wasserknappheit.

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Bisher ist Deutschland von der Gluthitze verschont geblieben, die sich in Südeuropa seit Tagen breit macht. Mit dem Wochenbeginn muss sich nun auch die Bundesrepublik aufs Schwitzen einstellen.

Für Anfang der Woche wird auch in Deutschland eine Hitzewelle erwartet. Am Dienstag werden verbreitet Temperaturen über 35 Grad erreicht, im Westen bis zu 40 Grad, wie der Deutsche Wetterdienst mitteilte. Auch in weiten Teilen Südeuropas soll es heiss bleiben. In Westfrankreich gilt die höchste Hitzewarnstufe, Italien rechnet mit einer erneuten Hitzeperiode. In Portugal und Spanien hingegen könnte sich die Lage langsam entspannen.

Forderung nach nationalem Hitzeschutzplan

Angesichts der erwarteten Wetterlage fordert der Ärzteverband Marburger Bund einen nationalen Hitzeschutzplan und eine Aufklärungskampagne. "Die Politik muss ihre Anstrengungen für Schutzmassnahmen in Hitzephasen deutlich ausbauen", sagte die Vorsitzende Susanne Johna dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Städte und Kommunen brauchten Hitzeschutzpläne, damit sich Senioreneinrichtungen oder Krankenhäuser besser auf Hitzewellen vorbereiten könnten, "am besten geregelt durch einen nationalen Hitzeschutzplan".

Wichtig seien auch konkrete Verhaltensregeln, "zum Beispiel durch eine Aufklärungskampagne der Bundeszentrale für politische Bildung". Nötig seien "Fortbildungen zu hitzebedingten Erkrankungen, die temperaturgerechte Aufbewahrung von Medikamenten" oder "Gebäudeanpassungen".

Die Gewerkschaft Verdi verlangt Erleichterungen für Arbeitnehmer. "Bei extremer Hitze fordern wir natürlich längere Pausen oder ein früheres Ende der Arbeit - Hitzefrei - auch wenn darauf kein rechtlicher Anspruch besteht", sagte Norbert Reuter, der Leiter der tarifpolitischen Grundsatzabteilung bei Verdi, dem RND. "Hier sind dann im Benehmen mit dem Betriebsrat Regelungen zu treffen, wann die ausgefallenen Arbeitszeiten gegebenenfalls nachgeholt werden können." Man fordere, "alle Möglichkeiten" von Gleitzeitregelungen zur Arbeitszeitverlagerung zu nutzen, wie sie schon in den technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) festgehalten seien.

In Südeuropa leiden Millionen Menschen seit Tagen unter Hitze, Dürre und verheerenden Waldbränden. In Frankreich wurde wegen der Hitze zu absoluter Vorsicht aufgerufen. Der Wetterdienst Météo France verhängte Sonntag für fast die komplette Atlantikküste und weitere Gebiete im Westen die höchste Warnstufe. Die Hitze breite sich Richtung Norden aus. Den Höhepunkt der Hitze soll es im Westen Frankreichs am Montag geben. Die Temperaturen sollen auf 40 Grad oder mehr klettern.

Grossbritannien ruft wegen erwartetem Hitzerekord Katastrophenfall aus

An der südfranzösischen Atlantikküste wurden in der Nacht zum Sonntag wieder Menschen vor einem Waldbrand in Sicherheit gebracht. Das Wiederaufflammen des Brandes auf trockenem Boden habe Campingplätze im Gebiet bei Teste-de-Buch südlich von Bordeaux erneut gefährdet, teilte die Präfektur mit. Bei der Tour de France trat aufgrund der Hitze das Extremwetter-Protokoll in Kraft. Dabei dürfen sich die Fahrer etwa vom Start weg bis zehn Kilometer vor dem Ziel verpflegen.

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Hitzewelle in Europa: Zahlreiche Waldbrände im Mittelmeerraum

Etliche Mittelmeerländer leiden derzeit unter extremen Temperaturen und einer gleichzeitigen Dürreperiode. Eine Besserung der Lage ist jedoch nicht in Sicht - es dürfte eine der längsten Hitzewellen seit Jahrzehnten werden.

Während Grossbritannien zum Wochenanfang einen landeseigenen Hitzerekord erwartete, plante der britische Premierminister Boris Johnson für Sonntag eine private Party auf dem luxuriösen Landsitz Chequers, wie der Nachrichtensender Sky News berichtete. Die Regierung hatte zuvor wegen des erwarteten Hitzerekords bereits den Katastrophenfall ausgerufen und eine Sitzung des nationalen Krisenstabs Cobra einberufen. Dabei hatte sich Johnson am Samstag jedoch nicht blicken lassen. Der britische Wetterdienst gab für Montag und Dienstag eine rote Wetterwarnung wegen Hitze heraus - zum ersten Mal überhaupt. Erwartet werden in grossen Teilen Englands bis zu 40 Grad. Der Temperaturrekord liegt bislang bei 38,7 Grad.

Hunderte Hitzetote in Spanien und Portugal

In weiten Teilen Spaniens sollten die Temperaturen laut dem meteorologischen Institut Aemet auch am Sonntag auf deutlich über 40 Grad steigen. Die Zahl der Hitzetoten der vergangenen Tage in Spanien und Portugal geht nach offiziellen Angaben in die Hunderte. Bei den Opfern handele es sich in den meisten Fällen um Menschen, die wegen ihres hohen Alters oder einer Vorerkrankung bereits geschwächt gewesen seien, schrieb die spanische Zeitung "La Vanguardia".

Erst ab Montag könnte es eine leichte Abkühlung auf Werte um die 35 Grad in Spanien geben. Ähnlich ist die Lage in Portugal. Aber die vielen Waldbrände werden durch den leichten Rückgang der Temperatur noch lange nicht gestoppt. Viel zu ausgedörrt sind die Wälder, knochentrocken nach einem regenarmen Winter und Frühjahr.

In Griechenland wurden von Samstag auf Sonntag binnen 24 Stunden 119 Waldbrände registriert. Die meisten Brände werden recht schnell gelöscht, manche wachsen sich jedoch zu Grossbränden aus. So schwelte am Sonntag auf Kreta südlich der Hafenstadt Rethymno weiterhin ein Brand, der bereits am Freitag ausgebrochen war und zwischendurch Dörfer bedrohte, die evakuiert werden mussten. Schwierigkeiten bereiten vor allem die bisweilen starken Winde, die um diese Jahreszeit in der Ägäis wehen - sie können ein fast ersticktes Feuer im Nu wieder anheizen und vorantreiben.

Italien kämpft mit extremer Dürre - zahlreiche Waldbrände

Auch in Italien haben die Feuerwehren an mehreren Orten wieder gegen Waldbrände gekämpft. Italien erlebt seit Wochen eine extreme Dürre, die die Flammen begünstigt. Auf Sizilien rückten die Einsatzkräfte nahe Palermo erneut zu einem Feuer in Montelepre aus. Medienberichten zufolge unterstützen zwei Löschflugzeuge und ein Hubschrauber die Helfer am Boden. Südlich der Stadt L'Aquila in den Abruzzen unterstütze ein Löschflieger aus Rom drei Feuerwehreinheiten am Boden, die dort gegen einen Waldbrand kämpften.

Nahe Florenz rückten die Rettungskräfte in der Kommune Vinci ebenfalls zu einem Flächenbrand aus. In Bibione ist nach dem ausgedehnten Wald- und Buschbrand am Strand des norditalienischen Adria-Badeortes die Lage wieder unter Kontrolle. Zahlreiche Touristen hätten sich am Samstag bei den Behörden aus Sorge gemeldet, wegen der Brände dort ihren Urlaub nicht verbringen zu können, berichteten Medien.

Deutscher Städte- und Gemeindebund warnt vor Wasserknappheit

Der deutsche Städte- und Gemeindebund warnt vor Wasserknappheit in einigen Regionen. Die Gartenbewässerung und das Füllen grosser Pools mit Leitungswasser könne zum "echten Problem" werden. Rasensprenger verteilten in einer Stunde bis zu 800 Liter Trinkwasser. "Das kann die Versorgungsinfrastruktur in manchen Regionen an ihre Grenzen bringen", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem "Handelsblatt".

Privathaushalte sollten im Rahmen ihrer Möglichkeiten Regenwasser auffangen. "In Einzelfällen können auch kommunale Verwendungsverbote notwendig sein." Landsberg verlangte "kommunale Hitzeaktionspläne", um Menschen vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen. "Wir müssen in den Städten grüne Klimaoasen etablieren."

Der Präsident von Deutschlands Landkreisen, Reinhard Sager, fordert seine Kollegen dazu auf, mehr zu tun, um die Widerstandsfähigkeit der Natur gegen die Folgen der Erderwärmung zu stärken. "Renaturierung, Wiedervernässung der Moore, weniger Bodenversiegelung: All das gehört auf die Agenda, auch auf kommunaler Ebene", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Sonntag). (dpa/mt/dh)

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