- Rafael Caro Quintero hat das erste grosse Drogen-Kartell Mexikos mitbegründet.
- In den 1980er Jahren war er mächtig wie Pablo Escobar in Kolumbien.
- Seine Festnahme ist vor allem für die USA von Bedeutung - sie wurde jedoch von einem schweren Unglück überschattet.
Einst war er einer der mächtigsten Kriminellen Mexikos, nun ist er im Gebüsch aufgespürt worden: Rafael Caro Quintero, der von den USA meistgesuchte mexikanische Drogenboss, ist in Mexiko erneut festgenommen worden. Dies bestätigte die Marine des nordamerikanischen Landes am Freitag (Ortszeit).
Caro Quintero soll nun an die USA ausgeliefert werden, er steht auf der FBI-Liste der zehn meistgesuchten Kriminellen. Auf Hinweise zu seiner Ergreifung hatte die US-Bundespolizei im Jahr 2018 ein Kopfgeld von 20 Millionen Dollar ausgesetzt.
Spürhund Max fand Caro Quintero
Spürhund Max machte Caro Quintero, der in den 1980er Jahren wie Pablo Escobar in Kolumbien als "Narco de Narcos" ("Drogenboss der Drogenbosse") galt, einer Mitteilung der Marine zufolge ausfindig. In einem Video war zu sehen, wie Caro Quintero, mit Jeans und Hemd gekleidet, abgeführt wurde.
Der Generalstaatsanwalt der Vereinigten Staaten, Merrick B. Garland, dankte den mexikanischen Behörden in einer Mitteilung des US-Justizministeriums für die Festnahme des 69 Jahre alten Caro Quintero. Man wolle seine sofortige Auslieferung an die USA beantragen, damit er dort vor Gericht gestellt werden könne. Laut mexikanischen Medienberichten wird Caro Quintero aber vorerst in das Hochsicherheitsgefängnis Altiplano nahe Mexiko-Stadt verlegt und soll dann von einem Richter vernommen werden.
Auftragsmord an Beamten der US-Anti-Drogen-Polizei
Caro Quintero hatte 1985 die Entführung, Folter und Ermordung von Enrique "Kiki" Camarena, einem Beamten der US-Anti-Drogen-Polizei DEA, angeordnet. Der Vorfall belastete die Beziehungen zwischen den USA und Mexiko schwer. Die Antidrogenbehörden beider Länder brauchten Jahrzehnte, um wieder gegenseitiges Vertrauen aufzubauen.
Caro Quintero selbst war seit 2013 auf der Flucht. Damals war er nach 28 von 40 Jahren Haft wegen angeblicher Verfahrensfehler auf freien Fuss gesetzt worden. Der Oberste Gerichtshof Mexikos hob diese Entscheidung auf, da war Caro Quintero aber bereits untergetaucht. Das Aussenministerium in Washington setzte das Kopfgeld auf ihn aus. "Die Festnahme ist für die Vereinigten Staaten sehr, sehr wichtig, weil Caro Quintero der Drahtzieher hinter dem Mord an unserem Agenten Enrique "Kiki" Camarena war", sagte der ehemalige DEA-Chef für internationale Operationen, Mike Vigil, dem Nachrichtenportal Sin Embargo.
Hubschrauber-Absturz nach Festnahme
Der Drogenboss wurde in der Ortschaft San Simón in den Bergen des nordwestlichen Bundesstaates Sinaloa am Freitag von der Marine festgenommen. Er soll im Hochsicherheitsgefängnis von Almoloya, 85 Kilometer westlich von Mexiko-Stadt, untergebracht werden. Zuletzt soll er das kleinere Caborca-Kartell angeführt haben.
Beim Absturz eines Marine-Hubschraubers nach der Festnahme Caro Quinteros ebenfalls in Sinaloa kamen 14 Passagiere ums Leben. Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador bedauerte den Verlust und drückte den Familien der Verstorbenen in sozialen Netzwerken sein Beileid aus. Zudem wurde ein Beamter schwer verletzt. Sie alle hätten den Einsatz für die Festnahme unterstützt. Der Absturz habe danach beim Landen in der Ortschaft Los Mochis stattgefunden, die Ursachen würden untersucht.

Mord als Vorlage für Netflix-Serie
Die Geschichte des ermordeten US-Polizisten Camarena wurde später in der Serie "Narcos: Mexico" des Streamingdiensts Netflix erzählt. Der Mord an ihm wurde als Racheakt für Ermittlungen des DEA-Agenten betrachtet, die zur Beschlagnahme einer grossen Marihuana-Plantage in Chihuahua führten.
2016 gab Caro Quintero aus dem Untergrund ein Interview, in dem er jegliche Verwicklung in den Mord an Camarena abstritt. "Ich habe ihn nicht entführt, nicht gefoltert, nicht getötet", sagte Caro Quintero darin. "Ich entschuldige mich bei der mexikanischen Gesellschaft für die Fehler, die ich begangen habe", sagte der Drogenboss weiter. Er ergänzte, er wolle nun "in Frieden" als Viehzüchter leben. Nach Ansicht der DEA führt Quintero aber weiterhin eine Untergliederung des berüchtigten Sinaloa-Kartells.
Das Guadalajara-Kartell, zu dessen Gründern Quintero zählen soll, war in den 1980er-Jahren besonders mächtig. Es gilt als Vorbild für moderne mexikanische Drogenkartelle und arbeitete als eines der ersten mit kolumbianischen Drogenbossen dabei zusammen, Kokain aus Kolumbien in die USA zu transportieren. Die Auflösung des Guadalajara-Kartells führte zum Aufstieg des von Joaquin "El Chapo" Guzmán angeführten Sinaloa-Kartells. Mexiko lieferte Guzmán im Jahr 2017 an die USA aus. Dort sitzt er derzeit eine lebenslange Haftstrafe ab.
Mexiko setzt seit 2006 Militär gegen Drogenkartelle ein
Vor wenigen Tagen war Mexikos Präsident López Obrador bei einem offiziellen Besuch in Washington von seinem US-Kollegen Joe Biden empfangen worden. Die jetzige Festnahme des ehemals mächtigsten Drogenbosses Mexikos könnte als Geste des guten Willens von Mexiko gegenüber Washington interpretiert werden, nachdem es zu Spannungen in den Bereichen Sicherheit, Investitionen und Migration gekommen war.
In Mexiko sind nach Angaben der International Crisis Group rund 200 kriminelle Gruppen aktiv. Sie sind unter anderem in den Drogenhandel, Entführung, Erpressung und Benzindiebstahl verwickelt. Manche kämpfen auch um Kontrolle über legale Geschäfte wie den Avocado-Anbau. Seit der nordamerikanische Staat 2006 damit begann, den sogenannten Drogenkrieg militärisch zu führen, hat die Spirale der Gewalt Hunderttausende Menschen das Leben gekostet. Mehr als 100.000 Menschen gelten in Mexiko als verschwunden. (dpa/afp/mf)