Die Staatsanwaltschaft von Rom hat fast 40 Jahre nach dem mysteriösen Verschwinden eines 15 Jahre alten Mädchens im Vatikan wieder Ermittlungen aufgenommen. Übereinstimmenden Medienberichten vom Montag zufolge will Italien in der Causa diesmal mit den vatikanischen Strafverfolgern zusammenarbeiten. Diese hatten schon im Januar angekündigt, dem Verdacht und den Hinweisen nachzugehen, wonach Emanuela Orlandi, die Tochter eines Kurien-Angestellten und Staatsbürgerin des Vatikans, entführt oder ermordet wurde.

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Die Teenagerin kam am 22. Juni 1983 nach einer Musikstunde in der Altstadt Roms nicht mehr nach Hause. Eine Leiche wurde nie gefunden. Der Fall gilt als äusserst dubios und erlangte auch international etwa durch eine eigene Netflix-Serie ("Vatican Girl") Bekanntheit. Es gibt etliche Gerüchte und Theorien, darunter etwa, dass Orlandi entführt wurde, um den Papst-Attentäter Ali Agca freizupressen; dass die junge Frau von einem hohen Beamten der Kurie missbraucht wurde; dass der römische Mafiaclan Banda della Magliana in den Fall verstrickt ist.

Pietro Orlandi, der Bruder der Vermissten, hatte zuletzt für Aufsehen gesorgt mit Bemerkungen, wonach der frühere Papst Johannes Paul II. in die Causa involviert sein solle. Dafür wurde er heftig kritisiert, selbst Papst Franziskus verurteilte derartige Unterstellungen.

Nun entschied die Staatsanwaltschaft in Rom, sich der Sache nach zuvor bereits zwei archivierten Untersuchungen (1983 bis 1997, 2008 bis 2015) noch einmal anzunehmen. Dabei wolle man sich auch mit den vatikanischen Ermittlern austauschen, hiess es. "Das ist eine gute Nachricht", sagte Laura Sgrò, die Anwältin der Familie Orlandi, der Nachrichtenagentur Ansa am Montag. Sie forderte eine ehrliche Kooperation der beiden Stellen. "Das wünschen wir uns schon seit Jahren, um die Wahrheit über Emanuela herauszufinden."

Der Fall beschäftigt auch die Politik in Italien. Im März stimmte eine der zwei Parlamentskammern in Rom für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.  © dpa

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