- Nach dem Raketenangriff auf die Hafenstadt Odessa einen Tag nach dem Getreideabkommen verurteilt der ukrainische Präsident Selenskyj Russland scharf.
- Er sprach von einem Akt "offensichtlicher russischer Barbarei" und forderte einmal mehr schwere Waffen von den USA, um sich gegen russische Attacken zu wehren.
Nach den Raketenangriffen auf den Hafen in Odessa hat der ukrainische Präsident
Der Angriff mit Raketen auf die Hafenstadt sei international verurteilt worden. Selenskyj sprach von einem Akt "offensichtlicher russischer Barbarei". Zu Beginn des 151. Kriegstags sieht er aber auch Positives.
Neben den Raketenangriffen habe es zwar erneut schwere Gefechte im Donbass und im Gebiet Charkiw gegeben. Dennoch sei auch sichtbar, dass sich die Ukraine in Richtung Sieg bewege. Vor allem zeige sich das in der Region Cherson im Süden. "Die Streitkräfte der Ukraine bewegen sich Schritt für Schritt in dem Gebiet vorwärts", sagte Selenskyj.
Russland hatte die südukrainische Region am Schwarzen Meer unmittelbar nach Kriegsbeginn Ende Februar eingenommen. Moskautreue Separatisten dort kündigten zuletzt an, sie wollten eine Volksabstimmung für einen Beitritt zu Russland ansetzen. Die Ukraine will das verhindern und das Gebiet auch mithilfe der von den USA und anderen Nato-Staaten gelieferten schweren Waffen zurückerobern.
Ukraine hofft nach Angriffen auf Odessa auf schnellere Waffenlieferungen
Die Angriffe auf Odessa seien ein weiterer Grund dafür, der Ukraine solche Waffen zu geben, "die für unseren Sieg notwendig sind", sagte Selenskyj. Er warf Russland vor, einen Tag nach dem in Istanbul unterzeichneten Abkommen über die Ausfuhr von ukrainischem Getreide den Hafen von Odessa beschossen zu haben. Russland weist das zurück, wie die Türkei nach einem Gespräch mit der Kriegspartei mitgeteilt hatte. Eine offizielle russische Reaktion lag bis Samstagabend nicht vor.
Russland hatte am Freitag in dem Abkommen zugesichert, Schiffe für den Export über einen Seekorridor fahren zu lassen und nicht zu beschiessen. Auch die drei beteiligten Häfen dürfen demnach nicht angegriffen werden. Es geht dabei unter anderem um die Ausfuhr von Millionen Tonnen Getreide. Die unter der Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei unterzeichnete Einigung sieht vor, die Exporte von einem Kontrollzentrum in Istanbul überwachen zu lassen.
Selenskyj beklagte, dass im Zuge des Angriffs auch das Kunstmuseum in Odessa beschädigt worden sei. Die Raketen seien ganz in der Nähe von historischen Objekten eingeschlagen. Das ukrainische Militär hatte mitgeteilt, dass zwei Raketen von der Luftabwehr abgefangen worden seien, zwei weitere schlugen demnach im Hafen ein. Die Getreidesilos im Hafen wurden den Angaben zufolge aber nicht getroffen.
USA machen Russland für Beschuss von Odessa verantwortlich
Die US-Regierung machte Russland für den Beschuss der Hafenstadt Odessa verantwortlich. Nur einen Tag nach der Vereinbarung über die Ausfuhr von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer habe Russland seine Verpflichtungen gebrochen, teilte US-Aussenminister Antony Blinken am Samstag (Ortszeit) mit. "Dieser Angriff lässt ernste Zweifel an der Glaubwürdigkeit des russischen Engagements für die gestrige Vereinbarung aufkommen."
Blinken kritisierte, der Beschuss untergrabe die Arbeit der Vereinten Nationen, der Türkei und der Ukraine, um wichtige Nahrungsmittel auf die Weltmärkte zu bringen. Russland trage die Verantwortung für die Verschärfung der weltweiten Nahrungsmittelkrise. Moskau habe der Vereinbarung zur Ausfuhr von Getreide zugestimmt und stehe nun in der Pflicht, sie vollständig umzusetzen.
Selenskyj traf US-Politiker in Kiew
In Kiew traf sich Selenskyj mit einer Delegation des US-Kongresses, die nach Angaben von Botschafterin Bridget Brink ihre Unterstützung für die Ukraine bekräftigte. Die US-Vertreter hatten auch die Kiewer Vororte Irpin und Butscha besucht, wo russischen Besatzern schwerste Kriegsverbrechen und die Tötung vieler Zivilisten vorgeworfen wurden. "Die Ukrainer haben die Welt inspiriert mit ihrem mutigen Widerstand gegen Putins unrechtmässigen Krieg", sagte der US-Demokrat Adam Smith, Mitglied des Repräsentantenhauses in Washington. Kremlchef Wladimir Putin hatte den Einmarsch in die Ukraine Ende Februar befohlen.
Vize-Ministerin Maliar : 5.000 Soldatinnen kämpfen für Ukraine an der Front
In der ukrainischen Armee dienen laut Vizeverteidigungsministerin Hanna Maliar mehr als 50.000 Frauen, mehr als 5.000 von ihnen seien derzeit an der Front. Das sagte die Politikerin nach Angaben der Nachrichtenagentur Ukrinform bei einem internationalen Gipfel der First Ladies und Gentlemen in Kiew am Samstag. Von den 50 000 Frauen im ukrainischen Militär dienten insgesamt 38.000 als Soldatinnen, die übrigen gingen zivilen Aufgaben nach.
Was am Sonntag wichtig wird
Nach den Raketenangriffen auf Odessa wird es weiter darum gehen, wie das am Freitag vereinbarte Abkommen über den ukrainischen Getreideexport umgesetzt werden kann. Nach russischen Angaben wird es Tage dauern, bis die technischen Voraussetzungen dafür getroffen sind. Die Ukraine hofft durch den Verkauf von etwa 20 Millionen Tonnen Weizen und Mais auf Milliardeneinnahmen. © dpa