Gegen den früheren Premierminister Boris Johnson gibt es einmal mehr Vorwürfe der Vetternwirtschaft. In den traditionellen "Resignation Honours", mit denen die britischen Regierungschefs nach ihrem Abschied verdiente Persönlichkeiten ehren können, wolle der konservative Politiker seinen Vater Stanley Johnson (82) mit dem Titel "Sir" würdigen lassen, berichtete die Zeitung "Times" am Montag. Der frühere Europaabgeordnete sei einer von etwa 100 Menschen auf Johnsons Liste.
Die "Times" kritisierte die Pläne als moralisch falsch. Kulturministerin Michelle Donelan gab sich hingegen gelassen. Es gebe deutlich grössere Probleme, sagte sie dem Sender LBC.
Auch andere Personalien könnten noch für Aufregung sorgen. So will Johnson laut "Times" gleich vier amtierende Abgeordnete der Konservativen Partei, darunter seine Vertraute Nadine Dorries, zu lebenslangen Mitgliedern des Oberhauses ernennen. Das würde Neuwahlen in den Wahlkreisen der Parlamentarier auslösen - Umfragen zufolge drohen jeweils schwere Niederlagen für die Tories.
Die letzte Entscheidung über die "Resignation Honours" liegt beim derzeitigen Premierminister
Bereits vor Johnson haben Premierminister mit ihren "Rücktrittsehren" Parteifreunde oder enge Mitarbeiter ausgezeichnet. Allerdings hat der 58-Jährige bereits Dutzende Mitglieder des Oberhauses ernannt, darunter seinen Bruder Jo als Baron Johnson of Marylebone. Kritiker fordern seit langem, den Ernennungsprozess zu reformieren. Mit mehr als 800 Mitgliedern ist das House of Lords die grösste Parlamentskammer der Welt nach dem chinesischen Volkskongress. © dpa

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.