Obwohl US-Vizepräsident JD Vance Meinungsfreiheit versprach, verschärft sich das Klima für Kritiker im selbsternannten "Land of the free". Ein Präsident, der das Ende einer Late-Night-Show feiert. Angestellte, die nach Posts im Netz ihren Job los sind. Darf man in den USA noch seine Meinung sagen?
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar stockte vielen der Atem.
Mehr als ein halbes Jahr später stehen die USA als ein zutiefst gespaltenes Land da. Der tödliche Schuss auf den rechtskonservativen Trump-Anhänger Charlie Kirk wirkt gerade in Teilen wie ein Brandbeschleuniger. Es ist eine heftige Debatte entbrannt: Werden in Amerika Stück für Stück die Meinungs- und die Pressefreiheit abgeschafft?
Late-Night-Talker müssen weichen
Sie gehören zu den bekannten TV-Gesichtern in den USA und ihre Late-Night-Talks sind legendär. Millionen schauen zu – es gibt auch viele Fans in Deutschland. Deshalb schlug die Nachricht wie eine Bombe ein: Die Talkshow von
Hintergrund sind Äusserungen des Moderators über das Attentat auf Kirk. Medien berichteten, Kimmel habe in einer Sendung gesagt, dass die "Gang" Make America Great Again (MAGA) – also die Bewegung, die hinter
Der US-Präsident feierte den Schritt auf der Plattform Truth Social als "gute Nachrichten für Amerika". Der demokratische Gouverneur von Illinois, JB Pritzker, kritisierte hingegen: "Hier steht die Meinungsfreiheit auf dem Spiel." Kimmel nimmt wie andere Late-Talker auch in pointierter Weise regelmässig die Politik des US-Präsidenten auseinander.
Trump forderte gleich den nächsten Sender auf, ebenso Talks aus dem Programm zu nehmen. In Deutschland ist das undenkbar, dass ein Bundeskanzler sich derartig äussert und Medien Ansagen zur Personalpolitik macht.
Erst kürzlich war bekanntgeworden, dass der Late-Night-Moderator Stephen Colbert im Mai 2026 aufhören muss. Die Entscheidung des Senders CBS hatte viel Kritik ausgelöst, weil Colbert als Kritiker von Donald Trump gilt und viele Branchenkenner vermuteten, dass der Sender aus Rücksicht auf den US-Präsidenten gehandelt habe.
Journalisten unter Druck
Doch nicht nur das: Trump legt sich auch mit einer der weltweit bekanntesten Zeitungen an – der "New York Times". Der Präsident will auf eine Milliardensumme klagen und schrieb auf Truth Social: Das Blatt sei "eine der schlechtesten und verkommensten Zeitungen in der Geschichte unseres Landes". Sie sei "zu einem regelrechten 'Sprachrohr' der radikalen linken Demokratischen Partei geworden". Jahrzehntelang habe sie sich daran beteiligt, Lügen über Trump, seine Familie, sein Unternehmen, die Bewegung MAGA und die USA als Ganzes zu verbreiten. Die Zeitung reagierte so: "Die 'New York Times! wird sich von Einschüchterungstaktiken nicht abschrecken lassen."
Als "linksradikal" bezeichnete der frühere US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, auch den ZDF-Korrespondenten Elmar Thevessen, der aus Washington berichtet. Grenell forderte, ihm das US-Visum zu entziehen. Thevessen war im Zuge der Berichterstattung über das Kirk-Attentat in die Kritik geraten. Der deutsche Aussenminister Johann Wadephul forderte die US-Regierung danach auf, die Pressefreiheit für ausländische Journalisten zu garantieren.
Job weg nach Kommentaren zu Kirk
In dem aktuellen Klima in den USA um das Kirk-Attentat haben Menschen schon ihre Jobs verloren, weil sie Kommentare auf Social-Media verbreiteten. In Texas zum Beispiel ermittelt die Bildungsbehörde gegen Lehrer und Mitarbeiter. US-Medien berichteten von einem Fall eines gekündigten Mitarbeiters einer Büroartikelkette, der sich geweigert haben soll, Flyer für eine Mahnwache für den erschossenen Kirk zu drucken.
Das US-Aussenministerium hatte unlängst auch Ausländern mit Konsequenzen gedroht, sollten sie im Internet Gewalt rechtfertigen. Vize-Aussenminister Christopher Landau hatte auf der Plattform X - ohne Kirks Namen zu nennen - geschrieben, er habe Konsularvertreter angewiesen, Massnahmen zu ergreifen. Details nannte er nicht. Der Vize-Minister rief in seinem Post dazu auf, ihm Kommentare von Ausländern zu melden, damit das Aussenministerium "das amerikanische Volk schützen kann". Beispiele oder Beweise für mutmassliche Aktionen von Ausländern lieferte er nicht.
Ton gegen politische Gegner
Der Ton im politischen Umfeld wird schon länger als zunehmend rauer empfunden. Der frühere US-Präsident Barack Obama schrieb auf X: "Unsere Demokratie ist kein Selbstläufer."
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Dazu postete er ein Video einer Diskussionsveranstaltung, bei der er sagte: Es gebe auf beiden Seiten zweifellos Menschen, die Extremisten seien und die Dinge sagten, die aus seiner Sicht den Grundwerten Amerikas widersprechen. Demokrat Obama kritisierte zugleich: Wenn man extremistische Ansichten mit dem Gewicht einer Regierung der Vereinigten Staaten versehe, "haben wir ein Problem". (dpa/bearbeitet durch ras)