Robert Lewandowski zieht die erfolgreichen Jahre beim FC Bayern durch den Dreck und verlacht die Bayern-Fans. Das Erbe von Gerd Müller hat er nicht verdient. Ein Kommentar.

Pit Gottschalk
Eine Kolumne
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Live im Fernsehen bettelte Uli Hoeness um Vernunft und Zurückhaltung: Der Lewandowski-Poker sollte "nicht eskalieren“, Robert Lewandowski sei ein tadelloser Sportsmann und ein weiteres Jahr beim FC Bayern nicht auszuschliessen. Der fromme Wunsche des ehemaligen Vereinspräsidenten bei Sport1 hielt keine vier Stunden. Danach eskalierte die Situation erneut.

Lewandowski dramatisiert seine Sprache sofort, er macht das ganz bewusst. Er wolle seinen Abgang beim Rekordmeister beschleunigen, sagte er am Abend: In ihm sei "etwas gestorben“, genau deswegen würde er in diesem Sommer Bayern München verlassen - es gebe keinen Weg zurück. Die Hoeness-Bitte vom Nachmittag: Mit nur einem Satz in die Tonne getreten.

Sockel für geplantes Denkmal schleunigst sprengen

So geht das jetzt seit Wochen. Die Bayern-Bosse pochen regelmässig und abwechselnd auf eine Vertragserfüllung bis 2023, Robert Lewandowski und seine umstrittenen Berater um Pini Zahavi kontern umgehend mit Provokationen, Unterstellungen, Gefühlsausbrüchen, Räuberpistolen. Rücksichtslosigkeit ist die schärfste Waffe im Lewy-Lager: Volle Attacke auf die Abteilung Attacke.

Man wollte ihn mal auf eine Stufe mit Gerd Müller stellen. Den Sockel für das geplante Denkmal sollte man schleunigst sprengen. Robert Lewandowski ist ein Mann für die Statistik und keiner für die Geschichtsbücher. Das Erbe von Gerd Müller, das er mit 41 Bundesliga-Tore in einer Saison antreten wollte, steht ihm nicht mehr zu - er hat das Müller-Erbe endgültig verspielt.

Lewandowski dreht völlig durch

In seinem Wahn, dass nicht mehr gut sein darf, was acht Jahre lang bestens war, Rekorde und und Reputation inklusive, dreht Lewandowski völlig durch. Hauptsache, er kriegt seinen Willen. So wird das letzte Kapitel in seinem Bayernbuch lauten: Er ist derjenige, der am Ende Bayern und seine Fans verlacht hat. Die Begründung für sein Fehlverhalten ist nicht nachvollziehbar.

Drei Gründe stecken in seiner Argumentation:

  • Grund 1: der Bayern-Flirt mit Erling Haaland.
  • Grund 2: Verzögerung bei den Vertragsgesprächen.
  • Grund 3: mangelhafte Wertschätzung.

Nicht ein einziger Punkt hält einer sachlichen Überprüfung auf Berechtigung stand. Immer wieder kommt man auf dieselbe Ursache. Doch der Reihe nach.

Haaland als Grund für Frust?

Zu Punkt 1.
Am 21. August wird Lewandowski 34 Jahre alt. Er kann noch gut trainieren und den Ernährungsplan optimieren - irgendwann macht der Körper nicht mehr mit. Für die Zeit nach dem Leistungsabfall muss sich Bayern München vorbereiten. Kein Spieler ist grösser als der Verein. Erling Haaland wäre eine sehr gute Option gewesen; die muss man ernsthaft prüfen.

Zu Punkt 2.
Um sich Klarheit zu Haaland und anderen Torjägern zu verschaffen, was überhaupt geht, muss man Opportunitäten abwarten, Hintergrundgespräche führen, Überzeugungsarbeit leisten. Es gab ja keinen Grund zu Eile. Lewandowskis Arbeitsvertrag läuft bis Mitte Juni bei vollem Lohnausgleich. Das ist genug Zeit für Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung.

Zu Punkt 3.
Dass Bayern nicht sofort Millionen Mehrgehalt in Aussicht stellte, sollten Spieler verstehen, die in acht Jahren geschätzt 150 bis 200 Mio. Euro aus dem Verein gezogen haben. Mehr Wertschätzung geht nicht. Dass Bayern die Ehrung beim Ballon d’Or nicht begünstigt, wusste Lewandowski schon immer. Dafür sammelte er Rekorde und gewann das Triple.

FC Barcelona macht's wie bei Dembélé und Coutinho

Stattdessen fällt er auf die Machenschaften des FC Barcelona ein, der schon Philippe Coutinho, Ousmane Dembélé und Antoine Griezmann verrückt gemacht und die Köpfe verdreht hat. Glücklich wurde keiner von ihnen in Barcelona. Jetzt also Lewandowski. Die nächste Schlammschlacht. Und das von einem Verein, der fast pleite war.

Der Unterschied zwischen Gerd Müller und Lewandowski

Lewandowski darf sich deshalb nicht wundern, dass ihm seine Erpressungsversuche Richtung FC Bayern als vereinsschädigend ausgelegt werden. Ihm mag es egal sein, dass er dadurch die acht gemeinsamen Jahren in den Dreck zieht und die Bayern-Fans ihn zum Teufel jagen wollen. Das aber ist ja das Traurige: Er verhält nicht wie einer, der Gerd Müllers Erbe nicht verdient hat.

Ja, auch Müller verliess Bayern 1979 im Streit. Aber anders als Lewandowski hat der Bomber der Nation die Trennung nicht angestrengt. Er ging, weil ihn Trainer Pal Cernai nicht wollte. Das ist ein Unterschied. Gerd Müller kehrte aus Fort Lauderdale zurück, überstand seine Lebenskrise und wurde Jugend- und Assistenztrainer. Das ist bei Lewandowski schwerlich vorstellbar.

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Pit Gottschalk, ist Journalist, Buchautor und Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fussball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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Uli Hoeness fordert harte Linie im Fall von Robert Lewandowski

Bayerns Münchens Ehrenpräsident Uli Hoeness hat sich für eine harte Linie im Fall des wechselwilligen Topstürmers Robert Lewandowski ausgesprochen und hofft weiterhin auf eine Vertragsverlängerung des Polen. "Wenn man keine Alternative hat, von der man glaubt, dass sie ihn einigermassen ersetzen kann - das sieht im Moment so aus, dass das schwierig ist -, dann würde ich auf jeden Fall dafür plädieren, wie alle anderen im Verein, dass er noch ein Jahr bleibt", sagte Hoeness bei Sport1.(afp/Bild: imago)