Spaniens Profifussball hat eine Klage bei der Uefa gegen Paris Saint-Germain wegen Verstosses gegen das Financial Fairplay gestellt. Das kommt tatsächlich von der Fussball-Liga, die alle moralischen sowie wirtschaftlichen Grenzen sprengt. Sind die Spanier denn komplett realitätsfern?
Wikipedia liefert eine anschauliche Erklärung dafür, was die deutsche Redewendung "Das kommt mir Spanisch vor" bedeutet. Die Deutung schwankt zwischen "unverständlich" und "seltsam", was im Fall von Real Madrid und FC Barcelona Wohlwollen zum Ausdruck bringt. Vermutlich wissen beide Klubs nicht, was die Deutschen von ihnen wollen. In ihrer Sprache heisst die Phrase: "esto me suena a chino" - das kommt mir Chinesisch vor. Darin liegt wohl der aktuelle Ärger über die spanische Liga begründet: Die Selbstwahrnehmung in Spanien vernebelt die Realität.
Die Nachricht, die Spaniens Profifussball unter der Woche verbreitete, klang schon in ihrer Nüchternheit wie eine Kampfansage. "Die spanische Fussball-Liga hat beim europäischen Verband Uefa eine Beschwerde gegen den französischen Meister Paris Saint-Germain wegen Verstosses gegen das Financial Fairplay eingereicht", zitiert zum Beispiel die ARD-"Tagesschau" die Pressemitteilung aus Spanien. "Eine ähnliche Beschwerde habe man im April bereits gegen Manchester City vorgelegt, teilte die LaLiga am Mittwoch mit."
Die spanische Profiliga La Liga und im selben Satz Klagen gegen Fairplay-Verstösse? Das wirkt schon beim Lesen skurril und schizophren. Den zwei spanischen Topvereinen Real Madrid und FC Barcelona werden Schulden zwischen 1,3 Milliarden und 900 Millionen Euro nachgesagt. Beide Klubs kämpfen verzweifelt um die Einführung der Super League, um neue Geldquellen zu erschliessen und Verbindlichkeiten nachzukommen. Über Jahre haben sie über ihren Verhältnissen gelebt und kauften munter Spieler, die sie sich nicht leisten konnten. Und sie hören nicht auf.
Für Lewandowski alle Grenzen gesprengt
Für Bayern-Torjäger
Forderung nach Uefa-Sanktionen
Man kann das so machen, richtig. Aber gleichzeitig den Gehälterwahnsinn in Frankreich und England geisseln? Für La Liga ist das kein Widerspruch. Bei Manchester City und PSG sieht der spanische Liga-Verband "das Ökosystem und die Nachhaltigkeit des Fussballs" gefährdet und fordert von der Uefa Sanktionen gegen die unkontrollierten Geldströme aus Abu Dhabi und Katar. Die Vorwürfe sind nicht neu. Die Uefa hatte Manchester City schon 2020 wegen der Alimentierung aus dem Mittleren Osten zu zwei Jahren Europacup-Sperre verdonnert. Der Sportgerichtshof CAS hob die Sperre auf, reduzierte die Geldstrafe von 30 auf 10 Millionen Euro und ebnete damit den Weg ins Champions-League-Finale 2021.
Der Fall schreckte PSG-Mäzen Nasser Al-Khelaifi keinesfalls ab. Er überredete seinen Weltmeister und Toptorjäger Kylian Mbappé im Frühjahr angeblich mit 300 Millionen Euro Handgeld zum Bleiben. La Liga hat schon recht: So geht das seit Jahren bar jeder Vernunft - gegen dieses Geschäftsgebaren haben sogar die Grössenwahnsinnigen aus Barcelona und Madrid keine Chance mehr.
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Spanische Vereine sind hochverschuldet
In den fünf Jahren seit 2017 hat Manchester City ein Transferminus von 523,5 Millionen Euro hingelegt, Paris Saint-Germain immerhin von 452,8 Millionen Euro. Dazu kommen Jahresgehälter, Handgelder, Beraterverträge, Leistungsprämien. Weder TV-Erlöse noch Stadioneinnahmen kompensieren die staatlich subventionierte Geldverbrennung. Dass man nur ausgeben darf, was man eingenommen hat, bleibt ein frommer Wunsch bei der Uefa. Bisher blieb die Konsequenz aus. Man zeigt den Übeltätern ständig die Gelbe Karte und schickt trotzdem keinen vom Feld.
Von jedem europäischen Topklub dürften Klagen kommen. Nur eben nicht aus Spanien. Der hochverschuldete FC Barcelona verbrannte in fünf Jahren eine Viertelmilliarde, weil er sich bei Transfers wie Dembélé, Coutinho und Griezmann komplett verhob. Der letzte Gewinn des Henkeltopfs liegt jetzt auch schon sieben Jahre zurück. Real Madrid, so viel sei zugestanden, hat seitdem viermal die Königsklasse gewonnen. Vielleicht liegt darin der eigentliche Trost für La Liga: City und PSG warten trotz Milliardenhilfe noch immer auf den ersten Champions-League-Triumph.