- Boris Becker spricht im grossen TV-Interview erstmals über seine Zeit im Gefängnis.
- Im Gespräche mit Moderator Steven Gätjen berichtet der ehemalige Tennis-Star, wie sehr ihn die Zeit hinter Gittern verändert hat.
- Insgesamt musste Becker 231 Tagen absitzen.
Tennislegende
Der wegen Mordes seit 16 Jahren einsitzende Mitgefangene habe ihm an die Wäsche gewollt und auch "verbal alles erklärt, was er mit mir machen wird". Der Mitgefangene habe aber unterschätzt, dass Becker durch seine Position im Gefängnis die Solidarität der anderen Gefangenen gehabt habe, sagte der ehemalige Tennisprofi. Zehn andere Häftlinge hätten dem Mitgefangenen gesagt, dass er jetzt gehen müsse, oder sonst Schläge bekomme.
Unter Tränen schilderte Becker, wie es am anderen Tag zu einer Versöhnung gekommen sei. Der Mann habe sich vor ihm auf den Boden geworfen und seine Hand geküsst. Er habe den Mann dann hochgenommen, ihn umarmt und ihm gesagt, dass er grossen Respekt vor ihm habe. Wie Becker sagte, hatte er sich im Huntercombe-Gefängnis nahe London mit mehreren Mitgefangenen angefreundet.
Becker: Natürlich war ich schuldig
Becker hat sich nach seiner Haftentlassung öffentlich zu seiner Schuld bekannt. "Natürlich war ich schuldig", sagte er. Er habe in 4 Punkten - von 29, die ihm ursprünglich vorgeworfen worden waren - vor Gericht in London verloren. "Und gerade beim vierten Punkt - als ich Gelder von meinem Firmenkonto genommen habe - hat mich die Jury in London schuldig gesehen." Hinzu seien drei weitere Punkte gekommen - etwa, dass er sein Haus in Leimen, in dem seine Mutter lebt, geheimgehalten habe.
"Vielleicht habe ich nicht genügend Reue gezeigt im Zeugenstand", sagte Becker. Seine Anwälte hätten alles versucht, sein "Leben zu retten". Er sei beraten worden, was er auszusagen habe und was nicht, erzählte der 55-Jährige. "Es hätte besser laufen können - aber es hätte auch viel schlechter laufen können."
"Du bist nur noch eine Nummer"
Die Zeit im Gefängnis hat Becker nach eigener Überzeugung verändert. "Ich glaube, ich habe den Menschen in mir wiederentdeckt, der ich einmal war", sagte er. "Ich habe eine harte Lektion gelernt. Eine sehr teure. Eine sehr schmerzhafte. Aber das Ganze hat mich etwas Wichtiges und Gutes gelehrt. Und manche Dinge passieren aus gutem Grund."
Über seine Zeit in der Haft sagte der Sportler: "Im Gefängnis bist Du niemand. Du bist nur eine Nummer. Meine war A2923EV. Ich wurde nicht Boris genannt. Ich war eine Nummer. Und es interessiert sie einen Scheissdreck, wer Du bist."
Becker, der aus dem baden-württembergischen Leimen stammt, war Ende April von einem Gericht in London zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er Teile seines Vermögens in seinem Insolvenzverfahren nicht ordnungsgemäss angegeben hatte. Er war am Donnerstag - nach 231 Tagen hinter Gittern - freigekommen.
Becker hat deutlich Gewicht verloren
Becker hat in dem Fernsehinterview auch von Hungergefühlen während seines Gefängnisaufenthalts berichtet. "Ich hab natürlich sehr viel Gewicht verloren", sagte der 55-Jähirge zu Moderator
Becker fügte hinzu: "Ich hab zum ersten Mal in meinem Leben Hunger gefühlt, also bin hungrig ins Bett gegangen. Ich dachte, dass ich mit 54 Jahren schon alles erlebt habe, aber das war neu." Im Gefängnis habe er keinen Alkohol getrunken, nicht geraucht und wochen- oder vielleicht auch monatelang sehr wenig gegessen. "Also meiner Gesundheit tat der Gefängnisaufenthalt sicherlich gut." Mittlerweile seien aber wieder ein paar Kilo dazu gekommen.
Zu einem Fotovergleich mit Aufnahmen von vor und nach der Haft sagte Becker: "Es ist der gleiche Mensch, aber es sind zwei verschiedene Leben." (mss/dpa)
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