- Im Inneren der Erde sind gewaltige Massen in steter Bewegung.
- Das aber wohl nicht immer mit der gleichen Geschwindigkeit, wie Forschende nun herausgefunden haben.
- Der Geschwindigkeitswechsel bleibt demnach nicht folgenlos: Dreht sich der innere Erdkern bald langsamer?
Die schwankende Rotationsgeschwindigkeit des inneren Erdkerns könnte mit Unterschieden bei der Tageslänge der Weltzeit und beim Magnetfeld der Erde in Verbindung stehen. Chinesische Forschende haben bei der Auswertung der Laufzeiten von Erdbebenwellen einen Schwankungszyklus von etwa sieben Jahrzehnten entdeckt.
Während der Erdkern zwischen 1980 und 2000 minimal schneller rotierte als der Erdmantel, ist dieser Unterschied seitdem kleiner geworden und könnte zu einer minimal langsameren Rotation führen. Die Studie von Yi Yang und Xiaodong Song von der Peking University in Peking (China) ist im Fachmagazin "Nature Geoscience" erschienen.
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen unterscheiden zwischen einem festen inneren Kern und einem flüssigen äusseren Kern. Die Flüssigkeitsbewegungen im äusseren Erdkern erzeugen das Magnetfeld der Erde, das einen Grossteil der gefährlichen kosmischen Strahlung vom Erreichen des Erdbodens abhält. Im Erdinneren treibt das Magnetfeld die Rotation des inneren Erdkerns an. Die Schwerkraft des Erdmantels allerdings bremst die Eigenrotation des inneren Kerns. "Ein kleines Ungleichgewicht zwischen dem elektromagnetischen und dem Gravitations-Drehmoment reicht aus, um die hier beobachtete Rotation des inneren Kerns zu ändern", schreiben die Forschenden.
Yang und Song werteten sogenannte seismische Dubletten aus: Das sind Aufzeichnungspaare von Erdbeben ähnlicher Stärke an fast demselben Ort in verschiedenen Jahren. Die Dubletten aus den Jahren 1995 bis 2020 stammten von acht verschiedenen seismologischen Stationen, die Erdbeben registrierten, deren Wellen zumindest ein Stück weit durch den Erdkern liefen. Ausserdem konnten sie teils analoge Aufzeichnungen der College Station in Alaska (USA) auswerten, die von 1964 bis 2021 Erdbeben auf den Südlichen Sandwichinseln im Südatlantik registrierten.
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Die Studienautoren und -autorinnen verglichen die Wellenformen der in verschiedenen Jahren aufgezeichneten ähnlichen Erdbeben miteinander. Sie stellten fest, dass bei den Dubletten aus den Jahren 1995 bis 2008 die Wellen erheblich voneinander abwichen, während es zwischen den Wellen der Dubletten von 2009 bis 2020 eine grosse Übereinstimmung gibt. Daraus folgern die Forschenden, dass sich die Rotation des Erdkerns gegenüber der übrigen Erde in den letzten Jahren kaum verändert hat. Auch die Laufzeitunterschiede zwischen Wellen desselben Erdbebens, die nur durch den äusseren Kern laufen und Wellen, die sich auch durch den inneren Kern bewegen, weisen in diese Richtung.
Wendepunkt zwischen 2009 und 2011
Die Daten der College Station in Alaska deuten darauf hin, dass es Anfang der 1970er-Jahre eine Zeit mit ähnlichen Messwerten wie heute gab. Mitte der 1960er-Jahre war die Rotationsgeschwindigkeit des Erdkerns womöglich etwas geringer als die des Erdmantels. Ab Mitte der 1970er-Jahre nahm sie dann zu. Yang und Song sehen deshalb den Zeitraum zwischen 1971 bis 1973 als einen Wendepunkt und den Zeitraum zwischen 2009 bis 2011 als einen weiteren Wendepunkt an. Ergänzt man die fehlenden Messwerte vor 1964 entsprechend dem zu erkennenden Trend, dann kommt man auf einen Zyklus von etwas mehr als sieben Jahrzehnten.
"Diese multidekadische Periodizität fällt mit Änderungen mehrerer anderer geophysikalischer Beobachtungen zusammen, insbesondere der Tageslänge und des Magnetfelds", schreiben die Studienautoren und -autorinnen. Sie glichen den gefundenen Zyklus mit den Werten für die Tageslänge der Weltzeit ab. Die Weltzeit ergibt sich aus der Erdrotation und sie kann in der Grössenordnung von einer Tausendstel Sekunde von der gleichförmigen Zeit abweichen, die mit Atomuhren gemessen wird. Die Schwankungen der Tageslänge stimmen recht gut mit den Schwankungen bei der Rotation des inneren Erdkerns überein. Auch für die Veränderungen beim Erdmagnetfeld fanden die Forschenden vergleichbare Trends. (dpa/cze)

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