Wie ein Schuss aus dem Hinterhalt: Im Vorstellungsgespräch treffen manche Fragen den Bewerber ganz unvorbereitet und bringen ihn leicht zu Fall. Doch das muss nicht sein: Mit der richtigen Vorbereitung und der nötigen Gelassenheit können Jobsuchende auch bei der Beantwortung fieser Fragen punkten.

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"In wie vielen Sekunden ist Neujahr? Das könnte die Stressfrage eines Unternehmensvertreters sein", erklärt Stefan Menden, Gründer der Karriere-Community "squeaker.net" und Herausgeber von Karriere-Ratgebern. Denn wer denkt schon an Neujahr, wenn er sich im Sommer um einen Arbeitsplatz bewirbt?

Trotzdem lässt sich diese Frage beantworten, wenn der Bewerber einen kühlen Kopf behält, um eine kurze Bedenkzeit bittet und einige Berechnungen anstellt. Schliesslich ist ihm das Datum, an dem ihm die Frage gestellt wurde, ebenso bekannt wie das Datum von Neujahr. Mit der Anzahl der Tage lassen sich dann auch die Anzahl der Stunden, Minuten und Sekunden berechnen. "Solche sogenannten Brainteaser werden immer beliebter. Neben Unternehmensberatungen und Investmentbanken stellen inzwischen auch vermehrt Firmen aus der Internet- und Kreativbranche diese Stressfragen fürs Gehirn."

Bewerbungsgespräch: souverän bleiben

Mit fiesen Fragen versuchen Personaler, den Bewerber aus der Reserve zu locken. "Sie wollen ihm auf den Zahn fühlen und sehen, wie er in einer Stresssituation reagiert", erklärt Menden. Schliesslich lässt sich so schnell herausfinden, ob jemand unter Druck patzig reagiert oder souverän und gelassen.

Viele der fiesesten Fragen sind individuell auf den Jobsuchenden zugeschnitten. Wenn ein Bewerber in seinem Lebenslauf geschrieben hat, dass er Golf spielt, könnte ihn der Personaler fragen: „Welche Preise haben Sie denn schon gewonnen?“ Einem anderen Bewerber, der erwähnt, in seinem letzten Job eine Budgetverantwortung von 20 Millionen Euro gehabt zu haben, wird entgegnet: "Das ist doch gar nichts." Mit solchen Kommentaren versuchen Personaler zu prüfen, wie der Kandidat reagiert. Unterstellungen wie "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie gut zu unserem Unternehmen passen" haben die gleiche Funktion.

"Wichtig ist, dass Sie bei all diesen Stressfragen ruhig bleiben, nicht hilflos wirken oder gar dem Personaler ins Wort fallen. Unterlassen Sie bitte alle Aussagen, die angreifbar sind", empfiehlt Menden. Problematisch ist es, wenn der Bewerber auf die Unterstellung, er passe nicht ins Unternehmen, mit dem allgemeinen Satz antwortet: "Ich bin ein toller Teamplayer." Sinnvoller ist es, die Aussage der Anpassungs- und Teamfähigkeit mit konkreten Beispielen zu belegen.

Bewerber: eigene Schwachstellen im Blick

In jeden Fall sollten Jobsuchende fiese Fragen einkalkulieren und sich darauf vorbereiten. So ist es wahrscheinlich, dass sich Stressfragen gerade auf die vermeintlichen Schwachstellen des Kandidaten beziehen, ob nun auf eine lange Studiendauer, eine schlechte Mathe-Note oder ein wenig schmeichelhaftes Praktikumszeugnis. "Schauen Sie sich vor dem Jobinterview Ihren Lebenslauf und Ihre Zeugnisse an und suchen Sie nach Fakten, die eine Angriffsfläche bieten könnten. Wenn Sie sich dann noch eine Erklärung dafür überlegen, sind Sie gut gerüstet", erklärt Menden.

Manche Personaler stellen auch Fragen, die sie gar nicht stellen dürfen, zum Beispiel nach der politischen oder religiösen Ausrichtung des Kandidaten. Die darf eigentlich nur bei Kirchen, Parteien oder parteinahen Institutionen eine Rolle spielen. Menden rät in diesem Fall zu einem diplomatischen Vorgehen: "Sagen Sie zum Beispiel: Ich würde mich gerne mit Ihnen darüber unterhalten, aber lieber bei einem Feierabendbier als im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs."

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