Laut einer Recherche von Correctiv und Finanztip haben etliche angeblich grüne Fonds plötzlich Begriffe wie "Klima", "ESG" oder "nachhaltig" aus ihren Namen gestrichen. Grund sind strengere Leitlinien, die Greenwashing verhindern sollen. Auch dein Fonds könnte betroffen sein.
Wenn du bei der Geldanlage Wert auf Nachhaltigkeit legst, lauert beim nächsten Blick in dein Depot womöglich eine Überraschung auf dich: Dein ETF bzw. Fonds könnte plötzlich anders heissen. Denn laut einer gemeinsamen Recherche von Correctiv und Finanztip haben Fondsanbieter kürzlich die Namen ihrer Produkte geändert und Begriffe wie "nachhaltig", "ESG" oder "Klima" aus den Bezeichnungen gestrichen. "Weil die Geldanlagen oft nicht hielten, was die Titel versprachen", ordnet Correctiv ein.
Grund dafür seien neue Nachhaltigkeitsleitlinien der Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), die bis zum 21. Mai umgesetzt werden müssen.
Welche Fonds sind betroffen?
Insgesamt liegen Correctiv und Finanztip 281 Fonds von Allianz, Black Rock, Deka und Union Investment vor, die ihre Namen mutmasslich deshalb ändern mussten, weil sie ihre vorherigen Nachhaltigkeitsversprechen gemäss der neuen Leitlinien nicht einhalten können. Mindestens 150 Milliarden Euro steckten in solchen Fonds, berichtet Correctiv und nennt folgende Beispiele:
- "Allianz Green Future" wurde zu "Allianz Multi Asset Future"
- "Deka Nachhaltigkeit Multi Asset CF" wurde zu "Deka Perspektive Multi Asset CF"
- "Black Rock Systematic ESG" wurde zu "Black Rock Systematic World Equity"
Die vier genannten Fondsanbieter sind nicht die einzigen, deren Fonds betroffen sind. Es handelt sich aber um die einzigen, zu denen Correctiv und Finanztip zum Redaktionsschluss Daten vorlagen. Das Recherche-Team hatte auch Hansainvest, DWS, Universal Investment, Amundi, Flossbach von Storch und Franklin Templeton angefragt, jedoch jeweils nicht rechtzeitig Antwort erhalten.
Das Ausmass der Änderungen ist wahrscheinlich noch grösser als die Recherche zeigt. Bereits im März sagte Hortense Bioy, Head of Sustainable Investing Research bei Morningstar Sustainalytics: "Insgesamt schätzen wir, dass bei 30 bis 50 Prozent der ESG-Fonds – das sind etwa 1.200 bis 2.200 Fonds – die Namen geändert werden könnten." Dies berichtete unter anderem Ecoreporter.
Neue ESMA-Regeln erschweren Greenwashing
Für Begriffe wie "Nachhaltigkeit" und "ESG" herrschte am Finanzmarkt bisher sehr wenig Regulierung. Fondsanbieter konnten grösstenteils selbst entscheiden, wie sie die Begriffe definieren und welche Kriterien sie anwenden. Die neuen ESMA-Leitlinien, haben nun aber die Bedingungen verschärft, die ein Fonds erfüllen muss, um sich mit grünen Bezeichnungen zu schmücken.
Für einen "nachhaltigen" Fonds gilt nun unter anderem: Der Fonds muss mindestens 80 Prozent seines Geldes in wirklich nachhaltige Anlagen stecken. Investitionen in Firmen, die viel mit Öl, Gas oder Kohle verdienen, sind jetzt nur noch sehr begrenzt möglich.
Das mag selbstverständlich klingen, war es bisher aber nicht, wie eine Recherche von Urgewald und Facing Finance im März zeigte. Die beiden Fair-Finance-Organisationen hatten 14.000 europäische ESG-Fonds untersucht (ESG steht für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, das Kürzel soll nachhaltige Fonds kennzeichnen). Mehr als ein Drittel davon investierte insgesamt "in Unternehmen, die fossile Expansionsprojekte vorantreiben oder aber keinen glaubhaften und Paris-konformen Ausstiegsplan aus Kohle vorgelegt haben", schreibt Urgewald.
Insgesamt seien laut der Recherche von Urgewald und Facing Finance 123 Milliarden Dollar über die untersuchten ESG-Fonds in solche fossilen Projekte investiert worden, davon allein 23,5 Milliarden in die Öl- und Gaskonzerne TotalEnergies, Shell, ExxonMobil, Chevron, Eni und BP.
Was bedeuten die neuen Regeln für Anleger:innen?
Die neuen ESMA-Regeln sind ein wichtiger Schritt in der Bekämpfung von Greenwashing auf dem Finanzmarkt. Die Hürden, einen Fonds als "nachhaltig" zu verkaufen, sind dadurch deutlich gestiegen. Nichtsdestotrotz sollten nachhaltigkeitsbewusste Anleger:innen die Nachhaltigkeitskriterien von Fonds mit den eigenen Ansprüchen abgleichen.
Tools wie die Datenbank Faire Fonds von Facing Finance und Urgewald helfen dabei, kontroverse Unternehmen in Aktienfonds zu identifizieren. Auch auf Utopia.de findest du zahlreiche Ratgeber zum Thema nachhaltige Geldanlage, mit denen du Greenwashing aus dem Weg gehen kannst.
Und was, wenn man bereits in einen solchen Fonds investiert hat?
"Entsprechen die Kriterien des Fonds nicht den eigenen Erwartungen an Nachhaltigkeit, bleibt Anlegern nur die Möglichkeit, die Anteile zu verkaufen. Haben Sie damit Gewinne erzielt, müssen Anleger darauf in der Regel Steuern zahlen", sagt Finanztip-Redakteur Timo Halbe.

Alternativ könne man auch den Sparplan stoppen und die bereits investierten Anteile behalten. Dann investiert man zumindest kein neues Geld in den Fonds und kann stattdessen einen neuen nachhaltigeren Sparplan aufsetzen.
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Verwendete Quelle: Correctiv, Urgewald, Ecoreporter © UTOPIA