Im Schwimmbad und am Strand gehört es für viele Menschen dazu, barfuss zu laufen. Und generell sollten wir öfter unsere Schuhe im Schrank lassen – denn das ist äusserst gesund.
In Sneaker, Sandalen, Schnürschuhe oder Stiefel schlüpfen: Das ist eine feste Routine, bevor wir das Haus verlassen. Dabei lohnt es sich – gerade jetzt im Sommer – das Schuhwerk einfach mal wegzulassen.
Barfuss zu laufen hat viele gesundheitliche Vorteile – nicht nur für deine Füsse, sondern für deinen ganzen Körper. Wie das Laufen ohne Socken und Schuhe dein Wohlbefinden unterstützt, erfährst du hier. Wir geben dir zudem Tipps, die dir dabei helfen, richtig barfuss zu laufen und wer lieber doch mit Schuhen unterwegs sein sollte.
Barfuss laufen: Da freuen sich nicht nur die Füsse
In einen Schuh gesperrt zu sein, das ist für einen Fuss auf Dauer etwas eintönig. "Das Barfusslaufen ermöglicht den Fusssohlen, andere Reize zu verspüren", sagt der Orthopäde und Fusschirurg Thomas Schneider von der Gelenkklinik Gundelfingen. Gras, Sand, Kieselsteine, Matsch: Unterschiedliche Böden stimulieren die Nervenenden, die sich in den Fusssohlen befinden.
Diese Reize leiten die Nervenenden in den Fusssohlen ans Gehirn weiter und all das trägt zu einer besseren Körperwahrnehmung bei – und oft auch zu einer aufrechteren Körperhaltung. "Das führt dazu, dass sich bei Barfusslaufenden mögliche Haltungsfehler verbessern", so Schneider. Zudem sorgt das Barfusslaufen mittel- bis langfristig für eine bessere Gelenkstabilität und für eine bessere Körperbalance.
Wenn du beginnst, öfter barfuss zu laufen, tust du damit also nicht nur deinen Füssen etwas Gutes. Das Barfusslaufen kann auch Fehlstellungen korrigieren, die massgeblich für Rückenbeschwerden verantwortlich sind. Verzichte daher zu Hause einfach mal auf Socken und Schuhe. Auch Fussdeformationenwie Knick-, Spreiz- oder Senkfüsse können die Folge von falschem Schuhwerk sein. Beim Barfusslaufen stimulieren wir ausserdem die Fussreflexzonen, die in Verbindung mit verschiedenen Organen stehen und diese beeinflussen sollen. Wissenschaftliche Belege für die Existenz dieser Zonen gibt es jedoch bisher keine.
"Das Barfusslaufen trägt auch dazu bei, die Fussmuskulatur zu trainieren", sagt die Reutlinger Podologin Tatjana Pfersich. Eine trainierte Fussmuskulatur verringert etwa das Risiko für einen Fersensporn, eine schmerzhafte Verknöcherung an der Ferse.
Barfusslaufen ist die natürlichste Fortbewegungsart und du solltest es ausprobieren, denn es:
- trainiert die oftmals verkümmerten Fussmuskeln,
- bringt dich in Kontakt mit der Natur,
- hilft durch die angeregte Blutzirkulation bei kalten Füssen,
- kann den Rücken entlasten.
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Übrigens: Man bekommt keine Blasenentzündung durchs Barfusslaufen, da diese durch Viren oder Bakterien ausgelöst wird. Lediglich kann Kälte ein ohnehin schon beanspruchtes Immunsystem, das gerade einen schwellenden bakteriellen oder viralen Infekt abwehrt, zusätzlich schwächen.
Tipps zum Barfusslaufen
"Für gesunde Füsse ist Barfusslaufen kein Problem", sagt Tatjana Pfersich. Anders sieht es mitunter aus, wenn die Füsse deformiert sind oder Fehlstellungen aufweisen wie einen Senk-, einen Spreiz- oder einen Knickfuss.
Zwar hat das Barfusslaufen auch in diesen Fällen positive Effekte, "aber Betroffene sollten sich ärztlich beraten lassen, bevor sie mit dem Barfusslaufen beginnen", rät Thomas Schneider.
Wichtig ist dem Orthopäden zufolge, mit dem Barfusslaufen langsam zu starten, da die Fussmuskulatur Zeit braucht, um sich an diese neue Belastung anzupassen. Zunächst sollte man für circa fünf Minuten auf weichen Böden ohne Schuhe und Strümpfe laufen. Klappt das gut, kann man später auch länger und auf verschiedenen Böden barfuss laufen.
Beachte zudem die folgenden Tipps:
- Zu viel Barfusslaufen kann anfangs zu einem Brennen auf den Fusssohlen führen, weil sich die Hornhaut noch nicht wieder richtig gebildet hat. Auch wirst du einen leichten Muskelkater spüren, da du neue Muskeln beanspruchst. Höre auf deinen Körper und überlaste ihn nicht.
- Am besten beginnst du mit dem Barfusslaufen am Morgen auf einer taufeuchten Wiese. Ideal ist kurz nach Sonnenaufgang. Sie ist weich genug auch für neue Barfussläufer:innen.
- Versuche, entspannt zu gehen und jeden Schritt zu geniessen. Die Angst, auf spitze Steine zu treten, vergeht schnell: Nach ein paar Malen merkst du sie nicht mehr.
- Frisch gemähte Stoppelfelder sind dagegen kein guter Untergrund zum Laufen. Das kann tatsächlich sehr schmerzhaft sein.
- Willst du barfuss rennen oder barfuss wandern, dann fange aufgrund der höheren Belastung erstmal langsam an. Du wirst dabei eine bessere Lauftechnik erlernen.
Es gibt Menschen, die das ganze Jahr über barfuss laufen. Als Faustregel für Anfänger:innen gilt: Barfusslaufen nur in den Monaten ohne "r" – also von Mai bis August. In dieser Zeit hat der Boden eine angenehme Temperatur und du musst nicht auf Eis oder Schnee achtgeben.
Hat das Barfusslaufen im Haus die gleichen Effekte wie in der Natur?
Das Barfusslaufen hat im Haus nicht den gleichen Effekt wie in der Natur. Egal, ob die Wohnung oder das Haus Fliesen, Parkett- oder einen Teppichboden hat: "Von diesen Böden gehen zu wenige Reize für die Fusssohlen aus", sagt Thomas Schneider. Besser ist es, in der Natur mit ihren unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten barfuss zu laufen.
"Aber es wirkt auch positiv, in der Wohnung barfuss zu laufen", so Schneider. Übrigens: Auf Strümpfen oder Socken durch die Wohnung zu gehen, hat oft den gleichen Effekt wie das barfuss zu tun.
Birgt es nicht auch Risiken, draussen barfuss zu laufen?
"Eine Verletzungsgefahr ist durchaus gegeben", sagt Tatjana Pfersich. Da die Füsse ungeschützt sind, können spitze Gegenstände wie etwa Glasscherben leicht in die Fusssohlen eindringen und Schnittwunden verursachen. Und auf Wiesen sind Wespen und Bienen unterwegs, die zustechen, wenn man versehentlich auf sie tritt. Daher gilt beim Barfusslaufen: Gut aufpassen, wohin man tritt.
Barfusslaufen ist für manche Menschen weniger geeignet
Grundsätzlich sagen Expert:innen, dass Barfusslaufen für jeden etwas ist. "Das gilt auch für Senior:innen sowie für Kinder", erklärt Thomas Schneider.
Vorsicht ist allerdings angesagt bei Nervenschäden, die ein eingeschränktes oder gar kein Empfinden mehr an den Füssen mit sich bringen. Solche Neuropathien können auch im Zusammenhang mit Diabetes auftreten.
Sie bergen ein erhöhtes Verletzungsrisiko, weil Betroffene nicht spüren, wenn es für ihre Fusssohlen gefährlich werden könnte. Im Zweifelfall solltest du ärztlichen Rat einholen.
Mehr Hornhaut durch das Barfusslaufen?
Durch das Barfusslaufen kann mehr Hornhaut an den Füssen entstehen. "Die Haut bewegt sich beim Gehen, und wenn man barfuss geht, ist die Reibung und der Druck direkt auf der Haut", so Tatjana Pfersich.
Die Bildung der Hornhaut ist dabei ein Schutzmechanismus des Körpers. "Wird sie zu dick, muss sie abgetragen werden, damit gerade bei Diabetiker keine offenen Wunden oder Schrunden entstehen können", sagt Pfersich. Aber Vorsicht: Trägt man zu viel Hornhaut ab, bildet sie sich wieder übermässig schnell.

Kompromiss: Barfussschuhe statt Barfusslaufen
Willst du nicht ganz barfuss laufen, um deine Füsse vor Verletzungen zu schützen, dann sind Barfussschuhe das Richtige für dich. Diese haben einige Vorteile, die herkömmliche Schuhe nicht haben und geben dir dank der dünnen und flexiblen Sohlen ein natürliches Laufgefühl.
Mehr Informationen dazu findest du in unseren Ratgebern:
- Barfussschuhe: 5 empfehlenswerte Marken
- Barfussschuhe für den Sommer
- Die besten Barfussschuhe für den Winter
- es gibt auch Barfussschuhe für Kinder
Richtig gehen: So vermeidest du die Risiken der falschen Gangart
Wie bringe ich "mehr barfuss" in meinen Alltag?
Drei Tipps, wie du das Barfusslaufen leichter in deinen Alltag aufnehmen kannst:
- "Bewusst Zeit fürs Barfusslaufen einplanen", rät Thomas Schneider. Mitunter reicht es schon, im eigenen Garten mit seinen oft unterschiedlichen Böden ohne Schuhe und Strümpfe zu gehen.
- Eine Alternative können laut Schneider Barfusspfade und Barfussparks sein, die es in manchen Gegenden gibt. In der Gemeinde Bad Sobernheim zum Beispiel – und hier findest du eine ausführlichere Liste von Barfusspfaden in Deutschland.
- "Auch die Barfussschuhe können hilfreich sein", findet Thomas Schneider. Die Füsse verarbeiten über die Nervenenden in den Sohlen die verschiedenen Reize unterschiedlicher Böden, sind aber – anders als beim Barfusslaufen – gleichzeitig geschützt.
English version available: Walking Barefoot: Reasons to Lose Your Shoes More Often
Mit Material der dpa.
Überarbeitet von Paula Boslau
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