Schwitzige Hände, Herzklopfen und Atemnot in der Flugkabine – das kommt Ihnen bekannt vor? Da sind Sie nicht allein. Rund 25 Prozent der Menschen in Deutschland fühlen sich unbehaglich, wenn sie im Flieger sitzen. Ein Facharzt erklärt, was gegen die Angst hilft.

Mehr zum Thema Reise

Es rauscht und piept, im Magen spürt man dieses Ziehen, als ob einen jemand daran wieder auf die Erde zurückholen wollte: Für manche Menschen ist jede Flugreise eine Herausforderung. Bei einer Statista-Umfrage von 2022 gaben zehn Prozent der Befragten an, nur bei Turbulenzen Angst zu haben, sechs Prozent sagten, das sei bei Start oder Landung der Fall. Sieben Prozent gaben an, während des gesamten Fluges Angst zu haben.

Auch wenn diese Information für Menschen mit Flugangst nur bedingt hilfreich ist: Fliegen ist im Laufe der Jahre immer sicherer geworden. Im Jahr 2022 sind bei insgesamt 27,7 Millionen Flügen nur 43 Unfälle passiert. 2008 waren es noch 120 gewesen.

Die Angst an sich ist (über)lebenswichtig

An sich sei eine Angst zunächst einmal eine gesunde Reaktion, sagt Udo Wortelboer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Die Sorge, dass wir in unserer Existenz bedroht sind, kann unser Überleben sichern.

Lesen Sie auch

Es gibt unterschiedliche Wege, wie sich eine Angst äussern kann. Bei einigen Menschen funktioniert es über die kognitive Seite - sie fürchten sich vor einen Absturz, haben Angst vor dem Kontrollverlust. Bei anderen äussert sich die Angst zunächst über körperliche Symptome, wie Zittern, Schwitzen oder ein beklemmendes Gefühl - dann erst kämen die "katastrophierenden Gedanken", sagt Wortelboer.

Für viele sei es bereits hilfreich zu hinterfragen, wo die Angst beginne. Eine Flugphobie im eigentlichen Sinne liege vor, wenn die Angst nicht nur in der konkreten Situation auftritt, sondern bereits im Vorfeld vorhanden ist. Geht es vielleicht schon los, wenn Sie das Flugticket ausdrucken? Auf dem Weg zum Flughafen? Oder erst, wenn es zu Turbulenzen kommt? "Da sollte man schauen, wann und wie geht die Spannung hoch. Darauf kann man dann aufbauen", so Wortelboer. "Wenn ich von Beginn an eine Angstkette aufmache, wird es schwieriger für mich, mit der Angst klarzukommen."

Warum haben manche Menschen Flugangst – und andere nicht?

Für die meisten von uns ist Fliegen keine alltägliche Situation. Die Bedingungen in einer Flugkabine sind ungewohnt: Es gibt andere räumliche Verhältnisse oder Druckveränderungen, die Auswirkungen auf unseren Körper haben und auf die wir keinen Einfluss haben. Für viele ist der Kontrollverlust angstauslösend, sobald sie in den Flieger steigen.

"Häufig bestehen mehrere Ängste nebeneinander."

Udo Wortelboer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

Um eine Flugangst zu entwickeln, muss nicht zwingend eine negative Erfahrung bei früheren Flügen vorliegen. Eine Rolle spielen kann eine ängstliche Grundhaltung. "Häufig bestehen mehrere Ängste nebeneinander", sagt Wortelboer. Manche Menschen hätten ein höheres Sicherheitsbedürfnis als andere und würden bereits mit einer höheren Anspannung in ein Flugzeug steigen.

Und was hilft jetzt gegen Flugangst?

Um gegen die Flugangst vorzugehen, gibt es unterschiedliche Ansätze. Beispielsweise Aufklärung und Weiterbildung: "Wenn man sich mit dem Piloten unterhält und der einem erklärt, wie so ein Transatlantikflug funktioniert, kann einem das viel Sicherheit geben" sagt der Psychologe.

Aus seiner Sicht gibt es jedoch vor allem ein Mittel, das besonders gut funktioniert: "Das Beste, was gegen Ängste hilft, ist, dass man sich wiederholt der Situationen aussetzt." Denn wenn man sich der Angst nicht aussetze, so Wortelboer, könne man auch nicht den Moment erleben, wo diese wieder abnähme. Wovon er abrät: "Medikamente, Alkohol oder Drogen sind nur eine mässig gute Idee."

Die sogenannte Konfrontationstherapie wird auch bei Flugangstseminaren eingesetzt. Die Teilnehmenden werden hier an mehreren Tagen in professioneller Begleitung durch ihre Angst geführt. Ziel ist es, ihnen zu helfen, die Angst zu bewältigen und das Geschehen im Flugzeug besser einschätzen zu können. Das Seminar endet mit einem Abschlussflug.

Und was, wenn es doch ein bisschen zu doll wackelt?

Inzwischen gibt es auch viele Hörbücher, Bücher und Apps, mit denen man sich schon im Vorfeld gut auf einen Flug vorbereiten kann. Im Podcast "Cockpitbuddy" beispielsweise klärt Pilot Suk-Jae Kim über verschiedene Themen rund ums Fliegen und zu Flugangst auf. Sein Tipp: sich möglichst früh der Angst stellen und versuchen, diese anzugehen. Online finden sich viele Anleitungen für Atemübungen, die in solchen Angstsituationen im Flugzeug helfen können.

"Klassische Entspannungsübungen, die man auch im Sitzen machen kann, sind immer gut", empfiehlt auch Wortelboer, um gegen das Unbehagen und aufsteigende Angst vorzugehen, "Alle Dinge, mit denen man sich gut ablenken kann." Laut Untersuchungen hilft auch geistige Anstrengung gegen das Angstempfinden – also nehmen Sie sich für Ihren nächsten Flug vielleicht einfach ein kompliziertes Sachbuch mit.

Verwendete Quellen