Venedig leidet unter den Besuchermassen - aber nicht alle profitieren wenigstens finanziell davon: Viele einheimische Händler beklagen, dass zwar Millionen Besucher kommen, aber kaum Geld in der Stadt ausgeben.
Der Markusplatz quillt über vor Menschen, doch die Kassen der Geschäftsinhaber bleiben leer - die Touristen sind nach Ansicht der Einheimischen nicht bereit, bei ihrem Besuch in Venedig wenigstens Geld dazulassen.
"Jeden Tag sehe ich Ströme von Menschen in die Stadt kommen, aber ohne ein Ziel", beschreibt Setrak Tokatzian, Juwelier und Präsident der Vereinigung Piazza San Marco, gegenüber der venezianischen Tageszeitung "Corriere del Veneto". Stattdessen "steigen [die Besucher] in Gondeln, fahren mit Wassertaxis, rennen hin und her, aber niemand kauft etwas".
Venedig-Touristen lassen nicht genug Geld in der Stadt
Was Tokatzian und seine Kollegen schildern, bereitet Venedig zunehmend Sorgen: Busladungen von Campingplatz-Urlaubern fluten morgens die Kanäle und verschwinden abends wieder, ohne einen einzigen Euro in den lokalen Geschäften gelassen zu haben. "Ich sehe keine Einkaufstaschen mit Markenware mehr, wie das früher üblich war", berichtet der Schmuckhändler. Stattdessen beobachten die Bewohner, wie Familien sich nur einen Teller Pasta teilen oder an den kostenlosen Trinkbrunnen der Stadt Schlange stehen, anstatt Wasser zu kaufen.
Während die Händler um ihre Existenz kämpfen, floriert offenbar der illegale Strassenhandel. "Diese Leute kaufen das Taubenfutter und die Rosen von den Schwarzhändlern", ärgert sich Tokatzian über die Touristen. "Sie machen Selfies mit den Tauben, aber betreten nie einen regulären Laden." Statt in Restaurants zu essen, würden die Touristen sich bereits vor dem Besuch der historischen Altstadt in Supermärkten zwischen Bahnhof und Markusplatz verpflegen.
Roberto Panciera vom Handelsverband Confcommercio bestätigt: "Wir erleben eine schwierige Zeit. Viele fotografieren die Schaufenster, aber sie kommen nicht in die Geschäfte."
100 Euro Eintritt für Venedig?
Setrak Tokatzians drastischer Lösungsvorschlag: Er will von Tagestouristen 100 Euro Eintritt verlangen. Das sieht Venedigs Tourismus-Assessor Simone Venturini aber als nicht umsetzbar an, da das Gesetz keine höheren Eintrittsgebühren vorsehe.
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Dennoch lässt er eine Hintertür offen: "Es ist jedoch kein Tabu, eine Gesetzesänderung zu beantragen. Zum Beispiel zehn Euro für die ersten 20.000 Touristen pro Tag und 15 bis 20 Euro bei Überschreitung dieser Schwelle." (eyn)
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