In Genf und Lausanne finden jeweils in den Sommermonaten Seekonzerte bei Sonnenaufgang statt. Inspiriert hat die Idee bis nach Biel. Dort spielt am Sonntag in der Früh die Musikerin Paquita Maria Songs ihrer neuen Platte "YTZ".
Verschlafen ist ihre Musik nicht, vielmehr eignet sich der Sound von Paquita Maria sehr gut als Soundtrack zum Aufwachen. Ihr neues Album "YTZ" vereint Chanson, entschleunigte Folklore, hypnotische elektronische Klänge und poetische Texte.
Die in Bern geborene und im Jurassischen aufgewachsene Musikerin singt auf Mundart und Französisch. Heute lebt sie in Biel und in der Bretagne. Die meisten ihrer Songs sind verträumt und haben einen nostalgischen Touch, dann aber gibt es durchaus Ausreisser. Etwa mit dem pulsierenden Titel "Pures flèches", auf dem Paquita Maria einen Sprechgesang hinlegt, der von einer Punk-Attitüde zeugt. Aber auch hier schwebt etwas Tranceartiges mit, das für ein sanftes Aufwachen sorgen dürfte, wenn Paquita Maria am Sonntag um sechs Uhr in der Früh im Bieler Strandbad ein Konzert gibt.
Organisiert wird es von KartellCulturell, einer Vereinigung der drei Kulturinstitutionen Kultur Kreuz Nidau, Le Singe und Groovesound. Man habe vor, Seekonzerte auch in Zukunft weiterzuführen, heisst es von Seiten des Veranstalters. Inspiration für das Konzert im Morgengrauen hat Paquita Maria in Lausanne gefunden, wie sie Keystone-SDA sagt.
Harfenklänge zum ersten Sonnenstrahl
Dort eröffnete die Harfenistin Letizia Lafferini bereits Ende Juni die Konzertreihe am Seeufer, die sich "Thelonica" nennt. Um viertel vor sechs Uhr am Morgen zog es rund hundert verschlafene Menschen, jung und alt, zu zweit oder in Gruppen, ans Ufer des Genfersees in Lausanne. Einige tranken einen Kaffee, andere beobachteten, wie die Sonne in den Himmel stieg, als sich Lafferini an ihr Instrument setzte und Werke des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart spielte.
Dass das "Thelonica" mit einem klassischen Konzert eröffnet, sei eher selten, sagte Chantal Bellon, eine der Initiantinnen. Mehrere Zuschauende gaben vor Ort denn auch zu, dass sie sich auf andere Auftritte besonders freuen würden. So etwa auf jenen des Genfer Trompeters Erik Truffaz, Träger des Schweizer Musikpreises (2023), und seines Komplizen Christophe Calpini.
Etwas Jazz und ein Flügel
In erster Linie sind es denn auch Jazzkonzerte, die in Lausanne am See die Sommertage einläuten. Der Titel der Konzertreihe, "Thelonica", bezieht sich auf ein Album des amerikanischen Jazzpianisten Tommy Flanagan.
Die Seekonzerte in Lausanne gibt es seit 2017 und sie dauern noch bis Mitte August. Jedes Jahr, so Bellon, versuche man mindestens ein Soloklavier in der Konzertreihe unterzubringen. "Ein Flügel auf dem Deck ist rein akustisch, aber auch ästhetisch sehr schön", sagt sie.
Die Ehre gebührt heuer Ende Juli Stefan Rusconi, einem Zürcher Klangkünstler, der in Berlin lebt und mehrmals am Cully Jazz Festival aufgetreten ist. In letzter Zeit hat er sich vermehrt der Film- und Theatermusik gewidmet.
Bis zu 300 Personen können in Lausanne die Konzerte bei Sonnenaufgang besuchen, die bei schlechter Witterung jeweils von Samstag auf Sonntag verschoben werden. Je nach Saison gibt es bis zu 10 Konzerte pro Saison. Das sind weniger als in Genf.
Idee kommt aus Genf
Aus Genf kommt ursprünglich die Idee der Seekonzerte bei Sonnenaufgang. Seit 2007 finden im Genfer Freibad Bains des Pâquis musikalische Einlagen in der Früh am Gewässer statt. Diesen Sommer sind es 35 Morgenkonzerte, die zwischen dem 14. Juli und dem 17. August das Publikum früh aus dem Bett holen. "Les Aubes Musicales" nennt sich die Reihe hier.
In diesem Jahr wird unter anderem der Zeichner Zep in der Badi auftreten. Bekannt ist er als Schöpfer der Comic-Figur "Titeuf". Für das Morgenkonzert tauscht er nun den Bleistift gegen eine Gitarre ein und tritt mit Valérie Martinez im Folk-Pop-Duo The Woohoo auf.
Mit der Cellistin Estelle Revaz konzertiert im August ausserdem eine Genfer SP-Nationalrätin. Sie wird mit der Harfenistin Laudine Dard das gemeinsame, von spanischer Musik geprägte Programm "Amor y Pasion" performen.
Die Seekonzerte scheinen über die Zeit an Beliebtheit gewonnen haben. An der ersten Ausgabe von "Les Aubes Musicales" habe man einmal gerade mal acht Personen im Publikum gezählt. Mittlerweile, fast 20 Jahre später, könne man bei schönem Wetter 2500 oder sogar 3000 Menschen im Publikum zählen. © Keystone-SDA