Berlin - Renault baut sein elektrisches Angebot am unteren Ende des Marktes weiter aus und lockt jetzt auch sparsame Familien an die Ladesäule. Ein knappes Jahr nach dem als elektrischem Stadtflitzer wiedergeborenen R5 bringen die Franzosen deshalb nun auch den R4 zurück.
Aus dem gleichen Baukasten konstruiert, zeigt er sich aber etwas grösser und vor allem praktischer. Dafür ist er aber nicht ganz so agil und dynamisch, wenn er im Sommer zu Preisen ab 29.400 Euro in den Handel kommt. Damit ist er in der Basisversion 1.500 Euro teuer als sein kleiner Bruder, in einigen Varianten ist der R4 aber bis zu 500 Euro im Vorteil.
Nach dem Vorbild aus der Vergangenheit
Genau wie der R5 orientiert sich auch sein Vetter - aufrechter und mit mehr Kanten - an einem berühmten Vorbild. Ohne zu sehr retro zu sein und jüngere Kunden damit zu verschrecken, nimmt er die Linie jenes Kleinwagens wieder auf, den Renault bis 1994 als R4 über acht Millionen Mal gebaut und so zu einem der meistverkauften Autos der Welt gemacht hat.
Er hat deshalb nicht nur von Original inspirierte Rundscheinwerfer, sondern die gleichen kantigen Kotflügel und dieselbe Silhouette. Sogar die geriffelten Leisten an den Flanken haben sie ins hier und heute übertragen. Und als eines der ganz wenigen modernen Autos bekommt der R4 auf Wunsch ein fast schon klassisches Rolldach aus Stoff, das ihn auf Knopfdruck zum Beinahe-Cabrio macht.
Innen auf der Höhe der Zeit
Innen dagegen erwartet die Kunden ein modernes Ambiente mit einem für Kleinwagen in dieser Preisklasse vergleichsweise liebevollen Interieur: Aufwendig ausgewählte Materialien wie die gesteppten Sitzbezüge und das im gleichen Muster geprägte Dach, die Nationalflagge als wiederkehrendes Zierelement und für frankophile Zeitgenossen statt eines Cupholders einen Baguettehalter - fehlt eigentlich nur noch der Schaltknauf, der wie der Griff eines Regenschirms aus dem Armaturenbrett ragt.

Aber weil der R4 an die Vergangenheit erinnern, diese aber nicht in die Zukunft verlängern will, gibt's stattdessen einen konventionellen Lenkradhebel für die Wahl der Fahrtrichtung - und ein modernes Bediensystem: Hinter dem Lenkrad prangen digitale Instrumente und daneben ein Touchscreen mit Navigation samt Ladeplanung, über 100 Apps und einem Avatar, der zum digitalen Begleiter werden will.
Viel Platz auf wenig Raum
Vor allem aber hat der R4 Platz - mehr als der R5 und mehr als viele andere in seiner Klasse: In der Länge um 15 Zentimeter auf 4,14 Meter und im Radstand um sieben auf 2,62 Meter gestreckt und obendrein mit dem höheren Dach ausgestattet, reicht die Rückbank nun auch für Erwachsene - zumindest auf der Kurzstrecke.
Und der Kofferraum ist urlaubstauglich. Er fasst bis zu 420 Liter und lässt sich nicht nur auf 1.405 Liter erweitern. Weil zudem die Lehne des Beifahrersitzes umgeklappt werden kann, passen bis zu 2,20 Meter über die ungewöhnlich flache Ladekante. Ach ja: Und als einer der wenigen in dieser Klasse hat der R4 auch eine elektrische Heckklappe.
Leichte Lenkung, grösserer Wendekreis
Während die Passagiere mit dem R4 die bessere Wahl treffen, hat der Fahrer gegenüber dem R5 ein wenig das Nachsehen. Denn vom wieselflinken Wirbelwind bleibt bei der Transformation zur handlichen Familienkutsche nicht mehr viel übrig: Der R4 federt weicher und komfortabler, ist nicht mehr ganz so spritzig, lenkt sich etwas leichter und hat auch einen etwas grösseren Wendekreis. Hier ist weniger der Weg das Ziel als das gemütliche Ankommen.
Und das ist nicht der einzige Unterschied zum R5. Sondern Renault hat auf die Kritik der Kundschaft reagiert, die Fahrprofile neu programmiert und zum ersten Mal einen One-Pedal-Drive vorgesehen: Wer in der richtigen Einstellung jetzt den Fuss vom Gas nimmt, bremst tatsächlich bis zum Stillstand.

Keine Unterschiede unter dem Blech
Technisch teilen sich R4 und R5 die gleiche Architektur und den gleichen Antrieb. Hier wie dort gibt es deshalb im Basismodell einen 90 kW/120 PS starken Frontmotor und einen 40 kWh grossen Akku, der im R4 für 308 Norm-Kilometer reicht. Die Version Comfort Range fährt mit 110 kW/150 PS und einem 52 kWh grossen Akku, für den die Franzosen 409 Kilometer angeben.
Beide Varianten schaffen auf der Strasse bis zu 150 km/h und zählen an der Ladesäule eher zu den gemütlichen Gesellen: 80 kW maximale Ladeleistung für den kleinen und 100 kW für den grossen Akku sind nicht mal Durchschnitt. Immerhin gibt's als kleinen Trost einen On-Board-Lader, der zwar auch nur 11 kW leistet, dafür aber bidirektional funktioniert und den R4 zur rollenden Powerbank macht.
Fazit: Die Revolution greift um sich
Mit dem R5 haben die Franzosen eine "Renaulution" losgetreten, wie es ihr Marketing unterstreicht. Und mit dem R4 geht der Wandel jetzt weiter. Denn bei all dem verklärten Blick in den Rückspiegel ist das ein moderner, zeitgemässer Kleinwagen geworden, der viel Auto fürs Geld bietet und Elektromobilität wieder ein wenig weiter in die Breite trägt. Wäre da nicht die lahme Ladeleistung könnte sich der neue R4 genau wie sein Vorbild aus der Vergangenheit durchaus zu einem Bestseller mausern. Datenblatt: Renault R4 Comfort Range
Motor und Antrieb: | Ein Elektromotor |
Max. Leistung: | 110 kW/150 PS |
Max. Drehmoment: | 245 Nm |
Antrieb: | Frontantrieb |
Getriebe: | Eingang-Automatik |
Masse und Gewichte | |
Länge: | 4.144 mm |
Breite: | 1.808 mm |
Höhe: | 1.552 mm |
Radstand: | 2.624 mm |
Leergewicht: | 1.537 kg |
Zuladung: | 443 kg |
Kofferraumvolumen: | 420-1.405 Liter |
Fahrdaten: | |
Höchstgeschwindigkeit: | 150 km/h |
Beschleunigung 0-100 km/h: | 8,2 s |
Durchschnittsverbrauch: | 15,1 kWh/100 km |
Batteriekapazität: | 52 kWh |
Reichweite: | 409 km |
CO2-Emission: | 0 g/km |
Ladeleistung AC/DC: | 11/100 kW |
Kosten: | |
Basispreis des Renault R4: | 29.400 Euro |
Grundpreis des Renault R4 Comfort Range: | 32.400 Euro |
Typklassen: | k.A. |
Kfz-Steuer: | 0 Euro/Jahr |
Wichtige Serienausstattung: | |
Sicherheit: | Sechs Airbags, Notbrems- und Spurhalte-Assistent, Müdigkeitswarner |
Komfort: | Navigation, Rückfahrkamera, Wärmepumpe |
© Deutsche Presse-Agentur