Berlin/Bamberg - Nicht immer fällt das Kochergebnis wie erwartet aus: Obwohl Sie voller Ambition ans Werk gehen und das Rezept befolgen, schmeckt es am Ende einfach nicht rund, schon gar nicht so lecker wie im Restaurant? Haben Sie vielleicht schlichtweg kein Händchen fürs Würzen?

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"Man kann das Würzen lernen, indem man viel selbst probiert", sagt Philipp Vogel, Direktor und Küchenchef im "Orania.Berlin". Also: viel essen und viel schmecken. "Ich sage meinen Köchen in der Ausbildung immer: Das wichtigste Werkzeug, was wir in der Küche haben, ist der Löffel", so Vogel.

Neben dem Trainieren des Geschmackssinns helfen Hobbyköchen aber auch etwas Grundlagenwissen und Tipps von Profis. Das raten ein Koch und eine Gewürz-Sommelière in ihren Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Welche Gewürze sollte man am besten immer da haben?

Salz und Pfeffer hat wahrscheinlich jeder da - ohne kommt man auch nicht weit. Manuela Mahn, die Gewürz-Sommelière ist, stellt zunächst klar: "Salz zählt nicht zu den Gewürzen, weil das ein Mineral ist". Gewürze seien immer Teil einer Pflanze. Sie empfiehlt ein naturbelassenes Salz ohne Rieselhilfe und nicht raffiniert. Beim Pfeffer schwören sowohl Koch Philipp Vogel als auch Manuela Mahn auf frischen Pfeffer aus der Mühle oder dem Mörser - kein Pulver.

Ein Klassiker im Gewürzschrank ist für beide Paprika-Pulver, edelsüss oder geräuchert. Für Manuela Mahn, die eine Gewürzakademie in Bamberg führt, zählen zu den Basics ausserdem Muskatnuss, Nelken, Kümmel, Wacholderbeeren und Lorbeerblätter. Für Schärfe-Liebhaber gehört ausserdem Chili dazu, für Fans der asiatischen und orientalischen Küche Kurkuma und Kardamom.

Verschiedene Gewürze sind auf Löffeln zu sehen
Wer gerne asiatische oder orientalische Noten in Speisen bringt, sollte neben Nelken, Chili-Flocken, weissem Pfeffer, Salz und Paprikapulver auch Kardamom, Currypulver und Kurkuma im Hause haben. © dpa / Christin Klose/dpa-tmn

Und dann ist da noch die Welt der Kräuter: Basilikum, Thymian, Rosmarin, Oregano, Majoran und Dill lassen sich frisch auf dem Balkon halten oder getrocknet kaufen. Ein Tipp von Koch Philipp Vogel: "Getrocknetes Bohnenkraut unterstützt nicht nur Bohnen, sondern auch Fleisch und Fisch sehr gut".

Welche Gewürze zu welchen Gerichten passen, könne man pauschal nicht sagen. Aber: "Ein Tipp, den ich meinen Köchen immer gebe: nach Farben zu kochen", verrät Vogel. Was die gleiche Farbe hat, passe oft auch geschmacklich zusammen.

Macht es Unterschiede, ob man Pulver oder ganze Gewürze nutzt?

Gewürze im Ganzen zu kaufen und sie selbst zu mörsern, anstatt ein Pulver zu nehmen, mag gerade Koch-Anfängern übertrieben erscheinen. Laut Gewürz-Sommelière Mahn lohnt es sich aber allemal.

Am Beispiel des Pfeffers erklärt sie: "Eine Pfefferfrucht ist wie ein kleiner Aroma-Safe. Darin steckt ätherisches Öl, das dem Pfeffer eine feine Zitrusnote und etwas Holziges gibt". Wer nicht nur Schärfe, sondern auch diese feinen Aromen möchte, erreicht das durch Aufspalten der Ölzellen - und das passiert im Mörser oder in der Mühle. Im Gewürzpulver sind diese Aroma-Safes bereits durch das Mahlen geöffnet, aber nicht mehr so intensiv als wenn man sie selbst frisch mörsert.

Das Selbst-Mörsern bringt noch einen Vorteil: "Man arbeitet bei Gewürzen auch mit der Haptik und der Textur im Mund", so Mahn. Durch das Mörsern könne man steuern, wie grob oder fein das Gewürz wird. Richtig satt und zufrieden würden wir dann, wenn der Gaumen verschiedene Strukturen und auch mal etwas "Crunch", also etwas Knuspriges erlebt.

Verschiedene Gewürze, die Umami ins Essen bringen
Ist das Essen nicht ganz rund, fehlt meist Umami. Den bekommt man durch Parmesan, Sojasosse, Hefeflocken, getrocknete Tomaten, getrocknete Pilze wie Champignons, gemahlenem Liebstöckel oder Selleriesalz. © dpa / Christin Klose/dpa-tmn

Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel: Kurkuma, Zimt und Paprika lassen sich nur schwer selbst mahlen. Hier ist ein Pulver Mahn zufolge unvermeidlich.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, zu würzen?

In dieser Frage sind sich die Profis nicht ganz einig. Gewürz-Sommelière Manuela Mahn plädiert dafür, das Essen zunächst komplett fertig zu kochen, es von der Herdplatte zu nehmen und dann zu würzen. Ihre Begründung: das ätherische Öl im Gewürz verdunstet ab einer Temperatur von 25 Grad und das Aroma geht verloren - was man bei extra selbst gemörserten Gewürzen vermeiden möchte. Auch Pulver kommen bei ihr immer erst am Schluss dazu.

Koch Philipp Vogel hingegen würzt bei manchen Gerichten gerne am Anfang. Curry-Mischungen etwa würden ihr Aroma erst in Kombination mit Fett richtig entfalten, weshalb er sie in der Pfanne in ein wenig Butter oder Öl mit Zwiebeln anschwitze. Mit Paprika gehe er auch so vor. Allerdings: "Man muss aufpassen mit der Hitze", also mit reduzierter Flamme arbeiten, damit die Gewürze nicht verbrennen.

Welchen Zeitpunkt zum Würzen sollte man Koch-Anfängern also raten? Mit Vogels Worten: "Kochen ist immer Ausprobieren"!

Was ist die richtige Menge an Gewürz?

In Rezepten steht oft die Angabe: würzen nach Geschmack. Aber wie treffe ich am besten meinen Geschmack? Manuela Mahn rät: "Vorsichtig rangehen und lieber nachwürzen". Bei zwei Portionen Essen im Topf oder in der Pfanne würde sie je Gewürz mit einer Prise beginnen, also so viel, wie zwischen die Finger passt, dann abschmecken und bei Bedarf nachjustieren.

Für Philipp Vogel darf es dabei ruhig riskant zugehen: "Das ist ja so eine Grenzerfahrung: "Bis wohin kann ich gehen mit dem Würzen?" Das kann man nur lernen, wenn man auch mal etwas überwürzt". Natürlich sollte man nichts absichtlich ungeniessbar würzen. Aber wer die Angst vor dem Zuviel überwinden kann, sei auf dem besten Weg, das Würzen zu lernen.

Frische Kräuter trocknen
Gewürzfans sollten sich Kräutersträusse zum Trocknen in die Küche hängen. So können Salbei, Rosmarin, und Zitronenmelisse (l-r) bei Bedarf mit gemörsert werden. © dpa / Franziska Gabbert/dpa-tmn

Was fehlt, wenn es einfach nicht rund schmeckt?

Wenn am Ende geschmacklich noch irgendetwas fehlt, ist der Impuls oft, mehr zu salzen. Doch es gibt andere Möglichkeiten, das gewisse Etwas aus einem Gericht herauszuholen. "Oft fehlt das Umami, das dem Essen den letzten Kick gibt", sagt Manuela Mahn, "dieses Fleischig-Vollmundige". Man erreiche es zum Beispiel mit dem bekannten Maggi-Fläschchen, mit Sojasosse, Parmesankäse, getrockneten Tomaten, Sellerie-Pulver oder Liebstöckel.

Philipp Vogel ergänzt: "Ich bin auch ein grosser Freund von Säure, weil das eine gewisse Frische mitbringt und schwere Strukturen aufbricht, eine schwere Sosse etwa". Mit Abrieb und Saft von frischen Zitrusfrüchten, Apfelessig oder Balsamico könne man sein Essen gut abrunden - diese Zutaten würden auch in der professionellen Küche viel verwendet.

"Man muss auch nicht immer nur würzen, sondern man kann auch das Gewürzte unterstützen und boostern, indem man Fett - Öl oder Butterschmalz - dazu gibt", so Vogel. Sein besonderer Tipp: Limonen-Olivenöl. "Das bringt die Kombination aus Fett, Geschmacksverstärker und Säure mit sich und gibt ein bisschen Pfiff und Würze in Gerichte".  © Deutsche Presse-Agentur