Für eine besonders üppige Blüte empfiehlt der Rosenexperte John Scarman eine ganz bestimmte Schnitttechnik. Ausserdem erklärt er, wie der Klimawandel unsere Gartenarbeit verändert.

Ein Interview

Nach dem letzten Winter habe ich meine Rosen auf wenige Augen zurückgeschnitten, so wie ich es in meiner Lehrzeit als Gärtnerin gelernt habe. Warum schneiden Sie anders?

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John Scarman: Die traditionelle Schnitttechnik, alles auf drei bis vier Augen zurückzunehmen, stammt noch aus einer Zeit, als die Züchter ihre Rosen als einzelne Blüten an langen Stielen präsentieren wollten. Alle dünnen Triebe wurden entfernt, um Licht in die Pflanze zu lassen und ihre neuen Zuchtergebnisse möglichst dekorativ zu präsentieren. Für mich sind Rosen dagegen Blütensträucher, die so üppig wie möglich blühen sollten. Das erzeugt eine wildromantische Stimmung im Garten.

Dafür baut man die Rose nach dem Pflanzen stückweise auf: Im ersten Jahr schneidet man etwa zwei Handbreit über dem Boden zurück, im nächsten Jahr auf Kniehöhe und nach drei oder vier Jahren ist der Rosenstrauch nach dem Schnitt etwa 80 bis 100 Zentimeter hoch. Das Gerüst ist dicht und es bilden sich viele Knospen. Im Sommer entstehen so Blütenwolken, die das Bild des Gartens prägen.

Apropos Blüte: Welche Rosenblüten sind gut für Bienen und andere Insekten?

Ungefüllte Sorten mit wenigen Petalen, also den farbigen Kronblättern, bieten an den Staubgefässen Pollen und duftenden Nektar als wertvolle Nahrungsquelle. Dazu gehören die Wildrosen, aber auch halbgefüllte Sorten wie "Penelope Hobhouse" oder die Kletterrose "Mrs. Billy Crick". Wenn Sie im Herbst viele Hagebutten an Ihrem Rosenstrauch sehen, ist das ein Zeichen dafür, dass sich die Bienen mit Nahrung versorgt und dabei die Blüten bestäubt haben. Dann entstehen die typischen Früchte der Rosen. Meist sind sie rot bis orange und rund. Es gibt aber auch viele andere Formen, flaschenförmig, flach oval oder sehr kleine Kugeln.

Die Klimaerwärmung verändert unsere gärtnerischen Weisheiten. Was ist bei Rosen zu beachten?

Unsere Art zu gärtnern wird sich ändern. Viele Pflegeaufgaben müssen nun zu einem anderen Zeitpunkt ausgeführt werden. Bis vor wenigen Jahren war es üblich, im Herbst alles ordentlich zurückzuschneiden. Die wärmeren Wintertemperaturen haben aber zur Folge, dass die Rosen schon im Dezember ihre rötlichen Neutriebe gebildet haben. Kommt es dann zu einem harten Frost, frieren die unausgereiften Treibe ab und die Blüte für den nächsten Sommer ist ruiniert.

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Nachdem uns das im Rosengarten von Landhaus Ettenbühl zweimal passiert ist, schneiden wir nur noch im Frühling. Wenn wir dann alles sauber zurückgeschnitten haben, mulchen wir frühzeitig den Boden im Wurzelbereich mit gut verrottetem Pferdemist oder Kompost. Darin versickert der Frühlingsregen und die Bodenfeuchte bleibt besser erhalten. Wenn es dann heiss wird, haben wir viel weniger mit der Trockenheit zu kämpfen. In diesem Jahr biete ich zum ersten Mal einen Kurs zum zeitgemässen Gärtnern im Klimawandel an. Für Personen, die nicht den ganzen Weg bis nach Ettenbühl machen können, werden wir auch Tutorials dazu auf unserem YouTube-Kanal produzieren.

Sind Rosen per se gut für die Klimaerwärmung geeignet? Eigentlich mögen sie ja viel Sonne.

Rosen kommen mit Hitze gut zurecht. Was sie nicht mögen, sind heisse Nächte über 20 Grad Celsius, sogenannte Tropennächte, wie sie in einigen Region Deutschlands immer öfter vorkommen. Dann blühen sie nicht mehr gut, dagegen kann man leider nichts machen. Auch der Duft nimmt ab. Ihren besonderen Reiz verlieren sie aber nicht.

Wie hat sich die Nachfrage bei den Rosen in den letzten Jahren verändert?

Man bemerkt eine Bewusstseinsänderung bei den Rosenliebhabern. Die meisten Menschen haben verstanden, dass es den Insekten nicht gut geht und sie unsere Hilfe brauchen. Die ungefüllten Rosen sind stark im Kommen. Oder man achtet darauf, neben einer gefüllten Rose viele insektenfreundliche Stauden wie Lavendel oder Katzenminze zu pflanzen. Ein Rückschnitt, der die Entwicklung von vielen Blüten fördert, kommt den Bestäubern natürlich auch zugute.

Zu meinem letzten Geburtstag habe ich eine kletternde Ramblerrose geschenkt bekommen. Leider wächst sie nicht so gut. Wie kann ich die Blüte anregen?

Graben Sie am besten rund um die Rose einen kleinen Graben, etwa 15 bis 20 Zentimeter breit und tief. Den füllen Sie mit wirklich gut verrottetem Kompost, schwarz und gut krümelig muss er sein. Darauf geben Sie wieder den Aushub. So entsteht ein kleiner Wall rund um die Rose, der das Wasser gut im Wurzelbereich hält. Das versorgt die Rose mit Nährstoffen. Wenn Sie Platz im Garten haben, können Sie es auch mit einem anderen Standort versuchen. Manchmal wirkt das Wunder.

Worauf sollte ich dann beim Verpflanzen achten?

Eine Rose, die schön blühen soll, braucht viele Nährstoffe und freut sich immer über eine fruchtbare Erde. Eine Schaufel Komposterde, vermischt mit dem vorhandenen Boden im Pflanzloch, bietet den Wurzeln Anreize, schnell dorthin zu wachsen. Zur Unterstützung des Wurzelwachstums gibt man noch einen Löffel Mykorrhiza dazu. Das sind ganz natürliche Pilze, die mit den Wurzeln eine gesunde Symbiose eingehen. Wenn Sie die Rose pflanzen, denken Sie auch daran, die Veredelungsstelle mindestens fünf Zentimeter tief unter der Erdoberfläche zu setzen, damit sie vor Frost geschützt ist. Mit etwas Glück bilden sich Ausläufer, die Sie abreissen und eintopfen können. Dann haben Sie noch eine neue Rose.

Sie züchten seit über 30 Jahren Rosen. Braucht es denn noch neue Rosen? Welche Merkmale sind Ihnen besonders wichtig?

Das ist richtig, es gibt schon zu viele Rosen. Aber bei einer Rose kommt es nicht nur auf die Blüte an. Ganz wichtig ist natürlich das Parfüm, der Duft. Aber auch: Wie lange hält die offene Blüte, einen Tag oder länger? Wie sieht sie nach einem Regen aus? Neigt sie zu langen, unbelaubten Trieben, die bei den Kletterrosen zu "nackten Beinchen" führt? Welche Form hat die Knospe? Eine Zeitlang waren herzförmige Blüten beliebt, im Moment hat die spitze Knospe wieder Fans. Manche Rosen eignen sich gut für Anfänger, andere wiederum brauchen etwas mehr Zuwendung. Das Rosenzüchten ist eine sehr kreative Arbeit und ich entdecke immer wieder neue Reize an einer noch unbekannten Sorte.

Über den Gesprächspartner

  • Der Brite John Scarman, 74, ist Gartendesigner, Rosenzüchter und Buchautor. 13 Jahre, bis Ende 2011, war er Chefgärtner im Gartenpark von Landhaus Ettenbühl im badischen Markgräflerland, das jährlich mehr als 50.000 Besucher anzieht. Hier hält er immer noch regelmässig Gartenkurse ab und züchtet seine bekannten Rosen. In seinem neusten Buch erforscht er die Heilkraft der Rosen.

Verwendete Quellen