Ohne Technik läuft in vielen Jobs nichts mehr: Diese Erkenntnis ist nicht neu, wirft aber die Frage auf, was ein längerer Ausfall des Internets oder ein nicht mehr funktionstüchtiger Computer für die Arbeitszeit der Arbeitnehmer bedeutet. Muss die durch einen IT-Ausfall verloren gegangene Zeit nachgeholt werden?
Stromausfall, Überhitzung oder einfach Server-Error: Wenn die IT-Infrastruktur ausfällt, kann in vielen Unternehmen oder Jobs nicht weitergearbeitet werden. Zählt die Zeit, in der Beschäftigte dann Däumchen drehen (müssen), dennoch als Arbeitszeit?
"Grundsätzlich ja, denn der Arbeitgeber muss die Arbeitsmittel zur Verfügung stellen", sagt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Gibt es also eine IT-Panne, fehlt das nötige Arbeitsmittel – und die Arbeitszeit läuft weiter. Das geht aus der sogenannten Betriebsrisikotheorie hervor, die besagt, dass eine Betriebsstörung den Arbeitgeber betrifft und nicht den Angestellten.
Wenn im Homeoffice die Technik streikt
Aber gilt diese Regelung auch im Homeoffice? Rechtsanwalt Wolfgang Herfurtner klärt hierzu auf seiner Webseite auf und weist auf die Unterschiede ausserhalb der offiziellen Arbeitsstätte und Büroräume hin: Es sei zwischen diesen beiden Arbeitsformen zu differenzieren:
- (alternierende) Telearbeit
- mobiles Arbeiten, beispielsweise im Homeoffice
Telearbeit und alternierende Telearbeit sind im Rahmen von § 2 Abs. 7 der Arbeitsstättenverordnung geregelt, während mobiles Arbeiten nicht gesetzlich, sondern in der Regel im Arbeitsvertrag definiert ist.
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Sollte es im Homeoffice zu einem Internetausfall kommen, der die Arbeitszeit einschränkt, haben "Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils bestimmte Pflichten zu erfüllen und haften für eventuell anfallende Schäden", so Herfurtner auf seiner Website.
Konkret bedeutet das, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber über den IT-Ausfall informieren muss, um dann zu versuchen, die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Ist der Arbeitnehmer nicht für den Ausfall verantwortlich, muss die verlorene Arbeitszeit nicht nachgeholt werden, es sei denn, dies ist im Rahmen eines Tarifvertrags anderweitig geregelt.
Der Arbeitgeber ist gleichzeitig verpflichtet, dem Arbeitnehmer Zeit zu geben, den Ausfall zu beheben oder alternative Arbeitsorte oder -mittel anzubieten, um seine Tätigkeit schnellstmöglich wieder aufnehmen zu können.
Es gibt weder ein Vor- noch ein Nacharbeitsgebot
Und was, wenn der Arbeitgeber nun überlegt, die Arbeitszeit nach hinten zu verschieben, zu einer Zeit, wo die Systeme wieder laufen? Hier könne der Arbeitgeber nur begrenzt handeln, so Fachanwalt Schipp. Es sei nicht erlaubt, eine Schicht einfach um ein paar Stunden oder gar auf einen anderen Tag zu legen. Es gibt in solchen Situationen weder ein Vor- noch ein Nacharbeitsgebot. Arbeitnehmende müssen im Regelfall nur während der vertraglich vereinbarten Stunden arbeiten. Sind allerdings beide Seiten einverstanden, kann die Arbeitszeit einvernehmlich verlegt werden. In Betrieben mit einem Betriebsrat müsse aber auch dieser beteiligt werden, so Schipp. (dpa/bearbeitet von sav)
Zur Person
- Johannes Schipp ist Fachanwalt für Arbeitsrecht, Mitglied im Deutschen Anwaltverein (DAV) und war bis 2021 Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV.
Verwendete Quellen:
- dpa
- kanzlei-herfurtner.de: Homeoffice Internetausfall: Muss die Arbeitszeit nachgeholt werden?