Frühling mitten im Herbst: In einigen Regionen blühen mitten im September Apfelbäume, Kastanien oder auch Forsythien. Was ist da los? Wir haben bei Expert:innen nachgefragt.

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Ein erstaunlicher Anblick: Blühende Apfelbäume – und das mitten im September. So zum Beispiel derzeit südlich von München auf einer Streuobstwiese zu beobachten. Aber auch andernorts blühen Kastanien, Obstbäume, Erdbeeren und Forsythien.

Wir wollten wissen: Ist das normal? Ist der heisse Sommer verantwortlich für das Blütenwunder im Herbst? Tritt das Phänomen vielleicht in Zusammenhang mit dem Klimawandel auf?

Zweiter Frühling im Herbst: Warum Obstbäume jetzt blühen

Normalerweise gehen Freilandpflanzen, wenn es kühler wird und die Tage kürzer, in die Winterruhe. Bei einigen Pflanzen scheint aber der Rhythmus etwas durcheinander geraten zu sein.

Bei den blühenden Bäumen handelt sich allerdings um Einzelfälle – und nicht um ein Massenphänomen. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) erklärt auf unsere Nachfrage: "Bei bestimmten Wetterbedingungen kann es im Spätsommer zu einer Aufhebung der Knospenruhe und zu einer zweiten Blüte kommen."

Die Äpfel werden allerdings nicht mehr reifen und auch sonst wird der zweite Frühling keine Folgen haben: "Die Blüte im Herbst sollte keinen Einfluss auf die Ernte im Folgejahr haben."

Corinna Hölzel vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat noch eine zweite Erklärung parat: "Die Herbstblüte kann durch starken Rückschnitt im Sommer oder durch warmes, feuchtes Wetter im Herbst passieren." Auch sie hat gute Nachrichten: "Dem Apfelbaum schadet das nicht."

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Warum blühen Pflanzen im Herbst?

Normalerweise werden die Knospen, aus denen im Frühjahr die Blüten hervorgehen, bereits im Vorjahr angelegt, treiben aber nicht aus. "Innere Faktoren des Baumes verhindern dies", erklärt die Streuobst-Expertin Franziska Wenger vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV). "Denn würden sie jetzt bereits austreiben, könnten sich vor Wintereinbruch keine Früchte mit lebensfähigen Samen mehr bilden."

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Am Ende der Vegetationsperiode haben sich in den Knospen bestimmte Hemmstoffe gebildet, die den Austrieb verhindern. Erst wenn die Knospen einige Zeit der Kälte ausgesetzt waren, wird diese Austriebshemmung abgebaut. "Dann verhindern nur noch kalte Wintertemperaturen, dass die Knospen anschwellen und austreiben. Dieses Kältebedürfnis ist je nach Obstart und -sorte unterschiedlich", so die Expertin. Bei sehr milden Temperaturen öffnen sich die Knospen, die bereits für das nächste Frühjahr angelegt sind – wie wir es derzeit beobachten können.

Fazit: Bei den Apfelbäumen ist also alles im grünen Bereich – und Wildbienen, Hummeln & Co. freuen sich über die späte Nahrung, die ihnen durch die zweite Blüte vergönnt ist.

Blühende Kastanienbäume im Herbst

Auch blühende Kastanienbäume sind im Herbst immer wieder zu beobachten. Diese zweite Blüte ist jedoch kein positives Zeichen. Sie bedeutet vielmehr: Der Baum hat Stress.

"Das ist bei Rosskastanien ein bekanntes Phänomen, dass sie ein zweites Mal austreiben, wenn sie extrem gestresst sind und die Blätter komplett verloren haben", erläutert Norbert Kühn, Pflanzenforscher an der Technischen Universität Berlin. "Der Baum geht dann nicht unbedingt kaputt, aber es ist nicht gut für ihn, weil er dann auch wieder zum Abschluss kommen muss, um den Winter zu überleben", erklärt der Pflanzenexperte.

Übrigens: Auch Walderdbeeren können bis in den Oktober blühen und Früchte tragen.

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Mit Material der dpa.  © UTOPIA