Duschen bei Gewitter vermeiden, unter Buchen Schutz suchen und am besten nicht telefonieren – das sagt der Volksmund zum richtigen Verhalten bei Gewitter. Was davon wissenschaftlich erwiesen ist, erfährst du hier.
Es gibt unzählige Regeln, wie du dich während eines Gewitters richtig verhalten solltest. Aber worauf du dich wirklich vertrauen kannst, ist oft unklar. Ist Duschen bei Gewitter wirklich gefährlich? Oder sind einige Baumarten geeignetere Blitzableiter als andere? Wir haben die bekanntesten Gewittermythen für dich unter die Lupe genommen.
Duschen bei Gewitter: nicht völlig unbedenklich
Ob du bei Gewitter gefahrlos duschen kannst, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
- Verfügt dein Gebäude über einen Blitzschutz? Bei älteren Gebäuden ist das nicht immer der Fall, schreibt der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE).
- Wenn das Haus keinen Blitzschutz hat, kommt es darauf an, wie Wasser und Elektronik installiert sind. Moderne Kunststoffwasserrohre leiten Strom nicht weiter, so der VDE. In älteren Bauten seien aber teils noch Metallrohre verbaut. Um sicher duschen zu können, müssen alle "metallenen Einrichtungen wie z.B. Wasserleitungen und die Badewanne miteinander elektrisch verbunden und an den Haupt-Erdungsanschluss angeschlossen" sein.
- Nur, wenn diese Verbindungen nicht vollständig und dauerhaft haltbar ausgeführt wurden, kann es gefährlich sein, bei Gewitter zu duschen.
Wenn du also in einem Altbau wohnst und nicht sicher weisst, wie es um dein Rohrsystem steht, solltest du erstmal nicht während eines Unwetters duschen. Frage bei der nächsten Gelegenheit deine:n Vermieter:in und lasse den sogenannten "inneren Blitzschutz" von Expert:innen nachrüsten.
Telefonieren mit dem Handy ist ungefährlich
Wer bei einem Gewitter duscht, könnte also gefährdet sein. Wer die Zeit während des Gewitters zum Telefonieren mit dem Handy nutzt, ist es sicher nicht. Laut dem VDE geht von schnurlosen Telefonen während eines Unwetters keinerlei Gefahr aus.
Festnetztelefone mit Schnur sind theoretisch anfälliger. Hier könnte der Blitz über Leitungen in das Haus weitergeleitet werden. Doch für diesen Fall sind Gebäude in der Regel abgesichert, etwa durch Blitzableiter und Überspannungsschutz. In städtischen Gebieten sei die Gefahr generell gering, so der Experimentalphysiker Hans-Dieter Betz gegenüber Brisant, weil stark verzweigte unterirdische Leitungen die Spannung rasch aufteilen würden. Auf dem Land sei das nicht so.
Wer auf dem Land wohnt und ein Schnurtelefon benutzt, sollte sich gegebenenfalls vorsichtshalber bei Vermieter:innen erkunden. Bis dahin kannst du bei einem Gewitter in unmittelbarer Nähe (weniger als zehn Sekunden zwischen Blitz und Donner) einfach den Stecker ziehen.
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Buchen sollst du bei Gewitter nicht suchen
"Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen" besagt ein altes Sprichwort. Wissenschaftlich belegt ist der Reim nicht. Bei Gewittern solltest du Bäume jeder Art meiden. Hohe, allein stehende Bäume und Baumgruppen sind besonders gefährlich. Als höchste Erhebung bieten sie dem Blitz den kürzesten Weg zur Erde.
Wird das Gewitter von Regen begleitet, besitzt ein nasser Baum sogar noch bessere Leitfähigkeit. Während des Blitzschlags wird elektrische Spannung in den Boden abgegeben, weshalb es schon gefährlich sein kann, sich nur in der Nähe eines Baumes aufzuhalten. Mindestens zehn Meter Abstand sind ratsam, so Betz gegenüber Brisant.
Im Auto bist du fast immer sicher
Besitzt dein Auto eine Ganzmetallkarosserie, kannst du gefahrlos das Gewitter im Fahrzeug abwarten. Solche Modelle bilden einen "Faradayschen Käfig", über den der Blitz über die metallene Aussenhaut zur Erde abfliesst, so der VDE. Besitzt du ein Wohnmobil oder Cabriolet ohne Dachgerüst oder metallenen Überrollbügel, bist du wahrscheinlich nicht geschützt und solltest dich anderswo in Sicherheit bringen.
Achtung: Während eines Gewitters Auto zu fahren kann viele Gefahren bergen, wie umfallende Bäume, starken Seitenwind und schlechte Sicht durch Regen. Autofahrer:innen sollten also nur sehr vorsichtig fahren und schnell einen sicheren Ort aufsuchen.
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Bei Unwetter aufs Fahrrad schwingen?
Die Reifen eines Fahrrads bestehen zwar aus Gummi, das Gestell jedoch aus Metall. Du solltest dich bei Gewitter nur auf das Fahrrad setzen, um dem herannahenden Unwetter schnell zu entgehen. Sobald das Gewitter in unmittelbarer Nähe ist, solltest du sofort Schutz suchen. Am besten eignen sich laut dem VDE dafür Gebäude mit Blitzableiter, Autos (siehe oben) und Eisenbahnen.
Bist du allein im Freien, solltest du in einer Mulde im Boden oder einem anderen niedrigen Punkt im Gelände Schutz suchen. Geh mit geschlossenen Füssen in die Hocke und halte Abstand zu Bäumen, Gewässern, Autos, Zäunen, Geländern oder Ähnlichem.
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Schirme ziehen Blitze an?
Dass Regenschirme Blitze anziehen, ist nicht belegt. Allerdings erhöhst du auf freiem Gelände deine Position, wenn du den Schirm aufspannst und wirst dadurch leichter zum Ziel. Ausserdem ist erwiesen, dass der Blitz – wenn er in eine Person mit Regenschirm einschlägt – den Schirm als erstes erreicht und über Arm, Rumpf und Beine ins Herz fliesst. Das könnte Herzkammerflimmern zur Folge haben, so der VDE.
Schätze bei Gewittern also immer genau die Situation ab – egal, ob du Fahrrad fährst, duschen gehst oder den Schirm aufspannst. Wenn du vom Gewitter überrascht wirst und Unterschlupf suchst, kann es Sinn machen, den Schirm zurückzulassen.
Laptop, Fernseher und Co. bei Gewitter abstecken
Wenn der Blitz in der Nachbarschaft einschlägt, kann das oft schon zu schweren Schäden an sensiblen Geräten wie Laptops, Computern oder Fernsehern führen – solange diese über ein Kabel mit dem Stromnetz verbunden sind. Donnert und blitzt es in unmittelbarer Umgebung, solltest du die Geräte trotz Überspannungsschutz sicherheitshalber vom Stromnetz nehmen. Auch Router und Modems sind gefährdet.
Wichtig: Es reicht nicht, den Schalter an der Mehrfachsteckdose umzulegen. Du solltest das Gerät lieber ganz ausstecken.
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Mehr Blitzeinschläge in Deutschland?
Steigt die Zahl der Blitzeinschläge in Deutschland? Obwohl wir immer öfter von schlimmen Gewitterstürmen hören, deuten Zahlen eher auf das Gegenteil. Die Firma Siemens betreibt jährlich Messungen zur Zahl der Blitzschläge in Deutschland und verzeichnet seit 2007 eine eher rückläufige Tendenz: 2016 massen sie 431.644 Einschläge – die damals niedrigste Zahl seit 1999. 2019 waren es nur 329.000, 2022 242.000, 2023 wieder etwas mehr (316.000). Durch präzisere Unwetterwarnungen und die starke mediale Präsenz von Gewittermeldungen scheint die Zahl teils grösser.
Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass die Klimakrise die Wahrscheinlichkeit für beziehungsweise die Stärke von Gewittern beeinflusst. Dazu im nächsten Abschnitt mehr.
Nehmen Gewitter durch den Klimawandel in Deutschland zu?
Das ist noch nicht klar. Der DWD erklärt auf Anfrage gegenüber Utopia.de: "Durch die globale Erwärmung kann mehr Feuchtigkeit in der Atmosphäre gehalten werden. Dies führt dazu, dass mehr Energie für Konvektion und damit auch Gewitter- und Hagelereignisse zur Verfügung steht."

Eigene Auswertungen hätten ergeben, dass es mehr Tage mit starken Niederschlägen geben werde. Doch gesicherte Aussagen für Deutschland seien nicht möglich. Das habe verschiedene Gründe: Unter anderem sei die räumliche Auflösung der analysierten Klimaprojektionen zu grob. Das heisst: Die Modelle sind zu grob, um kleinräumige Phänomene wie Gewitter zuzuordnen.
Auch Hagel, der bei Gewittern auftreten kann, könnte durch den Klimawandel beeinflusst werden. Alexander Theis von der Johannes-Gutenberg-Universität erklärt gegenüber dem SWR, dass sich Wolken wegen der Erderwärmung höher am Himmel befänden. Zum einen könne der Hagel so länger schmelzen, ehe er auf die Erde trifft. Zum anderen könnten Gewitterzellen durch höhere Aufwinde stärker werden und Hagelkörner grösser.
Ursachen des Klimawandels: Diese Faktoren begünstigen die globale Erwärmung © UTOPIA