Warum bis zur Rente warten, um eine Auszeit zu nehmen? Immer mehr Berufstätige der Gen Z wollen sich mit einer Mikro-Rente vor Burnout schützen.

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Mit 30 in den Ruhestand? Für viele Berufstätige der älteren Generationen undenkbar. Doch immer mehr Angehörige der Gen Z und einige Millennials machen jetzt genau das: Bereits in jungen Jahren eine längere Auszeit vom Beruf nehmen, um sich vor einem Burnout zu schützen. Die Devise dabei: Nicht bis zur Rente warten, um das Leben zu geniessen und endlich einmal alle Pläne und Hobbys umsetzen – ohne ständigen Arbeitsstress.

Mikro-Rente zu Beginn des Arbeitslebens

Mikro-Rente oder Micro-Retirement ist ein Trend innerhalb der Generation Z (Jahrgänge 1997-2006), über den zum Beispiel der Focus berichtet. Dabei geht es darum, bereits recht früh in der beruflichen Karriere eine unbezahlte Auszeit von mehreren Wochen oder Monaten zu nehmen. Der Begriff kam bereits 2007 in dem Buch "The Four-Hour Workweek" von Timothy Ferriss das erste Mal auf, erlangt jedoch aktuell durch Social Media erst richtige Popularität.

Dass Arbeitgeber:innen bei einer mehrmonatigen Pause der Mitarbeitenden oft nicht mitspielen wollen, spielt für die Verfechter:innen dieses Trends oft keine Rolle: Wird die Auszeit nicht genehmigt, kündigen sie einfach. Das Risiko, danach eventuell schlechter einen Job zu finden oder weniger Geld zu bekommen, nehmen viele dabei gern in Kauf.

Die Mikro-Rente ähnelt im Grundgedanken dem sogenannten Sabbatical. Bei letzterem handelt es sich jedoch im Unterschied zur Mikro-Rente um eine bezahlte Auszeit, die mit dem Arbeitgeber abgesprochen oder sogar von diesem angeboten wird.

Warum also gehen Menschen das grosse Risiko der Mikro-Rente überhaupt ein?

Warum junge Menschen in Mikro-Rente gehen

"Das Leben geniessen, solange man noch jung, energiegeladen und gesund ist": Das ist der Gedanke hinter der Mikro-Rente. Anstatt bis zum üblichen Rentenalter zu warten, wollen viele junge Menschen ihre Pause vom Berufsleben lieber dann nehmen, wenn sie diese noch in vollen Zügen geniessen können. Dass man damit eventuell auf Aufstiegschancen oder eine steile Karriere verzichtet und die Auszeit komplett unbezahlt ist, nehmen die Betreffenden dabei gern in Kauf. Denn für 76 Prozent der jungen arbeitenden Generation steht eine gute Work-Life-Balance über einer guten Bezahlung oder Karriereoptionen.

Burnout-Symptome: Diese Anzeichen solltest du ernst nehmen

Über Jahre hinweg den ganzen Tag zu arbeiten, nach Feierabend keine Energie mehr für andere Dinge zu haben und das kurze Wochenende mit unerledigten Haushaltsaufgaben zu füllen – wo bleibt da die Lebensqualität? Junge Menschen starten oft motiviert ins Berufsleben, nur um sich nach wenigen Jahren von dieser oft ernüchternden Realität im Job erdrückt, ausgebrannt und eingeengt zu fühlen und nach Auswegen zu suchen. Dem Hamsterrad der traditionellen Arbeitswelt zu entfliehen und Burnout zu vermeiden ist laut Forbes Magazine eines der Ziele vieler Mikro-Rentner:innen.

Wie funktioniert Micro-Retirement?

Eine Mikro-Rente umfasst in der Regel eine Auszeit über mehrere Monate oder sogar ein ganzes Jahr. Dass dabei nicht alle Arbeitgeber mitspielen, ist kein Wunder: Im Unterschied zum bezahlten Urlaub oder Sabbatical läuft eine Mikro-Rente komplett unbezahlt ab und nicht selten kündigen Mikro-Rentner:innen ihren Job, um die längerfristige Pause antreten zu können. Doch was macht man eigentlich während einer Mikro-Rente? Das unterscheidet sich je nach Person. Während einige die Zeit zum Entspannen nutzen, wollen andere persönliche Projekte umsetzen oder sich ausserhalb ihres eigentlichen Berufsfelds weiterbilden.

Eine Auswahl beliebter Beschäftigungen während der Mikro-Rente:

  • sich vorwiegend auf Entspannung konzentrieren
  • sich um die eigene mentale Gesundheit kümmern
  • die Welt bereisen
  • persönliche Projekte umsetzen
  • Hobbys nachgehen

Finanziert wird das Micro-Retirement meist durch Ersparnisse oder Nebenjobs während der Auszeit. Viele Mikro-Rentner:innen verdienen sich beispielsweise als Freelancer:innen oder Influencer:innen etwas dazu, indem sie ihre Erfahrungen persönlich oder online mit anderen teilen.

Was bringt die Mikro-Rente?

Verfechter:innen der Mikro-Rente berichten überwiegend von positiven Auswirkungen auf ihre mentale Gesundheit und ihre Erfahrungswerte. Mikro-Rentner:innen erleben oft eine gesteigerte Lebensqualität durch die Auszeit.

Es habe nur wenige Male in ihrem Leben gegeben, in denen sie sich so gut gefühlt habe, berichtet eine Befürworterin des Trends gegenüber dem Focus von ihrer Erfahrung mit der Mikro-Rente. "Ich hatte mehr Zeit für Sport. Ich habe mich besser ernährt, habe besser geschlafen. Es war einfach wie ein kompletter Neustart", so ein weiterer Erfahrungsbericht im Onlinemagazin der New York Times. Forbes Magazine nennt zudem weitere Vorteile, die eine längere Auszeit von der Arbeit mit sich bringen kann und die dir auch danach noch hilfreich sein können:

  • Durch Verbesserung des mentalen Wohlbefindens verringert sich dein Risiko für Burnout.
  • Während deiner Auszeit kannst du dich persönlich weiterentwickeln, was für dein ganzes weiteres Leben bedeutsam sein kann. Eventuell hast du durch neu erlernte oder vertiefte Fähigkeiten nach deiner Mikro-Rente sogar bessere Jobchancen.
  • Wenn ein:e Arbeitgeber:in die Mikro-Rente genehmigt, stärkt das massgeblich die Loyalität der Mikro-Rentner:innen zum Unternehmen.

Apropos Neustart: Viele nutzen die teils unvermeidbare Kündigung ihres alten Jobs vor der Mikro-Rente auch gleich als Gelegenheit, sich beruflich umzuorientieren. Einige Mikro-Rentner:innen erlernen zum Beispiel während ihrer Auszeit Fertigkeiten, die sie danach nutzen können, um andere Jobs auszuüben als vor ihrem Micro-Retirement. Oder sie verwenden die Zeit wird einfach dazu, stressfrei zu überlegen, was sie wirklich beruflich machen möchten. Eine Mikro-Rente muss also nicht zwangsläufig Probleme für die Karriere bedeuten – obwohl das Risiko dafür durchaus besteht.

Und wie geht’s nach der Auszeit weiter?

Die Rückkehr in die Arbeitswelt kann für Mikro-Rentner:innen eine potenzielle Schwierigkeit sein. Dabei kommt es aber auch darauf an, in welcher Branche sie tätig sind. Im kreativen Sektor seien längere Auszeiten weniger ein Problem als beispielsweise in der Finanz- oder Rechtebranche, schreibt etwa der Focus.

Wer ein Micro-Retirement einlegt, sollte sich auf jeden Fall darauf einstellen, sich danach um einen neuen Job kümmern zu müssen. Denn eine Rückkehr zum vorherigen Arbeitgeber ist oft schwierig, wenn du zuvor gekündigt hast oder gekündigt wurdest, um einige Monate zu pausieren.

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Das kann eine Herausforderung, aber zeitgleich auch eine Chance auf einen Neustart sein. Einige Mikro-Rentner:innen berichten zum Beispiel auch, dass es ihnen nach ihrer Auszeit gar nicht so schwergefallen sei, einen neuen Job zu finden. Denn die Pause und die damit verbundenen Erfahrungen hätten sie Flexibilität gelehrt – was natürlich auch bei der Jobsuche hilfreich ist.

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