Der Anteil versiegelter Flächen ist in Städten sehr hoch – zum Nachteil des (Stadt-)Klimas und der Artenvielfalt. Eine Aktion der Stadt Hamburg soll jetzt Bürger:innen zum Entsiegeln motivieren.

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Versiegelte Flächen wie gepflasterte oder asphaltierte Wege, Strassen und Plätze sind im Stadtgebiet eher der Regelfall als die Ausnahme. Besonders in Innenstädten, wo sich der Stadtverkehr verdichtet, ist der Boden meist weitgehend versiegelt. Das erleichtert es Einwohner:innen zwar, die Infrastruktur zu nutzen und im Alltag von A nach B zu kommen, bringt aber auch verschiedene Probleme mit sich.

Das hat zum Beispiel die Stadt Hamburg erkannt. Dort hat die lokale Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) einen Wettbewerb ins Leben gerufen, an dem sich alle Bürger:innen beteiligen können. Ziel dabei ist es, versiegelte, aber ungenutzte Flächen wieder zu entsiegeln und zu begrünen.

Versiegelte Flächen haben ihre Nachteile

Die breitflächige Versiegelung des Bodens hat negative Auswirkungen auf mehrere Bereiche:

  • Überflutungsgefahr: Auf versiegeltem Boden kann Wasser nicht einfach versickern, sondern sammelt sich an. Gerade bei Starkregen und anderen Starkwetterereignissen, wie sie in den letzten Jahren immer häufiger auftreten, kann das schnell gefährlich werden. Grosse Regenmengen in kurzer Zeit können das Abwassersystem von Städten überfordern. Das angestaute Wasser führt dann in der Folge zu Überflutungen.
  • Wärmeinseln: Versiegelte Flächen aus Beton, Asphalt oder anderen Materialien speichern ausserdem Wärme. Das sorgt vor allem im Sommer dafür, dass sich in Städten Wärmeinseln bilden und zu einem heisseren Stadtklima beitragen. Gerade in Hinblick auf die globale Erwärmung und die immer heisser werdenden Sommer kann das für Stadtbewohner:innen nicht nur unangenehm, sondern auch gesundheitsgefährdend sein. Besonders für ältere Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen, Säuglinge, Kleinkinder und Schwangere stellt die grosse Hitzebelastung als Folge des Klimawandels eine Gefahr dar, so das Robert-Koch-Institut.
  • Auswirkungen auf die Artenvielfalt: Auf versiegelten Flächen wachsen keine Pflanzen. Auch der Begrünungsmangel verschärft die Hitzeprobleme im Sommer, denn begrünte Flächen können zur Hitzeprävention beitragen. Das ist aber nicht das einzige Problem: Für Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten stellt die mangelnde Pflanzenvielfalt ein Nahrungsproblem dar. Laut Deutschlandfunk gibt es in Stadtgebieten rund 42 Prozent weniger Insekten als in naturbelassenen Regionen und die Versiegelung von Flächen ist ein erheblicher Faktor des Insektensterbens.

"Abpflastern": Entsiegelungswettbewerb in Hamburg

Als Reaktion auf diese weitreichenden Probleme hat die Stadt Hamburg zum "Abpflastern” aufgerufen. Ziel dieser Aktion ist es, versiegelte und ungenutzte Flächen auf Privat- oder Unternehmensgeländen zu entsiegeln und der Natur zurückzugeben. Die entsiegelten Flächen lassen sich dann möglichst naturnah bepflanzen, die Qualität des Bodens kann erhöht und die Wasserdurchlässigkeit verbessert werden.

Das "Abpflastern” ist als freundschaftlicher Wettbewerb gestaltet. Dabei gibt es drei verschiedene Kategorien, in denen sich jeweils ganze Stadtbezirke, einzelne Stadtteile und Privatpersonen beziehungsweise Einzelunternehmen beteiligen können. Stichtag ist der 31. Oktober 2025.

  • Der Hamburger Bezirk, der bis zum Stichtag die meisten Flächen entsiegeln kann, wird mit dem "Goldenen Spaten” als erstem Preis geehrt.
  • Der Stadtteil mit den meisten entsiegelten Flächen erhält die "Goldene Giesskanne".
  • Die Privatperson und das Unternehmen, die die grösste Fläche entsiegeln können, werden jeweils mit der "Goldenen Harke” ausgezeichnet.

Wer als Privatperson oder Unternehmen teilnehmen möchte, kann sich auf der Wettbewerbsplattform anmelden und dort nach getaner Arbeit die entsiegelten Flächen eintragen. Auf der Plattform können Interessierte auch öffentliche Orte und Flächen zur Entsiegelung vorschlagen.

Das Wettbewerbsportal ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem City Science Lab der HafenCity-Universität Hamburg, dem Verein Code4HH und der Initiative Lokalkraft. Hintergrund ist ein Forschungsprojekt zur Bürgerbeteiligung an der Stadtentwicklung mithilfe digitaler Möglichkeiten.

Förderung für private Entsiegelungsprojekte

Hamburger:innen, die versiegelte Flächen auf ihrem Privat- oder Firmengrundstück renaturieren möchten, haben dabei Anspruch auf Förderung durch das RISA-Förderprogramm.

  • Einen entsprechenden Förderantrag können Eigentümer:innen und Erbbauberechtigte von Wohn- und Nichtwohngebäuden in Hamburg stellen.
  • Gefördert werden Projekte, bei denen versiegelte Bodenfläche aufgebrochen werden soll, um zu einem "durchlässigen, versickerungsfähigen Bodenaufbau” beizutragen.
  • Der Förderzuschuss kann je nach Projekt zwischen 30 und 50 Prozent der Ausgaben betragen. Die maximale Höhe liegt bei 25.000 Euro.

Wer plant, ein Entsiegelungsprojekt in Angriff zu nehmen, kann den Förderantrag über das Antragsportal der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB) stellen.

Entsiegelungsaktionen liegen im Trend

Beim "Abpflastern”-Wettbewerb handelt es sich zwar um eine Hamburger Spezialität, aber keineswegs um die einzige Aktion ihrer Art. Ein Vorbild ist in dieser Hinsicht zum Beispiel auch das Tegelwippen, das aus den Niederlanden stammt, teilweise aber auch andernorts umgesetzt wird.

Beim Tegelwippen (zu Deutsch "Fliesenlösen) handelt es sich um einen Wettbewerb zwischen zwei Städten – ursprünglich Amsterdam und Rotterdam – die sich darum messen, wer mehr gepflasterte Flächen durch Grünflächen oder Gemüsebeete ersetzen kann. In Deutschland gibt es ein Pilotprojekt in Koblenz.

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Übrigens: Auch ausserhalb solcher Wettbewerbe kannst du in verschiedenen Bundesländern und Gemeinden Fördergeld beantragen, wenn du ein Entsiegelungs- oder Begrünungsprojekt planst – so etwa in Bremen oder in München.   © UTOPIA