Christoph Simons Krimi-Debüt "Die geschenkte Leiche" stellt sich als beste Unterhaltung heraus. Der zwielichtige Protagonist Gertsch trägt viel dazu bei, genauso wie der feine Humor des Autors.

Eine Leiche in einem Berner Parkhaus, eine im Dunkeln tappende Polizei und ein selbst ernannter Ermittler: Im ersten Band der neuen Krimireihe von Christoph Simon, "Die geschenkte Leiche", geht es rund.

Das ist vor allem dem Protagonisten zu verdanken: Eine Kostprobe? Bitte: "Gertsch checkte mit einem raschen Rundblick den Innenraum der Kirche - Mittelschiff, Seitenschiffe, Chor. Er merkte sich die Fluchtwege: die Pforten beim Chor, das Portal im nördlichen Seitenschiff. Dann taxierte er wie automatisch die Anwesenden und ihre mitgeführten Wertgegenstände: Uhren, Schmuck, Handys, Brillengestelle."

Es ist eine alte Gewohnheit von Trödelhändler Paul Gertsch, der in seinem Laden in Bern nicht nur Bargeld für Gebrauchtwaren entgegennimmt, sondern gelegentlich auch für Dienste anderer Art. Etwa für kleine Einbrüche, krumme Sächelchen.

Versehentlich zum Detektiv

Zu Beginn des ersten Bandes einer hoffentlich lang andauernden "Gertsch-Reihe" räumt dieser mit seiner Tochter Alina ein gut überwachtes Luxuschalet in Gstaad aus. Es ist die Art Familienausflug, die sie beide, Vater und Tochter, sehr schätzen. Doch dann taucht im Kofferraum von Gertschs BMW eine Leiche auf, der nun ein Problem hat. Es ist nicht unbedingt die Leiche, die ihn ins Schwitzen bringt, aber das Theater, das losgeht, als die Polizei den Toten findet, den Gertsch kurzerhand vor dem Spital entsorgt hat. Er muss handeln - und wird quasi versehentlich zum Detektiv.

Diese flotte Geschichte von Christoph Simon, Autor und Kabarettist und unter anderem Gewinner des Salzburger Stiers (2018), ist eine wunderbare Mischung aus Komödie und Krimi. Oder vielleicht ist es umgekehrt: ein Krimi, durchzogen mit feinem, nie billigem Humor. Und viel, viel Lokalkolorit. Man muss nicht in Bern wohnen, um die Schauplätze zu kennen oder sie sich zumindest gut vorstellen zu können, was Simons präziser Beschreibungen geschuldet ist.

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Der Autor verzichtet aber verdankenswerterweise auf berndeutsche Ausdrücke und Klischees, die der Stadt anhaften. Das Stück ist ein wunderbarer Pageturner, clever, vielleicht etwas vorhersehbar, aber extrem unterhaltsam. Und Protagonist Gertsch, der nicht nur im Berner Münster seine Umgebung "abcheckt", schleicht sich mir nichts dir nichts ins lesende Herz.*

*Dieser Text von Nina Kobelt, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.  © Keystone-SDA