Binnen Minuten verwandelte sich der Himmel über dem Jura in ein bedrohliches Szenario. Orkanböen rissen Bäume um, beschädigten Dächer und legten den Verkehr lahm. Besonders dramatisch: Ein Mann wurde schwer verletzt, ein Festival evakuiert.

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Heftige Gewitter sind am Sonntagnachmittag von Westen her über den Jura gezogen. Heftige Böen trafen den Jurasüdfuss und namentlich die Region Biel. In Nidau BE wurde ein Mann schwer verletzt

Der Mann sei von einem herunterstürzenden Ast getroffen worden, teilte die Kantonspolizei Bern am Abend mit. Ein Ambulanzteam habe dem Verletzten erste Hilfe geleistet, bevor ihn die Rega ins Spital geflogen habe. Die Meldung zu dem Vorfall sei um 15.20 Uhr bei der Einsatzzentrale eingegangen.

Zwischen 15.00 Uhr und 18.15 seien wegen des Unwetters am Jurasüdfuss und im Berner Seeland rund 150 Meldungen bei der Notrufzentrale eingegangen, hiess es im Communiqué weiter. Bei den meisten sei es um umgestürzte Bäume, Äste und andere Gegenstände gegangen, die Strassen blockiert hätten.

Weiter wurden demnach Dachziegel von Dächern geweht, vereinzelt gab es auch Meldungen zu losgerissenen, gekenterten und gesunkenen Booten.

Fahrleitung heruntergerissen

Beeinträchtigt war unter anderem der Busverkehr in Biel, da ein Baum auf eine Fahrleitung der Bieler Verkehrsbetriebe stürzte, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vor Ort feststellte. Auf ihrer Website meldeten die Verkehrsbetriebe, das Fahrleitungsnetz sei ausser Betrieb.

In Biels Nachbarort Nidau war zudem die Hauptstrasse gesperrt. Dort landeten Teile eines vom Wind abgerissenen Dachs auf einer Bus-Fahrleitung.

Schäden gab es etwa auch auf dem Bieler Strandboden, wo ein umstürzender Baum die in der Region bekannte Bleistift-Skulptur beim Gymnasium zu Boden riss.

Festival abgebrochen

Folgen hatte das Unwetter auch in Neuenburg: Dort musste das Gelände des Festivals Festi'neuch um 14.45 Uhr evakuiert werden. Die Organisatoren brachen das Festival in der Folge vorzeitig ab. Der Sonntag wäre der letzte Festivaltag gewesen.

Auf dem Festivalgelände sei niemand schwer verletzt worden, teilten sie Organisatoren am frühen Abend mit. "Wir sind schockiert und erschüttert, aber auch zufrieden, dass unsere Abläufe funktioniert haben. Alle Personen konnten rechtzeitig evakuiert werden. Wir haben ein Wetterphänomen von extremer Gewalt erlebt", sagte Festivaldirektor Antonin Rousseau.

Absperrungen, Stände und eine Kantine flogen wegen des Gewitters durch die Luft. Bäume knickten um und die Tonregie wurde beschädigt. Die Struktur des Hauptzelts wurde beschädigt.

Für Sonntag wurden am Festival rund 14'500 Personen erwartet, wobei die meisten von ihnen zum Zeitpunkt der Evakuierung noch nicht eingetroffen waren.

Auswirkungen auf Flughafen

Am Flughafen Zürich gab es wegen Blitzschlaggefahr einen rund 25-minütigen Abfertigungsstopp, wie ein Sprecher auf Anfrage sagte. Vier Linienflüge hätten nach Stuttgart ausweichen müssen, hätten aber später nach Zürich weiterfliegen können. Zudem kam es laut dem Sprecher zu Verspätungen und Annulationen von Flügen.

In Neuenburg wurden laut Wetterdiensten Orkanböen bis 140 km/h, in Grenchen SO eine Orkanböe mit einer Geschwindigkeit von 127 km/h gemessen.

Unwetterwarnung des Bundes

Der Bund hatte praktisch für die gesamte Alpennordseite eine Gewitterwarnung erlassen. Für den Jurabogen und Teile der Nordwestschweiz stufte er die Gefahr von Hagel und Sturmböen als erheblich ein, wie der Website naturgefahren.ch zu entnehmen war. Tatsächlich gab es Unwetterschäden auch in den Regionen Solothurn und im Aargau, wie Leserbilder auf den News-Portalen "blick.ch" und "20 Minuten" zeigten.

Auch für Teile des Berner Oberlands und der Zentralschweiz hatten die Behörden vor erheblicher Gefahr durch Gewitter mit Starkregen gewarnt. (SDA/bearbeitet von amb)