Die Schweizer Zollbehörden können künftig gefälschte Produkte einfacher vernichten. Der Bundesrat hat am Mittwoch ein entsprechendes, vom Parlament verabschiedetes Gesetz per 1. Juli in Kraft gesetzt.
Wegen des zunehmenden Onlinehandels werden an den Grenzen immer mehr gefälschte Produkte sichergestellt - beispielsweise Markenkleidung, Handtaschen, Schuhe und Luxusuhren. Das Parlament hatte im Dezember Vorschläge des Bundesrats gutgeheissen, die das Vernichten solcher Piraterieprodukte erleichtern.
Über neunzig Prozent der verdächtigen Waren werden heute in Kleinsendungen mit höchstens drei Gegenständen gefunden. Kleinsendungen sind Pakete mit einem Gewicht von maximal fünf Kilogramm.
Vernichtet werden können gefälschte Waren heute nur mit grossem Aufwand, obwohl es sich um Bagatellfälle handelt. Dieser Aufwand stellt sich in den meisten Fällen als unnötig heraus, weil sich die Besteller und Bestellerinnen der Waren der Vernichtung nicht widersetzen.
Weniger Bürokratie
Im vereinfachten Verfahren wird künftig zunächst nur jene Person über den Aufgriff an der Grenze informiert, die die Ware bestellt hat. Ist diese einverstanden, wird die Fälschung vernichtet. Nur wenn sie die Vernichtung ablehnt, wird der Rechteinhaber - also das von der Fälschung betroffene Unternehmen - informiert, damit er weitere Schritte einleiten kann.
Um das Risiko eines Schadens zu vermeiden, falls sich eine Vernichtung im Nachhinein als ungerechtfertigt erweist, findet eine Vernichtung frühestens drei Monate nach der Mitteilung über die zurückbehaltene Ware statt. Die Einfuhr von Waren, die das Immaterialgüterrecht verletzen, bleibt straffrei.
Das mittlerweile an seine Kapazitätsgrenzen gelangte Bundesamt für Zoll und Grenzschutz (BAZG) werde vom vereinfachten Verfahren profitieren, sagte die damalige Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider im Parlament. Es könne Verfahrensschritte sparen und damit den administrativen Aufwand reduzieren. Die Rechteinhaber können aber auch wie bisher das bisherige Verfahren wählen.
Schweiz überdurchschnittlich betroffen
Für das vereinfachte und auch das ordentliche Verfahren ist neu das Institut für geistiges Eigentum (IGE) zuständig. Das BAZG stellt die zurückbehaltenen Fälschungen dem IGE zu, welches anschliessend das weitere Verfahren bis zur Vernichtung der Waren in die Wege leitet. Das IGE hat zu diesem Zweck ein Logistikunternehmen beauftragt.
Die Schweizer Wirtschaft ist nach Angaben des Bundesrats überdurchschnittlich betroffen von Produktepiraterie: Weltweit stünden Schweizer Rechteinhaber an vierter Stelle der Unternehmen, deren Immaterialgüterrechte durch Nachahmungen verletzt werden.
Verletzungen von Marken-, Patent-, Design- oder Urheberrechten verursachen laut dem Bundesrat erhebliche Schäden. Diese können von Gewinneinbussen über Ausfälle von Steuern und Sozialabgaben beim Staat bis hin zu Gesundheitsrisiken für Konsumentinnen und Konsumenten reichen. © Keystone-SDA