Vier sehr unterschiedliche Bücher zum Thema Frauenfussball sind anlässlich der Europameisterschaft erschienen. Mit dabei zwei Neuerscheinungen von Nationalspielerinnen, die je auf ihre Weise ein Vorbild für die nächste Generation sein möchten.

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In den 1920er Jahren schlug er zaghaft erste Wurzeln, der Frauenfussball in der Schweiz. Es war ein langer Weg bis heute, wo die Europameisterschaft der Frauen dem Sport hierzulande einen Popularitätsschub verpassen soll. Marianne Meier und Monika Hofmann zeichnen in ihrem Buch "Das Recht zu kicken" den zuweilen steinigen Weg des Frauenfussballs in der Schweiz nach und legen damit erstmals ein historisches Standardwerk vor.

Wer lieber nach vorne schaut als zurück, ist mit Marco Kellers "Fussball EURO 2025 Schweiz" gut bedient. Das Vorschaubuch enthält zahlreiche Interviews und Porträts von aktuellen Leaderfiguren des Nationalteams.

Die Nationalspielerinnen Lia Wälti und Coumba Sow haben sich beide entscheiden, ihre eigene Geschichte zwischen zwei Buchdeckel zu verpacken. Während Wälti gemeinsam mit ihrer Schwester das Kinderbuch "Lia am Ball" geschrieben hat, mit dem sie Mädchen ermutigen und ihnen ein weibliches Fussballvorbild sein will, das sie selbst nicht hatte, hat sich Sow für die Form der Graphic Novel entschieden. In Zusammenarbeit mit der Genfer Autorin und Musikerin Licia Chery und dem haitianischen Illustrator Chevelin Pierre erzählt "Coumba Sow - ein Weg aus Liebe zum Fussball" von Sows steinigem Weg zur Profifussballerin. Ein Mutmacherbuch für alle, die einen Traum verfolgen und dabei immer wieder mit Rückschlägen und Diskriminierung zu kämpfen haben.

MARCO KELLER: "FUSSBALL EURO 2025 SCHWEIZ": Was denkt Männer-Nationaltrainer Murat Yakin über den Frauenfussball und was bewundert er an der Schweizer Nationaltrainerin Pia Sundhage? Wieso hat Riana, die Tochter von Trainerlegende Urs Fischer, trotz grossem Talent nie für die Landesauswahl gespielt? Welche Tricks musste Madeleine Boll damals anwenden, damit sie überhaupt als erste Frau in der Schweiz offiziell Fussball spielen durfte und was macht der langjährige Schweizer Nationalspieler Johan Djourou im Staff des Nationalteams? Das sind nur einige der Fragen, die im umfassenden Vorschaubuch von Marco Keller zur Women’s Euro beantwortet werden. Das Werk deckt auf 144 Seiten zahlreiche Facetten des Frauenfussballs in der Schweiz ab. Es gibt Porträts von Leaderfiguren des Nationalteams, von Protagonistinnen und natürlich auch von Turnierdirektorin Doris Keller. Alle anderen 15 Teams werden ebenfalls vorgestellt. In einem Gastbeitrag wird beleuchtet, wie der Schweizerische Fussballverband (SFV) dafür sorgen will, dass die Euphorie nach Turnierende nicht verpufft, und Nationalrätin Aline Trede sagt, was sie politisch verändern möchte. Komplettiert wird das Werk durch ein XXL-Poster.

Marco Keller: "Fussball-Euro 2025 Schweiz". Helvetia Verlag, Bern 2025, 144 Seiten. Set mit diversen Artikeln 34.90 Franken (UVP).

MARIANNE MEIER UND MONIKA HOFMANN: "DAS RECHT ZU KICKEN": Wie in vielen Ländern waren Frauen, die Fussball spielen, auch in der Schweiz lange eine Seltenheit, beziehungsweise sogar etwas Verbotenes. Entsprechend anspruchsvoll ist es, die Geschichte des Frauenfussballs in der Schweiz nachzuzeichnen. Marianne Meier und Monika Hofmann gelingt aber genau das. Die beiden Forscherinnen am Interdisziplinären Zentrum für Geschlechterforschung der Universität Bern beleuchten den Frauenfussball von den leisen Anfängen in den 1920er Jahren über die Institutionalisierung mit der Gründung von Klubs und Ligen bis zur nun im Zug der Europameisterschaft in der Schweiz gewachsenen Popularität, die ein nachhaltiges Wachstum ermöglichen soll. Meier, die schon vor über 20 Jahren zur Geschichte des Schweizer Frauenfussballs publizierte, verbrachte viel Zeit in Archiven. Sie hat eine eindrückliche Sammlung an Quellen zusammengetragen und so die Entwicklung des Sports rekonstruiert. Entstanden ist das historische Standardwerk, das lange gefehlt hat. Die Autorinnen richten ihren Blick jedoch nicht nur auf Historisches, sondern stellen in Interviews und Porträts zahlreiche Frauen vor, die den Frauenfussball geprägt haben. Pionierinnen wie Madleine Boll und Margrit Näf finden ebenso ihren Platz wie die Schweizer Nationaltrainerin Pia Sundhage und Rekordnationalspielerin und -torschützin Ana-Maria Crnogorcevic. Im zum Buch gehörigen Podcast "Fussballpionierinnen" lassen Meier und Hofmann die Frauen selbst zu Wort kommen.

Marianne Meier und Monika Hofmann: "Das Recht zu kicken. Die Geschichte des Schweizer Frauenfussballs". Hier und Jetzt Verlag, Zürich 2025, 336 Seiten. Gebunden 39.00Franken (UVP).

LIA UND MERET WÄLTI: "LIA AM BALL": Lia Wälti ist eine der erfolgreichsten Schweizer Fussballerinnen und als Captain des Nationalteams eine zentrale Figur im Team von Nationaltrainerin Pia Sundhage. Die Mittelfeldspielerin, die bei Arsenal in London unter Vertrag steht, gehört aber zu den Fussballerinnen, deren Horizont weit über den grünen Rasen hinausgeht. Mit dem Kinderbuch hat sich die Emmentalerin zusammen mit ihrer Schwester Meret einen lang gehegten Traum erfüllt. Illustriert von der Jurassierin Mireille Lachausse erzählen die Wälti-Schwestern Lias Weg, der im Emmentaler Städtchen Langnau begann und in die grosse Fussballwelt führte. Sie zeigen dabei, mit welchen Herausforderungen ein junges Mädchen konfrontiert sein kann, wenn es Fussballerin sein möchte. Lia Wälti will mit diesem Buch einen Beitrag dazu leisten, dass der Weg zur Fussballerin einfacher wird - schon nur dadurch, dass Mädchen, die heute Fussball spielen, weibliche Vorbilder haben, denen sie nacheifern können. Lia Wälti selber war in ihrer Kindheit ein grosser Fan von Zinedine Zidane, weibliche Idole fehlten. "Für alle, die mutig sind" steht im Umschlag des Buches, ehe erzählt wird, wie Lia und Meret zuhause Penaltyschiessen. Und wie Lia erstmals bei den Jungs in einem Team mitspielen durfte und der Trainer dann beeindruckt feststellte, dass Lia besser war als einige ihrer Teamkollegen. Für Lia Wälti hat sich der Mut ausbezahlt. Nun will sie ihn weitergeben an alle Mädchen, die auch "am Ball" sein möchten.

Lia und Meret Wälti: "Lia am Ball. Das Fussballmärchen ihres Lebens". Illustriert von Mireille Lachausse. Ab 8 Jahren. Genossenschaft Kaleio, Basel 2025, 64 Seiten. Gebunden 26.90 Franken (UVP).

COUMBA SOW / LICIA CHERY / CHEVELIN PIERRE: "COUMBA SOW – EIN WEG AUS LIEBE ZUM FUSSBALL": Coumba Sow gehört seit Jahren zum Gerüst des Nationalteams. Der Weg der 30-jährigen Zürcherin zur Fussballerin verlief aber keineswegs gradlinig. Als Tochter einer Niederländerin und eines Senegalesen hatte sie immer wieder mit Rassismus und Ausgrenzung zu kämpfen. Und als sie ihre Leidenschaft für den Fussball entdeckte und in Zürich-Oerlikon stundenlang mit Freunden auf der Strasse kickte, merkte sie schnell, dass sie als Mädchen anders ist. Sow schnitt ihre Haare ganz kurz, damit nicht auf den ersten Blick auffallen würde, dass sie kein Junge war. Mit 13 Jahren durfte sie schliesslich dem SV Höngg beitreten. Heute ist die Mittelfeldspielerin Captain des FC Basel und 55-fache Nationalspielerin. Und: Sie hat in ihren jungen Jahren wohl mehr erlebt als viele in einem ganzen Leben. Ihre autobiographische Graphic Novel hat Sow zusammen mit der Genfer Autorin und Musikerin Licia Chery und dem haitianischen Illustrator Chevelin Pierre geschaffen. Stundenlang erzählte Sow der Autorin aus ihrem Leben: auf Diskriminierung in der Schule konnte die junge Coumba nur mit Faustschlägen reagieren, weil ihr die Worte fehlten, um zu beschreiben, was mit ihr passiert; von ihrer Zeit als Fussballerin am College in Oklahoma in den USA; und von ihrer älteren Schwester Nayah, die den Kampf gegen den Krebs verlor. Chery hat Sows Erzählungen zu einer Geschichte verwoben, die mit den kraftvollen Bildern Pierres lebendig wird. Sow weiss, dass sie als wortgewandte Fussballerin mittlerweile eine Plattform hat, die sie dazu nutzen möchte, ein Vorbild zu sein für Kinder, die Diskriminierungserfahrungen machen. Denn Coumba Sow kam in ihrem Leben mehrmals in Situationen, in denen sie ans Aufgeben dachte. Doch nun hat sie ihren Weg gemacht, "aus Liebe zum Fussball".

Coumba Sow / Licia Chery / Chevelin Pierre: "Coumba Sow: Ein Weg aus Liebe zum Fussball". Graphic Novel. Les Éditions Visibles, Genf 2025. 52 Seiten. Taschenbuch 30.00 Franken (UVP)*

*Dieses Listicle von Maria Künzli und Simon Scheidegger, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.  © Keystone-SDA