Elon Musk will Netflix canceln. Die Aktie steckt im Korrekturmodus und nähert sich einer Schlüsselmarke. Ist das die Chance für Trader – und wohin sollten Value-Investoren schauen?
Es ist kein Geheimnis, dass
Musk vs. Netflix: Boykott-Aufruf sorgt für Wirbel
Elon Musk hat Netflix scharf ins Visier genommen. In seinen Posts wirft er dem Unternehmen vor, mit einer "woken Agenda" die Gesellschaft zu polarisieren. Besonders kritisiert er Inhalte, die sich mit Transgender-Themen für Kinder befassen. Zudem behauptet er, Netflix diskriminiere weisse Menschen und fördere einseitig die Demokraten. Musk kündigte sein Abo und ruft öffentlichkeitswirksam zum Boykott auf – unter anderem mit dem Slogan "Cancel Netflix for the health of your kids".
"Muskflix" – nur ein Gedankenspiel oder mehr?
Bei Musk bleibt es selten bei blosser Kritik. Rein theoretisch liesse sich sogar vorstellen, dass er selbst in den Streaming-Markt einsteigt. In diesem Zusammenhang drängt sich als Gedankenspiel das Schlagwort "Muskflix" auf. Ein solcher Dienst – egal ob "Muskflix", "X-flix" oder ein anderer Name – könnte sich mit seiner Plattform X verknüpfen lassen und damit eine neuartige Verbindung von Social Media und Streaming schaffen.
Noch handelt es sich dabei um reine Spekulation, doch wer den Tesla- und SpaceX-Chef kennt, weiss: Überraschungen sind ihm durchaus zuzutrauen. Für Netflix wäre ein solcher Schritt ein zusätzlicher Druckfaktor in einem ohnehin hart umkämpften Markt.
Marktführer mit wachsender Konkurrenz
Doch auch ohne Musk hat Netflix genug Gegenwind. Das US-Unternehmen ist mit über 300 Millionen Abonnenten in über 190 Ländern der weltweit grösste Streaming-Anbieter. Blockbuster-Produktionen wie "Stranger Things" oder "The Crown" haben Netflix in den letzten Jahren Kultstatus verschafft. Auch in der Eigenproduktion von Filmen und Serien gilt der Konzern als Taktgeber der Branche.
Allerdings wächst die Konkurrenz rasant. Disney+, Amazon Prime Video, Apple TV+ oder Warner Bros. Discovery mit Max investieren Milliarden in neue Inhalte und wollen sich Marktanteile sichern. Während Netflix in vielen Ländern bereits nahezu gesättigt ist, versuchen Wettbewerber mit attraktiven Preismodellen und exklusiven Produktionen Netflix Abonnenten abzujagen.
Charttechnik: Aufwärtstrend in Gefahr?
Trotz des jüngsten Boykott-Aufrufs von Musk, der auch kleinere Spuren bei der Netflix-Aktie hinterlassen haben dürfte, ist die übergeordnete charttechnische Lage noch intakt. Seit Jahren bewegt sich der Kurs in einem stabilen Aufwärtstrend, der allerdings von wiederkehrenden grösseren Korrekturen begleitet wurde.
Rückblickend erwiesen sich diese Phasen häufig als gute Einstiegschancen. Nach dem Allzeithoch Ende Juni bei 1341,15 US-Dollar ist die Aktie erneut in eine Korrektur übergegangen. Das bisherige Korrekturtief von Anfang August bei 1144,71 US-Dollar markiert nun eine entscheidende charttechnische Marke. Zuletzt hat sich der Kurs diesem Niveau wieder stark angenähert. Ein Bruch nach unten wäre ein klares Warnsignal, da damit der langfristige Aufwärtstrend verletzt würde und weiteres Abwärtspotenzial entstehen könnte.
Fundamentale Bewertung der Netflix-Aktie: teuer trotz Wachstum
Mit einer Marktkapitalisierung von derzeit rund 520 Milliarden US-Dollar gehört Netflix zu den grossen Tech-Schwergewichten an der Wall Street. Doch ist dieser Börsenwert auch gerechtfertigt? Ein Blick auf die zentralen Kennzahlen liefert Hinweise. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt bei 47,6 und das Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV) bei 57,8. Beide Werte sind zwar deutlich unter den historischen Durchschnittswerten von 89,5 und 62, was auf eine relative Unterbewertung schliessen lässt.
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Absolut betrachtet erscheinen sie jedoch weiterhin hoch. Vor allem, wenn man die von Analysten erwarteten Wachstumsraten berücksichtigt: Für das laufende Jahr 28 Prozent, im kommenden Jahr 40 Prozent und 18 Prozent im übernächsten. Diese Dynamik ist zwar beeindruckend, reicht aber nicht aus, um die ambitionierte Bewertung langfristig zu rechtfertigen. Damit ergibt sich für die Netflix-Aktie derzeit ein ungünstiges Chance-Risiko-Verhältnis für längerfristige Value-Investoren.
Netflix ist kein Titel für Value-Investoren
Elon Musk hat mit seiner Kritik an der Programmgestaltung von Netflix zwar für Schlagzeilen gesorgt, doch die Kursentwicklung des Streaming-Giganten hängt letztlich weniger von Tweets oder Boykott-Aufrufen ab, sondern von Marktstellung, Wachstum und Bewertung. Genau hier liegt das Spannungsfeld: Netflix bleibt zwar Branchenprimus, kämpft aber mit zunehmendem Konkurrenzdruck und einer hohen Bewertung. Für langfristige Value-Anleger ergibt sich daraus derzeit kein attraktives Verhältnis von Kurs und Fundamentaldaten. Wer auf Substanz setzt, wird bei Netflix momentan nicht fündig.
FAQ: Was Anleger jetzt zur Netflix-Aktie wissen sollten
- Warum ruft Elon Musk zum Netflix-Boykott auf?
Musk kritisiert Inhalte, die er als "woke" bezeichnet, und wirft Netflix politische Einseitigkeit vor. - Hat der Boykott-Aufruf Einfluss auf die Netflix-Aktie?
Kurzfristig könnte er die Stimmung belasten. Langfristig sind Marktstellung, Wachstum und Bewertung entscheidender. - Wie steht Netflix im Vergleich zur Konkurrenz da?
Mit über 300 Millionen Abonnenten ist Netflix Marktführer, spürt aber den Druck von Disney+, Amazon und Co. - Ist die Netflix-Aktie aktuell ein Kauf?
Für Trader kann die Korrektur interessant sein. Value-Investoren finden derzeit kein attraktives Chance-Risiko-Verhältnis.
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