Am zweiten Prozesstag geht es darum, ob René Benko seine Gläubiger geschädigt hat. Danach kann es schnell gehen: Es könnte bereits ein erstes Urteil gegen Benko geben.
Im Prozess gegen den österreichischen Investor René Benko hat ein Insolvenzverwalter das Vermögen des 48-Jährigen auf dem sogenannten Masse-Konto auf 900.000 Euro beziffert. Die anerkannten Forderungen der Gläubiger lägen demgegenüber bei rund 45 Millionen Euro, sagte Insolvenzverwalter Andreas Grabenweger.
Im Mittelpunkt des Auftritts mehrerer Zeugen vor dem Landesgericht Innsbruck stand die Frage, ob Benko kurz vor der Insolvenz durch eine Mietkostenvorauszahlung von 360.000 Euro für ein Anwesen die Interessen der Gläubiger geschädigt hat. Benko bestreitet die Vorwürfe.
Der Ex-Milliardär habe lange Zeit gar nicht in dem Haus gewohnt, obwohl es in einem noblen Zustand gewesen sei, so Grabenweger. Die Verteidigung hatte am Vortag argumentiert, die Vorauszahlung sei erfolgt, weil der in die Negativ-Schlagzeilen geratene Investor einen Rückzugsraum für seine Familie schaffen wollte.
Ein Masse-Konto wird vom Insolvenzverwalter eingerichtet und dient zur Verwaltung der Insolvenzmasse und zur Abwicklung aller finanziellen Transaktionen während des Insolvenzverfahrens. Die Insolvenzmasse bezeichnet das gesamte Vermögen einer insolventen Firma oder Person, das zur Befriedigung der Ansprüche von Gläubigern verwendet wird.
Erstes von womöglich vielen Verfahren
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Gründer des Immobilien- und Handelskonzerns Signa vor, durch die Mietkostenvorauszahlung und durch eine Schenkung an seine Mutter in Höhe von 300.000 Euro seine Gläubiger geschädigt zu haben. Die Schritte seien erfolgt, als die Insolvenz des Signa-Imperiums für Benko absehbar gewesen sei.
Im aktuellen Fall muss sich Benko wegen seiner Insolvenz als Einzelunternehmer verantworten. Die Anklage ist nur ein Strang von insgesamt 14 Verfahren, in denen allein die österreichische Justiz meist wegen schweren Betrugs und Untreue ermittelt.
Staatsanwaltschaft fordert schuldangemessene Bestrafung
Die Staatsanwaltschaft hat in ihrem Plädoyer eine "tat- und schuldangemessene Bestrafung" des Angeklagten gefordert. Es sei in dem zweitägigen Verfahren klar geworden, dass der 48-Jährige seine Gläubiger schädigen wollte, so die Oberstaatsanwältin.
Mit einer Mietkostenvorauszahlung in Höhe von 360.000 Euro habe der Ex-Milliardär das Ziel verfolgt, seiner Familie das entsprechende Wohnobjekt in Innsbruck zu sichern, so die Vertreterin der Anklage. Diese und eine andere Zahlung seien angesichts der drohenden Insolvenz seiner Signa-Gruppe erfolgt.
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Benko verzichtet auf "letztes Wort"
Benkos Verteidiger Norbert Wess bezeichnete den Anklagevorwurf erneut als falsch und forderte einen Freispruch. Dass sich sein Mandat nicht mündlich zur Sache geäussert habe, sei sein gutes Recht. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor ausdrücklich bedauert, dass der Angeklagte auf diese Art viele Fragen offen gelassen habe. Benko verzichtete auch auf das "letzte Wort" und schloss sich den Ausführungen seines Verteidigers an.
Auf das Delikt, das im österreichischen Strafrecht betrügerische Krida genannt wird, stehen bis zu zehn Jahren Haft. Die Richterin und zwei Schöffen haben sich nach den Plädoyers zur Beratung zurückgezogen. Sie entscheiden per Mehrheit über das Urteil. Egal, wie es lautet, muss der 48-Jährige wohl mit weiteren Anklagen rechnen und bleibt zunächst in Untersuchungshaft. (dpa/bearbeitet von ng/skr)