Die Schweizer Gemeinde Birsfelden möchte den Durchfahrtsverkehr begrenzen – und tut dies mit einem einzigartigen System. Wer in weniger als 15 Minuten ohne Berechtigung durch die Quartierstrassen fährt, muss Strafe zahlen. Das Ergebnis übertrifft alle Erwartungen – und sorgt für heftige Kritik.

Die kleine Schweizer Gemeinde Birsfelden unweit von Basel macht mit einem radikalen Verkehrsexperiment internationale Schlagzeilen. Seit September verhängt der Ort automatisch Bussgelder gegen Autofahrer, die bestimmte Quartierstrassen lediglich zur Durchfahrt nutzen.

Das System funktioniert vollständig digital: Kameras erfassen sämtliche Fahrzeuge und gleichen deren Kennzeichen automatisch mit einer Datenbank berechtigter Nutzer ab. Wer weniger als 15 Minuten in den überwachten Bereichen verweilt, erhält eine Strafe von 100 Franken – umgerechnet etwa 107 Euro.

Unerwarteter Geldsegen überrascht Gemeindevertreter

Die Bilanz nach den ersten Wochen übertrifft sämtliche Erwartungen: Täglich werden über 1.000 Übertretungen registriert, was der Gemeindekasse Einnahmen von mehr als 100.000 Franken pro Tag beschert, wie der Schweizer Rundfunk (SRF) berichtet.

Birsfelden
Mit solchen Schildern macht Birsfelden auf die automatische Durchfahrtskontrolle aufmerksam. © picture alliance/KEYSTONE/Steve Last

"Wir haben die Fahrverbote deutlich signalisiert. Warum sie dennoch so häufig missachtet werden, können wir uns nicht erklären", zeigt sich Gemeinderätin Désirée Jaun überrascht über das Ausmass der Verstösse.

Die Gemeindeverwaltung stösst an ihre Belastungsgrenze. Bereits drei Mitarbeitende seien laut SRF ausschliesslich mit der Bearbeitung der Bussgelder beschäftigt. Die Gemeinde sucht dringend zusätzliches Personal, um die Flut an Verwaltungsverfahren bewältigen zu können. Am Schalter der Gemeinde bilden sich seit Einführung der neuen Verkehrsregeln regelmässig lange Schlangen.

Touring Club Schweiz kündigt rechtliche Schritte an

Das System stösst allerdings auf erheblichen Widerstand. Der Touring Club Schweiz (TCS) hat bereits angekündigt, juristisch gegen die Gemeinde vorzugehen. TCS-Präsident Christophe Haller bemängelt insbesondere die unzureichende Signalisation und berichtet von "absurden Fällen".

Besonders betroffen seien französische Grenzgänger. Zum Beispiel sei ein Pendler aus Frankreich sogar fünfmal mit einer Geldstrafe belegt worden und habe nun "Angst um seinen Job", weshalb er keine rechtlichen Schritte einleiten wolle.

"Ich verstehe das Anliegen, den Durchgangsverkehr zu reduzieren – aber das ist der falsche Weg", so Haller gegenüber dem SRF. Der TCS lasse laut Haller mittlerweile einen Präzedenzfall laufen. Dem pflichtet die St. Galler Strafrechtlerin Monika Simmler gegenüber "Basel Jetzt" bei. Sie stellt die Verfassungskonformität der automatischen Durchfahrtskontrolle infrage.

Gemeinde verteidigt Vorgehen als rechtmässig

Trotz der Kritik zeigt sich die Gemeindeleitung überzeugt von der Rechtmässigkeit des Systems. "Wir sind überzeugt, dass wir rechtens handeln", erklärt Gemeindepräsident Christof Hiltmann (FDP) im Gespräch mit "Basel Jetzt". Vor der Einführung habe man das System sowohl vom kantonalen Datenschutz als auch von rechtlicher Seite prüfen lassen. "Es wurde uns von überall grünes Licht gegeben", betont Hiltmann.

Der Datenschutzbeauftragte des Kantons Basel-Landschaft, Markus Brönnimann, bestätigt die Vorab-Konsultation und erklärt, man habe auf einen "möglichst kleinen Eingriff in die Privatsphäre" geachtet.

Internationale Aufmerksamkeit für Schweizer Pilotprojekt

Mit der automatischen Durchfahrtskontrolle beschreitet Birsfelden schweizweit Neuland. Als erste Gemeinde setzt sie ein digitales System zur Verkehrslenkung ein.

Das ursprüngliche Ziel der Massnahme war es, den Durchgangsverkehr zu reduzieren und die Lebensqualität in den betroffenen Wohngebieten zu verbessern. Rund 11.000 Fahrzeuge nutzten den Ort täglich zum Durchfahren, wenn sich der Verkehr auf der Autobahnstrecke nach Basel staue, berichtet SWR3.

Empfehlungen der Redaktion

Die Gemeinde rechnet damit, dass die Verstösse in den kommenden Wochen deutlich zurückgehen werden: Statt der aktuell rund 1.000 Bussgelder täglich erwarte man künftig zwischen 50 und 100 Strafen pro Tag. (bearbeitet von sbi)

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Verwendete Quellen