Berlin/Bremen - Supermarkt-Apps sind beliebt, viele nutzen sie. Nach einer Umfrage von Bitkom-Research haben fast drei Viertel (72 Prozent) der Smartphone-Nutzenden hierzulande mindestens eine Supermarkt-App installiert.
Aber sind solche Apps tatsächlich ein Gewinn? Und wenn ja, für wen? Oder zahlt man für Nachlässe an anderer Stelle wieder drauf? Dazu wichtige Fragen und Antworten im Überblick:
Was bieten die Einkaufs-Apps der Händler eigentlich?
Die Apps bieten verschiedene Funktionen. Der Umfrage zufolge sind Rabatte oder Coupons, Online-Prospekte, digitale Kundenkarten oder Treueprogramme sowie digitale Kassenbons die am meisten genutzten Features. "Sie bieten beispielsweise aber auch Bezahlfunktionen", sagt Thomas Mai von der Verbraucherzentrale Bremen. Obendrein gibt es oft Rezepte mit Zutatenliste sowie digitale Einkauflisten.
Das Sammeln von Treuepunkten oder der Vergleich von Prospekten mit Sonderangeboten verschiedener Supermarktketten gehört für viele Kundinnen und Kunden seit Jahrzehnten zum Alltag. "Apps digitalisieren die Angebote, sparen viel Papier und Zeit und können das Einkaufen und Planen insgesamt bequemer machen, da sie von überall abrufbar sind", sagt Nastassja Hofmann, Retail-Referentin beim IT-Brachenverband Bitkom.
Was genau gibt man für diese Funktionen oder Services preis?
Die Nutzung dieser Apps unterliegen den umfassenden Vorgaben der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). "Nutzerinnen und Nutzer haben die Kontrolle über ihre Daten, denn sie können entscheiden, welche Daten sie für den Händler freigeben und welche nicht", sagt Verbraucherschützer Mai. Dazu sollte man die Datenschutzbestimmungen und -einstellungen der jeweiligen App genau im Auge behalten.

Händler erheben mit Hilfe der Apps in erster Linie Daten rund um den Einkauf beziehungsweise die Nutzung von Vorteilsprogrammen. "Das sind unter anderem die besuchte Filiale, die eingekauften Artikel sowie die eingelösten Rabattcoupons, Gutscheine und Bonuspunkte", sagt Markus Montz vom IT-Fachmagazin "c’t". Die Anbieter protokollierten ausserdem den Gesamtbetrag, Datum und Uhrzeit sowie das verwendete Zahlungsmittel. Ebenfalls erfasst werden Anschrift und Geburtsdatum der App-Nutzerinnen und –Nutzer.
Die Händler halten zudem mehr oder weniger intensiv nach, wie die App genutzt wird. "Auch übers Smartphone geben die Apps Infos an die Anbieter weiter, etwa dessen Werbe-ID oder Gerätekonfigurationen wie Sprach- und Ländereinstellungen", so Montz.
Gibt es eine Datenauswertung?
Ja. Die Apps sammeln und analysieren die Daten der Nutzenden, erstellen auch Kundenprofile, erklärt die Verbraucherzentrale Bremen.
Und kennen Anbieter über die Apps das Einkaufsverhalten ihrer Kundinnen und Kunden, können sie diese natürlich auch gezielt mit personalisierter Werbung ansprechen. Der Zusendung personalisierter Werbung können Verbraucher aber auch widersprechen.
Und wie könnten Händler Erkenntnisse aus dem Nutzungsverhalten ihrer Kundinnen und Kunden noch einsetzen? "Supermärkte können so zum Beispiel auch ihr Sortiment besser anpassen und Lebensmittelabfälle vermeiden", sagt Bitkom-Referentin Hofmann.
Welche Nachteile haben die Apps?
Gerade bei personalisierter Werbung besteht die Gefahr, dass Anbieter App-Nutzerinnen und –Nutzer manipulieren. "Sie wissen zum Beispiel, dass ein Kunde immer wieder Pasta kauft, schicken daraufhin gezielt Werbung mit Nudeln und verleiten ihn schliesslich dazu, mehr Nudeln zu kaufen als tatsächlich nötig sind", sagt Verbraucherschützer Mai.

"Manipulation liegt auch vor, wenn schnell noch eine Packung mehr im Wagen liegt, weil man noch einen bestimmten Punktwert erreichen will", erklärt Markus Montz. Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt: "Viele Kundinnen und Kunden kaufen tendenziell dort ein, wo sie Rabatte und Punkte bekommen – darüber vergessen sie, Preise zu vergleichen", sagt Montz. So könne es dazu kommen, dass sie im Schnitt mehr Geld für Lebensmittel ausgeben, obwohl es durchaus günstiger ginge.
Ausserdem interessieren sich nicht nur die Handelsketten für die Verbraucherinnen und Verbraucher: "Auch andere Werbevermarkter wie Adjust, Alphabet und Meta verfolgen auf dem Smartphone die Kaufinteressen der Nutzer", sagt Montz. Dabei helfen ihnen Cookies und Kennnummern auf dem Smartphone, vor allem aber auch die App-Anbieter, die die entsprechenden Werbe- und Trackingmodule in ihre Anwendungen integrieren.
Was gewinne ich, was verliere ich – und ist es das am Ende wert?
"Man kann etwas Geld sparen, aber der Spareffekt ist wirklich niedrig", sagt Verbraucherschützer Mai. Der geldwerte Vorteil liege oft unter einem Prozent des Einkaufswertes. Und das sei auch nur dann der Fall, wenn man Angebote oder Aktionsware bedarfsgerecht kauft.
Wer dagegen keine Einkaufsdisziplin wahrt und sich dazu verleiten lässt, mehr zu kaufen als benötigt – nach dem Motto "die Schokolade ist ja im Angebot, da nehme ich gleich ein paar Tafeln", verspielt schnell den gesparten Betrag.
"Für die Anbieter sind die Apps letztendlich ein Gewinn", resümiert Markus Montz. Sie binden nicht nur Käuferinnen und Käufer an sich. Über die Apps erhalten sie auch ein immer besseres Bild vom Konsumverhalten ihrer Kundinnen und Kunden: Sie wissen etwa, wer was wann und in welcher Filiale gekauft hat und wie der- oder diejenige am liebsten bezahlt, sagt Montz. "Ob Kundinnen und Kunden diese Transparenz wirklich wollen, müssen sie für sich entscheiden." © Deutsche Presse-Agentur