Seit 20 Jahren können in Deutschland Frauen am sogenannten Mammographie-Screening-Programm (MSP) teilnehmen. Wie wirksam ist das Programm? Forschende haben Bilanz gezogen.
Das Mammographie-Screening für Frauen trägt einer Studie zufolge deutlich zur Verringerung der Brustkrebs-Sterblichkeit in Deutschland bei. Das vor 20 Jahren eingeführte, von allen Krankenkassen angebotene Früherkennungs-Programm senkt die Todesfallzahlen und erhöht die Heilungschancen für erkrankte Frauen, wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mitteilte. Unter den Teilnehmerinnen war die Brustkrebs-Sterblichkeit demnach über einer Nachbeobachtungszeit von bis zu zehn Jahren um 20 bis 30 Prozent geringer als bei den Nichtteilnehmerinnen. "Dabei handelt es sich um eine konservative Schätzung", sagte BfS-Präsidentin Inge Paulini.
"Frauen profitieren von einer Teilnahme am Screening-Programm."
Bei der Bewertung des Screenings gilt es, Nutzen und Risiken der Untersuchung gegeneinander abzuwägen: Der Nutzen werde laut Paulini eher noch unterschätzt. Einen potenziellen Nutzen haben nur erkrankte Frauen – das Risiko, etwa durch die Röntgenstrahlung, tragen hingegen alle Teilnehmerinnen. "Insgesamt ist der ermittelte Nutzen erheblich grösser als das sehr geringe Strahlenrisiko", erklärte BfS-Präsidentin Inge Paulini nun. "Frauen profitieren also von einer Teilnahme am qualitätsgesicherten Screening-Programm."
Bundesgesundheitsministerin
Eine von acht Frauen erkrankt im Laufe ihres Leben
Das deutsche Mammografie-Screening-Programm wurde ursprünglich für 50- bis 69-Jährige eingeführt, aktuell wird Frauen zwischen 50 und 75 Jahren alle zwei Jahre eine Untersuchung angeboten. "Unter den 50- bis 69-Jährigen nimmt jedes Jahr etwa die Hälfte der Eingeladenen am Mammografie-Screening-Programm teil", sagte Paulini.
Brustkrebs stellt mit etwa 75.000 Neuerkrankungen jährlich die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland dar. Etwa eine von acht Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens, etwa 18.500 Frauen jährlich sterben daran. Je früher ein Tumor erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen.
Pro und Contra: Mammografie kann Leben retten, aber zu viel Sicherheit vermitteln
Im Zuge des Programms können Frauen alle zwei Jahre eine Röntgen-Untersuchung der Brust zur Früherkennung in Anspruch nehmen. Solche bildgebenden Verfahren können schon sehr kleine Tumoren sichtbar machen, die sich noch nicht ertasten lassen – und je früher ein Karzinom erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Fortgeschrittener Brustkrebs, bei dem es bereits Metastasen gibt, sei nach wie vor in der Regel nicht heilbar, erklärte Klaus Kraywinkel, Leiter des Zentrums für Krebsregisterdaten am Robert Koch-Institut (RKI). Frauen, bei denen Symptome bestehen oder ein ärztlicher Verdacht auf Brustkrebs vorliegt, erhalten Mammografien zudem im Rahmen der allgemeinen Versorgung.
Ein auf das Screening zurückgehender Risikofaktor ist Experten zufolge, dass sich teilnehmende Frauen vermeintlich sicher fühlen und seltener ihre Brust abtasten. Hinzu kommen sogenannte Übertherapien – also die Behandlung von Tumoren, von denen keine Gefahr ausgeht.
Ein weiteres Problem sei die mangelnde Eignung der Mammografie bei sehr dichtem Brustgewebe, wie Christiane Kuhl, Direktorin der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der RWTH Aachen, betont. Aktuell würden 20 bis 30 von 100 Frauen mit Brustkrebs nach dem Screening als gesund nach Hause geschickt. Der Tumor falle dann oft erst bei einer Tastuntersuchung als sogenanntes Intervallkarzinom auf – oder erst bei späteren Mammografien.
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Rund 16 Prozent der beim Screening gefundenen Karzinome hätten bereits Metastasen gebildet, seien also zu spät gefunden worden. Ausgerechnet bei den biologisch aggressiven Karzinomen versage die Mammografie zu oft.
Ausweitung des Programms auf jüngere Frauen sinnvoll?
Im vergangenen Jahr hatte das BfS berichtet, dass die Teilnahme am Mammografie-Screening-Programm auch für Frauen ab 45 Jahren mit mehr Nutzen als Risiken verbunden ist. Das Screening kann die Brustkrebs-Sterblichkeit demnach bei den 45- bis 49-Jährigen ähnlich wie in der Gruppe der 50- bis 69-Jährigen um rund 20 Prozent reduzieren.
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Das Bundesamt empfiehlt darum, die untere Altersgrenze für die Teilnahme von 50 auf 45 Jahre herabzusetzen. In der Altersgruppe zwischen 45 und 50 Jahren erkranken dem BfS zufolge in Deutschland jedes Jahr etwa 5.000 Frauen an Brustkrebs. (dpa/bearbeitet von sav)