Klinikaufenthalt mit schwerwiegenden Folgen: Viele Patienten in deutschen Krankenhäusern – vor allem ältere – sind mangelernährt. Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie warnt: Das Essen liefert oft nicht genug Energie für eine Genesung.
Viele Patienten in deutschen Krankenhäusern erhalten nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) zu wenig Essen – mit oft gravierenden Folgen. Dieses Problem sei in den vergangenen Jahren nicht ausreichend beachtet worden, sagte die Sprecherin der Arbeitsgruppe "Ernährung und Stoffwechsel" der DGG, Kristin Häseler-Ouart, der Deutschen Presse-Agentur.
"Das ist keine Sache, die blinkt und piept und deshalb ist sie hinten runter gefallen." Tatsache sei aber, dass das Klinikessen für viele Patienten oft nicht die Energiezufuhr liefere, die vor allem schwer kranke Patienten bräuchten, um sich wieder schnell erholen zu können.
"Wir sind nicht in der Dritten Welt und trotzdem sind unsere Patienten in den Krankenhäusern mangelernährt."
"Das, was in Krankenhäusern an Kalorien auf dem Teller landet, ist nicht das, was ein schwer kranker Patient braucht", sagte Häseler-Ouart, die als Oberärztin der Klinik für Geriatrie am Universitätsklinikum Jena arbeitet. Bei der Vorstellung des aktuellen Thüringer Krankenhausspiegels, einer Datenbank zum Vergleich von Behandlungsqualität, hatte die Expertin kürzlich gesagt: "Wir sind nicht in der Dritten Welt und trotzdem sind unsere Patienten in den Krankenhäusern mangelernährt." Viele Menschen hätten nach einem stationären Klinikaufenthalt an Gewicht und an Muskelmasse verloren. "Das ist ein Riesenproblem."
Erhöhtes Risiko für Stürze
Insbesondere für alte Menschen sei dies gravierend. Schwache oder nachlassende Muskeln führten dazu, dass sie sich noch weniger selbstständig bewegen könnten als oftmals schon aus Altersgründen. Ausserdem erhöhe eine schwache Muskulatur das Risiko für Stürze, die oft besonders gravierende Folgen hätten.
Nach Angaben von Häseler-Ouart begegnen die medizinischen Teams auf manchen Krankenhausstationen dem Problem der Mangelernährung damit, dass sie Patienten besonders kalorienreiche Zusatznahrung verabreichen, "wie man sie manchmal aus dem Fitnessstudio kennt".
Mangelernährung als grosses Problem bei älteren Menschen
In aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin werden eine ganze Reihe weiterer Ursachen dafür aufgezählt, dass Mangelernährung vor allem bei älteren Menschen ein grosses Problem ist. Oft hätten sie Schwierigkeiten beim Kauen oder Schlucken und würden deshalb zu wenig essen oder trinken, heisst es dort. Auch, dass sie ihre Arme und Hände oft nicht mehr wie früher bewegen können oder sozial isoliert leben, führe bei vielen von ihnen zu den entsprechenden Mangelerscheinungen.
Gerade ältere Menschen sollten deshalb zum Essen ermutigt werden oder wo immer möglich ihre Mahlzeiten in Gesellschaft einnehmen, heisst es in den Leitlinien.
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In den geriatrischen Kliniken Thüringens werden laut Krankenhausspiegel hochbetagte Patienten zwar auf einem hohen medizinischen Niveau versorgt. Allerdings gibt es teils Versorgungslücken im ländlichen Raum, wo die Kliniken teils erst nach einer Fahrtzeit von mehr als 45 Minuten zu erreichen sind. Die Geriatrie ist der Teil der Medizin, der sich speziell mit der Behandlung hochaltriger Menschen beschäftigt. (dpa/bearbeitet von ali)