Allergien sind lästig und in der Bevölkerung weit verbreitet. Millionen Allergiker ergeben sich Jahr für Jahr ihrem Schicksal einer verschnupften Nase und trockenen Augen. Dabei lassen sich mittlerweile viele Allergien mit einer Hyposensibilisierung leicht behandeln. Wir erklären, wie es funktioniert.

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Allein in Europa leiden rund 60 Millionen Menschen unter einer Allergie. Dabei überreagiert der Körper auf einen eigentlich harmlosen Stoff wie Gräserpollen oder Katzenhaare. Das löst bei Betroffenen dann unangenehme Symptome wie eine laufende Nase oder juckende Augen aus. Für viele gibt es jedoch einen Ausweg: eine sogenannte Hyposensibilisierung.

Dabei werden dem Körper über einen längeren Zeitraum Allergenextrakte zugeführt. Der Körper wird Schritt für Schritt an den Stoff gewöhnt und die Überreaktion des Körpers abtrainiert. Nach der Therapie ist der Patient oder die Patientin gegen die Allergie sozusagen "geimpft". Für die häufigsten Allergien - wie gegen Gräserpollen, Baumpollen, Hausstaubmilben oder Wespen- und Bienengift - sind Therapien gut geprüft und zugelassen. Bei anderen Allergien sollte man sich individuell von einem Arzt oder einer Ärztin beraten lassen.

Wenn die Allergie behandelbar ist, können Betroffene den Wirkstoff in Form von Tabletten oder Tropfen unter die Zunge legen (sublinguale Therapie) oder ihn sich spritzen lassen (subkutane Therapie). Lange galt die Therapie mit Spritzen als effektiver, doch laut dem Allergologen Christian Bergmann ist die Wirkung einer Therapie mit Tabletten mittlerweile "genauso gut wie mit der Spritze".

Einige Arztbesuche notwendig

Die sublinguale Therapie bietet dem Patienten oder der Patientin den Vorteil, dass sie selbstständig durchgeführt werden kann und man weniger Zeit in Arztpraxen verbringen muss. Die Spritze muss hingegen wöchentlich professionell verabreicht werden. Ganz ohne Arztbesuche kommen Betroffene aber auch bei der sublingualen Therapie nicht aus, erklärt Bergmann im Gespräch mit unserer Redaktion. Alle drei Monate müssten sich die Patienten und Patientinnen ein neues Rezept für den Wirkstoff verschreiben lassen.

Dieser Aufwand lohne sich aber, denn die Erfolgschancen liegen laut dem Allergologen bei 70 bis 80 Prozent. Danach hätten die Betroffenen deutlich weniger oder gar keine Allergiesymptome mehr. Besonders wirksam ist die Therapie bei jungen Menschen, weshalb Bergmann empfiehlt, möglichst früh damit zu beginnen. Die Hyposensibilisierung hält im Schnitt zehn Jahre an und kann bei nachlassender Wirkung wiederholt werden.

Um die Kosten der Therapie müssen sich gesetzlich Versicherte keine Gedanken machen, da diese vollständig von den Krankenkassen übernommen werden.

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Hyposensibilisierung birgt kaum Risiken

Bergmann empfiehlt Allergikern, die unter ihren Symptomen leiden, eine Immuntherapie – auch als eine Art Risikovorbeugung. Denn unbehandelte Allergien könnten sich zu einem allergischen Asthma entwickeln: "Dieses Risiko sinkt mit einer Hyposensibilisierung deutlich."

Die Therapie ist für den Patienten oder die Patientin dagegen risikoarm, es können höchstens kleinere Nebenwirkungen auftreten, die sich mit Allergiesymptomen vergleichen lassen – diese liessen sich aber auch behandeln.

Die Gefahr eines anaphylaktischen Schocks, also einer lebensbedrohlichen Überreaktion des Körpers, tritt bei der sublingualen Therapie nicht auf. Bei der subkutanen Spritzentherapie kann es in extrem seltenen Fällen zu einem solchen Schock kommen, weshalb Patienten und Patientinnen nach der Spritze zur Aufsicht 30 Minuten in der Praxis bleiben müssen.

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Erste Wirkung der Therapie nach wenigen Monaten

Falls Betroffene die Verabreichung vergessen oder aus anderen Gründen aussetzen, birgt das keine gesundheitlichen Risiken, schmälert laut Bergmann aber die Erfolgsaussichten der Therapie.

Der Knackpunkt dürfte für die meisten Menschen der Aufwand sein, der mit einer Hyposensibilisierung verbunden ist. Denn die Dauer der Immuntherapie ist auf drei Jahre angesetzt. Die kontinuierliche Verabreichung der Präparate ist also mit viel Disziplin verbunden. Die drei Jahre sind laut Bergmann allerdings nur eine Empfehlung. Die positive Wirkung der Therapie trete schon viel früher ein: "Nach etwa vier Monaten merken die meisten schon, dass sie weniger Symptome haben", erklärt der Allergologe.

Wer sich aufgrund der starken Allergiesymptome in diesem Frühling also entschliesst, eine Therapie zu beginnen, hat gute Chancen, schon kommendes Jahr deutlich besser durch die Pollensaison zu kommen.

Zum Experten: Prof. Dr. med. Karl-Christian Bergmann leitet seit 2005 die interdisziplinäre pneumologisch-allergologische Ambulanz (Zentrum Schweres Asthma) am Allergie-Centrum-Charité.

Verwendete Quellen:

  • Gesundheitsinformation.de: Hyposensibilisierung

Redaktioneller Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel ersetzen keine persönliche Beratung und Behandlung durch eine Ärztin oder einen Arzt.

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