Wie zufrieden wir in unserer Beziehung sind, ändert sich nicht nur über Monate und Jahre, sondern manchmal innerhalb weniger Tage und sogar Stunden. Eine aktuelle Studie zeigt, wie stark diese Schwankungen sind und was sie über die Beziehungsqualität aussagen.
Morgens nach dem Aufstehen noch ganz verliebt, doch dann vergisst der Partner die Geschirrspülmaschine einzuschalten und die Laune sinkt. Nicht nur auf lange Zeit gesehen, sondern auch in kurzen Zeiträumen schwankt die Zufriedenheit in romantischen Beziehungen. Bis zu einem gewissen Punkt ist das auch völlig normal.
Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie im Fachjournal "Journal of Personality and Social Psychology", die erstmals detailliert untersucht hat, wie stark die Beziehungszufriedenheit im Tagesverlauf variiert.
Erstautorin: Schwankungen können auf unerfüllte Bedürfnisse hinweisen
Die Ergebnisse zeigen eindeutig: Die Beziehungszufriedenheit schwankt bei den meisten Menschen erheblich – und zwar stärker zwischen verschiedenen Tagen als innerhalb eines einzelnen Tages. Diese Erkenntnis widerspricht der weit verbreiteten Annahme, dass Beziehungszufriedenheit ein relativ stabiles Merkmal sei.
"Diese Schwankungen sind normal", sagt die Erstautorin der Studie, Louisa Scheling vom Psychologischen Institut der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (JGU), in einer Mitteilung zur Studie – und fügt an: "Sie können aber auch auf unerfüllte Bedürfnisse in der Beziehung hinweisen."
Die Unzufriedenheit kann dann ein möglicher Anknüpfungspunkt sein, "um einerseits die Kommunikation über die eigenen Erwartungen und andererseits die Wahrnehmung der Bedürfnisse des Partners zu verbessern", sagt Scheling. Das könne die Beziehung insgesamt stärken.
Informationen zur Studie
- Für ihre Untersuchung beobachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler insgesamt 743 heterosexuelle Paare.
- In einer ersten Studie mit 593 Paaren erfassten sie die Beziehungszufriedenheit täglich über mehrere Wochen. In einer zweiten Studie mit 150 Paaren wurde die Zufriedenheit sogar mehrmals am Tag gemessen.
Personen, bei denen ihre tägliche Beziehungszufriedenheit stark schwankte, berichteten tendenziell von einer niedrigeren allgemeinen Beziehungszufriedenheit. Dies könnte darauf hindeuten, dass starke Schwankungen ein Warnsignal für unerfüllte Bedürfnisse in der Beziehung sein könnten, heisst es in der Studie.
Ein weiteres Ergebnis ist überraschend: Auch wenn die Zufriedenheit stark schwankt, muss das nicht zwangsläufig zu einer Verschlechterung oder gar zum Ende der Beziehung führen. Die Schwankungen in der Beziehungszufriedenheit spiegelten eher die aktuelle Beziehungsdynamik zwischen den Partnern wider, als dass sie künftige Entwicklungen vorhersagen, sagt Scheling.
Gemeinsame Hochs und Tiefs
Ein weiterer Aspekt der Studie ist die Untersuchung der "Paar-Synchronität" – also inwieweit die Zufriedenheitsschwankungen beider Partner zeitlich zusammenhängen. Die Forschenden stellten fest, dass Paare moderat bis stark synchronisiert sind. Das bedeutet: Wenn eine Partnerin oder ein Partner einen besonders guten oder schlechten Tag in der Beziehung erlebt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der andere Partner ähnlich empfindet.
Studie unterstreicht Wichtigkeit, auf gegenseitige Bedürfnisse einzugehen
Die Erkenntnisse der Studie haben auch praktische Relevanz für Paare und Therapeutinnen. Sie unterstreichen, wie wichtig es ist, auf die täglichen Höhen und Tiefen in Beziehungen zu achten und nicht nur langfristige Trends zu betrachten.
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Besonders die Fähigkeit, angemessen auf die Bedürfnisse des Gegenübers zu reagieren, scheint ein Schlüsselfaktor für eine ausgeglichenere Beziehungszufriedenheit zu sein. "Eine verlässliche Wahrnehmung und Erfüllung der Bedürfnisse durch den Partner trägt ganz wesentlich zu einer stabilen Beziehungszufriedenheit im Alltag bei", sagt Scheling. "Es ist ähnlich wie in einer Eltern-Kind-Beziehung: Wenn die Bedürfnisse beständig erfüllt werden, dann ist auch die Zufriedenheit auf einem hohen Niveau stabil."
Entscheidend dafür ist laut der Psychologin, dass Partnerinnen und Partner sich jeweils über ihre Bedürfnisse im Klaren sind und sie auch angemessen formulieren.
Verwendete Quellen
- Studie in Journal of Personality and Social Psychology: "Within-person variability and couple synchrony in state relationship satisfaction: Testing predictors and implications"
- Pressemitteilung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz: "Beziehungszufriedenheit schwankt im Verlauf weniger Tage und selbst während eines Tages deutlich"