Virologe Hendrik Streeck zeigt sich "geschockt" über die Anfeindungen gegen Gesundheitsminister Jens Spahn. Die Attacke am Wochenende sei eine "Attacke auf uns alle" gewesen.

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Der Virologe Hendrik Streeck hat die Anfeindungen gegen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verurteilt. "Der Übergriff hat mich geschockt", sagte Streeck am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.

Streeck: Attacke auf Spahn war "Attacke auf uns alle"

"Jens Spahn ist der Gesundheitsminister, der bereits vor der Pandemie viele Probleme aktiv angegangen ist und sich nicht in der Bürokratie verloren hat. Er steht für mich als Politiker dafür, dass diese Pandemie nur gemeinsam bewältigt werden kann. Die Attacke war daher eine Attacke auf uns alle", erläuterte Streeck weiter. Die Anfeindungen zeigten aber auch, "dass das Virus politisch geworden ist, und dass Massnahmen noch besser erläutert, evaluiert und implementiert werden müssen".

Spahn war am Rande eines Wahlkampftermins in Bergisch Gladbach bei Köln von Demonstranten angefeindet und beschimpft worden. Nach Ministeriumsangaben wurde er nach einer Veranstaltung am Samstag vor einem Bürgerhaus in Bergisch Gladbach angeschrien und bespuckt. Die Bundesregierung und die CDU-Spitze verurteilten den Vorfall.

Video zeigt Situation in Bergisch Gladbach

Auf einem Video ist zu sehen, wie der CDU-Politiker auf Menschen zugeht, die ihn auspfeifen und anpöbeln. Eine Ministeriumssprecherin sagte, Spahn habe versucht, mit den Demonstranten ins Gespräch zu kommen. Dies sei aber nicht möglich gewesen. Der Minister sei angeschrien und bespuckt worden. Die Kreispolizei Bergisch Gladbach teilte am Montag mit, aktuell lägen "keine Erkenntnisse vor, dass Herr Spahn bespuckt worden ist". Ein 39 Jahre alter Bergisch Gladbacher habe Spahn beleidigt, daraufhin sei Strafanzeige gestellt worden

Spahn selbst äusserte sich am Montagabend zu den Vorfällen und den aktuellen Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen der Regierung. Er warnte im ZDF-"heute journal" davor, die Berliner Demonstration gegen staatliche Corona-Auflagen als exemplarisch für die Stimmungslage im Land anzusehen. "Wir sehen in Umfragen und ich spüre in Veranstaltungen, dass es insgesamt eine grosse Unterstützung für unsere Politik gibt", sagte der CDU-Politiker am Montagabend. "Wir dürfen diese Bilder nicht als die Gesamtstimmung im Land nehmen."

Spahn: Bei "purem Hass" ist Diskussion nicht mehr möglich

Aber es gebe auch Kritik, mit der man sich auseinandersetzen könne. "Oder eben Szenen, wo purer Hass zu erleben ist. Da ist natürlich eine Diskussion am Ende nicht möglich. Die hat keine Grundlage. Weil man einander nicht zuhört", sagte Spahn in Bezug auf den Vorfall von Samstag.

Er könne verstehen, dass viele Menschen enttäuscht sind und Frust haben, sagte der Minister. "Aber die Frage ist: welcher Frust rechtfertigt diesen Hass?", fügte er hinzu. Er erlebe beides: Jene, die berechtigte Fragen hätten, wo es aber eine Bereitschaft gebe, zuzuhören. "Es gibt aber auch eben diesen Hass, diese Verschwörungstheorien. Was mich echt beschäftigt, ist, dass die Regenbogenflagge, die Flagge von Freiheit, Recht, Emanzipation der Schwulenbewegung, auf der gleichen Demo wie die Reichsflagge ist und die Nazi-Symbole – da fragt man sich schon, was ist da los?" (mgb/dpa)