Der zu lebenslanger Haft verurteilte Magnus Gäfgen will vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen werden. Er sitzt seit 23 Jahren hinter Gittern, nachdem er 2002 den Bankierssohn Jakob von Metzler getötet hatte. Ein neues psychologisches Gutachten soll klären, ob der Mann noch als gefährlich gilt.

Der Kindermörder Magnus Gäfgen versucht vorzeitig aus der Haft entlassen zu werden. Nach Informationen von "Focus online" stellte der heute 50-Jährige bereits Mitte 2024 einen entsprechenden Antrag. Das bestätigte auch Oberstaatsanwalt Dominik Mies von der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main.

Gäfgen sitzt seit 23 Jahren hinter Gittern, nachdem er im Jahr 2002 den damals elfjährigen Bankierssohn Jakob von Metzler entführt und ermordet hatte. Der Fall gilt als einer der spektakulärsten deutschen Kriminalfälle der vergangenen Jahrzehnte.

Neues Gutachten soll Gefährlichkeit bewerten

Wie "Focus online" weiter berichtet, liegt dem Landgericht Kassel sowie der Frankfurter Staatsanwaltschaft ein sogenanntes Prognosegutachten über Gäfgen vor. Dabei geht es um die entscheidende Frage, ob der Verurteilte weiterhin als gefährlich einzustufen ist. Eine vorzeitige Entlassung kommt laut Gesetz nur infrage, wenn sie "unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann".

Persönliche Widmung von Mitschülern des ermordeten Jakob von Metzler. (Archivbild) © picture-alliance/dpa/Boris Roessler

Erstellt wurde das Gutachten vom renommierten Fachpsychologen Rudolf Egg, Direktor der kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden. Er gilt als Spezialist für Kriminalprognosen und tritt regelmässig als Sachverständiger für Gerichte und Justizvollzugsanstalten auf.

Das Gutachten wurde demnach am 24. Juni 2025 fertiggestellt und Anfang Juli an alle Verfahrensbeteiligten übermittelt. Über die genauen Inhalte und zur Frage, ob der Kindermörder aus seiner Sicht rückfällig werden könnte, wollte sich der Egg im Gespräch mit "Focus Online" nicht äussern: "Bitte haben Sie Verständnis, dass ich dazu im Moment schweige." Wie bild.de erfahren haben will, soll das Gutachten Gäfgen keine positive Prognose bescheinigen.

Der Fall Jakob von Metzler erschütterte Deutschland

Der damalige Jurastudent Magnus Gäfgen hatte am 27. September 2002 den elfjährigen Sohn des Frankfurter Bankiers Friedrich von Metzler auf dessen Heimweg von der Schule entführt. Wenig später erstickte er den Jungen in seiner Wohnung. Anschliessend erpresste er von den Eltern des Jungen eine Million Euro Lösegeld. Der Täter war hoch verschuldet.

Die Polizei nahm Gäfgen am 30. September 2002, einen Tag nach der Geldübergabe, am Frankfurter Flughafen fest, konnte jedoch zunächst nicht den Aufenthaltsort des Jungen ermitteln. In der Hoffnung, das Kind noch lebend zu finden, ordnete der damalige Frankfurter Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner eine Gewaltandrohung gegenüber dem Täter an.

Der Täter verriet daraufhin Jakobs Aufenthaltsort. Seine Leiche wurde am 1. Oktober 2002 in der Nähe eines Sees bei Birstein (Hessen) gefunden. Für den Polizeivizepräsidenten und einen Kollegen hatte das Handeln jedoch Folgen.

Der Daschner-Prozess: Als die Polizei Folter androhte

  • Die Folterandrohung gegenüber Gäfgen löste eine bundesweite Debatte über die Grenzen staatlichen Handelns aus. Der Täter verriet unter Druck den Ort, an dem er die Leiche versteckt hatte.
  • Der sogenannte Daschner-Prozess endete 2004 mit der Verurteilung des Polizeivizepräsidenten zu einer Geldstrafe auf Bewährung wegen Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat. Ebenfalls zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt wurde der ihm unterstellte Kriminalhauptkommissar Ortwin Ennigkeit wegen Nötigung im Amt.

Magnus Gäfgen legte im Prozess ein Geständnis ab. Im Juli 2003 wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt, dabei wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt. 2013 wurde er verlegt, seither verbüsst er seine Strafe in der sozialtherapeutischen Anstalt der Justizvollzugsanstalt Kassel II.

Gäfgen hat in der Haftzeit seinen Namen geändert

"Ein Termin für eine Anhörung wurde noch nicht anberaumt", sagte Matthias Besson, Vorsitzender Richter am Landgericht Kassel, im Gespräch mit "Focus online". Angepeilt werde jedoch ein Termin "im Zeitraum August/September 2025". Danach könne die Strafvollstreckungskammer, der drei Richter angehören, eine Entscheidung treffen.

Besson zufolge ist der Verurteilte "kein Freigänger und erhält derzeit noch keine vollzugsöffnenden Massnahmen wie vollbegleitete, teilbegleitete und unbegleitete Ausgänge".

Bekannt ist ausserdem, dass Gäfgen während der Haftzeit seinen Namen geändert hat, vermutlich mit Blick auf seine Resozialisierungschancen.

Forensische Experten der Polizei tragen den Sarg mit den sterblichen Überresten des getöteten elfjährigen Jakob von Metzler am 1. Oktober 2002 aus einem Waldstück bei Birstein, 100 Kilometer von Frankfurt entfernt. © REUTERS/Kai Pfaffenbach

Revisionen scheiterten, frühere Anträge wurden abgelehnt

Es ist nicht der erste Versuch Gäfgens, vorzeitig aus der Haft entlassen zu werden. Seine Revision scheiterte 2004 vor dem Bundesgerichtshof, auch seine Verfassungsbeschwerde im selben Jahr blieb erfolglos. 2005 legte Gäfgen Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein, die drei Jahre später als unbegründet zurückgewiesen wurde.

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2017 stellte Gäfgen einen Antrag, seine Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Diesen lehnte das Landgericht Kassel ab. Hauptgrund war damals eine Einschätzung des psychiatrischen Gutachters Georg Stolpmann aus Göttingen, der Gäfgen weiterhin für gefährlich hielt.

Laut "Bild.de" wurde 2019 ein ähnlicher Antrag abgelehnt. Damals habe das Landgericht Kassel eine Mindestverbüssungsdauer von 23 Jahren festgesetzt. Diese würde nun bald ablaufen: im September 2025.

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