Im Loveparade-Strafprozess ist die Einstellung des Verfahrens gegen die Mehrheit der Angeklagten wahrscheinlicher geworden. Die Staatsanwaltschaft erklärte am Dienstag, dass sie dem Vorschlag des Gerichts in allen Fällen zustimmt.

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Das Landgericht Duisburg hatte Mitte Januar vorgeschlagen, das Verfahren gegen sieben Angeklagte ohne Auflagen und gegen drei Angeklagte mit Auflagen einzustellen. Bei einer Einstellung des Verfahrens gilt der Beschuldigte nicht als vorbestraft. Die Unschuldsvermutung gilt fort.

Der Prozess hatte im Dezember 2017 begonnen. Den Angeklagten war unter anderem fahrlässige Tötung vorgeworfen worden. Bei der Loveparade im Juli 2010 in Duisburg waren in einem Gedränge 21 junge Menschen zu Tode gedrückt und mehr als 650 verletzt worden.

Als Auflage nannte die Staatsanwaltschaft die Zahlung einer angemessenen Geldauflage, «die in einer Grössenordnung von jeweils etwa 10.000 Euro liegen» solle. Das Geld soll einer gemeinnützigen Einrichtung zugute kommen.

Mitarbeiter des Veranstalters sollen Auflage erhalten

Bei den drei Angeklagten, die eine Auflage erhalten sollen, handelt es sich um drei Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent. Einer von ihnen hatte allerdings vergangene Woche bereits erklärt, dass er einer Einstellung in keinem Fall zustimmen wolle und eine Fortsetzung des Prozesses wünsche.

Nach der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft bekräftigte dessen Verteidiger in einer Sitzungspause die Position: «Es hat sich nichts geändert, es bleibt dabei.» Damit steht fest, dass das Verfahren mindestens gegen ihn weitergeführt wird.

Bei den übrigen sieben Angeklagten handelt es sich um die sechs angeklagten Mitarbeiter der Stadt Duisburg sowie einen Mitarbeiter des Veranstalters.

Ob die anderen neun Angeklagten der Einstellung zustimmen werden, war zunächst offen. Beobachter rechneten damit, dass deren Verteidiger sich noch am Dienstag dazu äussern werden. Frühestens am Mittwoch könnte das Gericht dann die einzelnen Verfahren vom Prozess abtrennen und einstellen.

Die Staatsanwaltschaft habe den Vorschlag des Gerichts eingehend geprüft. «Wir haben uns die Entscheidung angesichts der schweren Folgen - 21 Tote, mehr als 650 Verletzte - und dem andauernden Leid der Angehörigen und Verletzten nicht leicht gemacht, erachten eine Einstellung im Ergebnis aber für vertretbar», sagte eine Behördensprecherin.

Verjährung tritt 2020 in Kraft

Als einen Grund für die Zustimmung nannte die Staatsanwaltschaft den Umstand, dass am 28. Juli 2020 die Verjährung eintritt. Das nach dem Gesetz für ein Urteil erforderliche Beweisprogramm könne bis dahin jedoch nicht absolviert werden. Zuletzt war in diesem Zusammenhang von 575 Zeugen die Rede gewesen, die noch angehört werden könnten.

Eine Einstellung des Verfahrens gegen die drei Lopavent-Mitarbeiter komme ohne Auflage nicht in Betracht. «Ihr hypothetisches Verschulden ist bei vorläufiger Bewertung im mittleren Bereich anzusiedeln», hiess es.  © dpa

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