Hamburg muss schon bis 2040 klimaneutral werden. So will es ein erfolgreicher Volksentscheid. Damit kommen auf die Stadtbevölkerung weitreichende Änderungen zu, etwa beim Verkehr und beim Heizen.

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Die Initiative "Hamburger Zukunftsentscheid" hat einen Volksentscheid zu mehr Klimaschutz gewonnen. Nun müssen die Hamburgische Bürgerschaft und der rot-grüne Senat die Klimaneutralität der Stadt um fünf Jahre auf das Jahr 2040 vorziehen. Auf die Hansestadt kommen nun deutliche Veränderungen zu.

Abstimmung für strengeren Klimaschutz

Bei dem Volksentscheid hatten sich am Sonntag 53,1 Prozent der Abstimmenden für strengere Klimaschutzziele ausgesprochen, 46,9 Prozent votierten dagegen. An der Abstimmung hatten sich nach Angaben von Landeswahlleiter Rudolf 43,7 Prozent der Abstimmungsberechtigten beteiligt.

Der parallel abgehaltene Volksentscheid zu einem Grundeinkommen-Modellversuch war dagegen nicht erfolgreich. Die Initiative wollte 2.000 repräsentativ ausgewählte Hamburger:innen drei Jahre mit einem bedingungslosen Grundeinkommen ausstatten und das Modell wissenschaftlich begleiten lassen. Die Kosten für die Stadt hätten laut Initiative bei rund 50 Millionen Euro gelegen.

Hamburger Volksentscheid: Wie geht es weiter?

Landesregierung und Parlament müssen nun das Klimaschutzgesetz ändern und den von der Volksinitiative vorgelegten Gesetzentwurf umsetzen. Dabei sollen unter anderem jährliche Zwischenziele verabredet und durch ein regelmässiges Monitoring überprüft werden. Sollten diese nicht erreicht werden, müsse mit Sofortprogrammen gegengesteuert werden.

Der Plan sieht jährliche Obergrenzen für den CO2-Ausstoss vor. Konkrete Ziele für einzelne Sektoren wie Verkehr, private Haushalte, Gewerbe oder Industrie ergeben sich dem Gesetzentwurf zufolge aus dem Klimaplan der Stadt, der regelmässig fortgeschrieben wird.

Der Senat und alle Bürgerschaftsfraktionen – sprich Fraktionen des Landesparlaments – mit Ausnahme der Linken waren gegen eine Verschärfung der Klimaschutzziele. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) kündigte jetzt die Umsetzung des Zukunftsentscheids an. Der Senat werde den Hamburger Klimaplan an die neuen Vorgaben anpassen. Es gelte eine Übergangsfrist von zwei Jahren.

Schritte und Konsequenzen, die sich aus einem geänderten Klimaschutzgesetz ergeben, werde der Senat prüfen. Man werde auch die Massgabe der Initiative beachten, dass Klimaschutz bezahlbar und sozialverträglich erfolgen müsse. Allerdings seinen keine "kurzfristigen neuen Massnahmen" geplant, so Tschentscher bei einer Pressekonferenz. Grundlegende Änderung durch den Volksentscheid folgten erst ab 2030.

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Mieter:innen sollen möglichst wenig belastet werden

Vertreter:innen der Wirtschaft, Immobilienunternehmen und fast alle Bürgerschaftsfraktionen warnten im Vorfeld vor hohen Kosten, unter anderem für die Mieter:innen der Stadt. Handelskammer-Präses Norbert Aust sagte nach der Abstimmung: "Es ist zu befürchten, dass der Standort Hamburg durch diese unsicheren Rahmenbedingungen im Wettbewerb um Investitionen, Arbeitsplätze und Innovationen zurückfällt."

Dabei ist Sozialverträglichkeit der Initiative ein Anliegen. So dürfen dem Gesetzentwurf zufolge die Kosten etwa für die energetische Sanierung von Wohnraum nur begrenzt an Mieter:innen weitergereicht werden. Vermieter:innen wiederum sollen durch Förderprogramme entlastet werden.

Müssen bis 2040 alle Gas- und Ölheizungen raus?

Einem Gutachten des Hamburg Instituts und des Öko-Instituts im Auftrag der Stadt zufolge kommen nun deutliche Veränderungen auf die Bürger:innen der Stadt zu. So müssten bis 2040 alle Gas- und Ölkessel in Wohn- und Nichtwohngebäuden ausgetauscht werden – bei gleichzeitiger Stilllegung des gesamten Gasnetzes. Im Wohnungsbau müsste die Sanierung erheblich beschleunigt und der Einbau von mit erneuerbaren Energien betriebenen Heizsystemen wie Wärmepumpen schon jetzt stärker vorangetrieben werden.

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Kommt jetzt Tempo 30 in der ganzen Stadt?

Im Verkehr müsste in der ganzen Stadt Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit eingeführt und der Pkw-Verkehr deutlich reduziert werden. Ferner bedürfte es der Einrichtung von Umweltzonen im Hafen.

Für den Bereich Industrie sei es notwendig, Erdgas und Brennstoffe wie Petrolkoks und Raffinerie-Gas vollständig durch Wasserstoff und E-Fuels zu ersetzen. Die komplette Elektrifizierung der Mobilität müsste bis 2040 abgeschlossen sein.

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Luisa Neubauer: "Wir haben Geschichte geschrieben"

Die Volksinitiative war von der Klimabewegung Fridays for Future angestossen worden. Zuletzt wurde sie von mehr als 160 Sozialverbänden, Wirtschaftsunternehmen und Kultureinrichtungen unterstützt, darunter die Umweltverbände BUND, Greenpeace und Nabu, die Gewerkschaft Verdi und der FC St. Pauli. Ebenfalls Befürworter waren die Hamburger Kunsthalle, das Schauspielhaus und der Mieterverein Hamburg.

Die Aktivistin Luisa Neubauer begrüsste den erfolgreichen Volksentscheid für eine frühere Klimaneutralität. Während die Bundesregierung in Sachen Klima den Rückwärtsgang einlege, gehe Hamburg nach vorne, schrieb Neubauer (29) auf der Plattform X. "Wir haben Geschichte geschrieben", meinte die gebürtige Hamburgerin, die für den Volksentscheid geworben hatte.

Der "Hamburger Zukunftsentscheid" ist der erste aus der Bevölkerung hervorgegangene erfolgreiche Volksentscheid seit 2013.

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