Die Solarpflicht kommt, doch sie gleicht einem Flickenteppich aus unterschiedlichen Regelungen. Je nachdem, wo du wohnst und was du planst, kann eine Solaranlage auf deinem Dach bald zur gesetzlichen Vorgabe werden. Wir zeigen dir, ob für dich bereits eine Pflicht gilt.
Die Energiewende ist kein abstraktes Konzept mehr, sondern eine Entwicklung, die direkt unseren Alltag betrifft. Ein zentrales Instrument, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen, ist die sogenannte Solarpflicht. Sie soll dafür sorgen, dass das riesige Potenzial unserer Dächer konsequent für die saubere Stromerzeugung genutzt wird.
Doch die Umsetzung kann verwirrend sein. Während einige Bundesländer bereits klare Vorschriften erlassen haben, halten sich andere noch zurück. Das Ergebnis ist ein unübersichtliches Feld an Gesetzen, das bei Bau und Saniererung für Unsicherheit sorgt. Dieser Artikel bringt Licht ins Dunkel und erklärt, was die Solarpflicht für dich konkret bedeutet.
Was bedeutet Solarpflicht?
Der Begriff Solarpflicht beschreibt eine gesetzliche Vorgabe, die Eigentümer:innen von Gebäuden dazu verpflichtet, bei Neubauten oder Dachsanierungen eine Photovoltaikanlage zu installieren. Das Ziel dieser Massnahme ist es, das enorme Potenzial ungenutzter Dachflächen für die saubere Energiegewinnung zu erschliessen. Es handelt sich jedoch nicht um ein einzelnes Gesetz, sondern um eine Vielzahl unterschiedlicher Verordnungen, die sich von Bundesland zu Bundesland stark unterscheiden können.
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Welche Bundesländer haben eine Solarpflicht?
Mehrere Bundesländer haben bereits eigene Gesetze zur Solarpflicht erlassen. Die genauen Bestimmungen variieren dabei erheblich. Hier ist eine Übersicht des aktuellen Stands (August 2025):
- Baden-Württemberg: Hier gilt die Solardachpflicht bereits seit 2022 für neue Nichtwohngebäude und seit 2023 auch für neue Wohngebäude. Bei grundlegenden Dachsanierungen von Bestandsgebäuden musst du ebenfalls eine PV-Anlage aufs Dach bauen. Dabei müssen private Hausbesitzende mindestens 60 Prozent der relevanten Dachfläche nutzen. Statt einer PV-Anlage kannst du auch eine solarthermische Anlage zur Wärmeerzeugung installieren. Zur Orientierung hat das Land einen Praxisleitfaden herausgegeben.
- Bayern: In Bayern gilt seit März 2023 eine Solarpflicht für neue Gewerbe- und Industriegebäude, seit Juli 2023 auch für sonstige neue Nichtwohngebäude mit einer Dachfläche ab 50 Quadratmetern. Seit Januar 2025 ist zudem in der Bayerischen Bauordnung eine Soll-Vorschrift verankert, nach der auf neue Wohngebäude und bei der Erneuerung auf die Dachflächen bestehender Wohnhäuser eine Photovoltaikanlage soll. Das ist aber nur eine Empfehlung und rechtlich nicht bindend.
- Berlin: In der Hauptstadt gilt seit 2023 eine Solarpflicht für alle Neubauten sowie für Bestandsgebäude, die saniert werden. Das Dach muss aber mindestens eine Nutzfläche von 50 Quadratmetern besitzen, wobei die Solaranlage mindestens 30 Prozent der Dachfläche einnehmen muss. Dies betrifft sowohl Wohn- als auch Nichtwohngebäude. Ausgenommen sind denkmalgeschützte Häuser. Wenn du dir unsicher bist, ob die Pflicht dich betrifft, kannst du es über ein Online-Tool der Stadt Berlin herausfinden.
- Brandenburg: In Brandenburg muss seit dem 1. Juni 2024 auf neuen öffentlichen oder gewerblichen Gebäuden mit mindestens 50 Quadratmetern Dachfläche eine Solaranlage installiert werden, die mindestens die Hälfte der Fläche abdeckt. Die Pflicht gilt auch bei vollständigen Dachsanierungen von gewerblich genutzten Bestandsgebäuden. Private Wohnhäuser sind von der Solarpflicht derzeit nicht betroffen.
- Bremen: In Bremen gilt seit 2024 ebenfalls eine Solarpflicht, wenn mindestens 80 Prozent des Dachs saniert werden. Eine Ausnahme bilden kleine Dächer. Wenn weniger als 25 Quadratmeter geeignete Fläche zur Verfügung stehen, bist du von der Pflicht befreit. Füralle Neubautengilt seit Mitte 2025 ebenfalls eine Solarpflicht. Dann musst du mindestens die Hälfte der geeigneten Dachfläche mit einer Solaranlage ausstatten. Allerdings nur, wenn die Fläche grösser als 50 Quadratmeter ist.
- Hamburg: Neubauten müssen in Hamburg seit 2023 eine PV-Anlage bekommen, seit 2024 gilt das auch bei Dachsanierungen von Bestandsgebäuden. In beiden Fällen muss die Solaranlage mindestens 30 Prozent der Dachfläche belegen. Einzige Ausnahme von der Solarpflicht: Wenn es für die Eigentümer:innen wirtschaftlich nicht vertretbar ist oder eine Solarthermie-Anlage als Alternative installiert wird.
- Hessen: Hier müssen seit Ende 2022 landeseigene Gebäude und seit 2023 neue, überdachte Parkplätze mit mehr als 50 Stellplätzen mit Solarmodulen bestückt werden. Eine Solarpflicht für Wohngebäude gibt es aktuell nicht.
- Niedersachsen: In Niedersachsen musst du seit 2025 bei neu gebauten Wohnhäusern mit mehr als 50 Quadratmetern Dachfläche oder bei grundlegender Dachsanierung mindestens die Hälfte des Daches mit Solarmodulen belegen. Schon seit 2023 gilt die Solarpflicht für neue Gewerbegebäude ab 75 Quadratemeter Dachfläche und seit 2024 auch für öffentliche Neubauten. Du bist nur dann von der Pflicht befreit, wenn die Installation technisch oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist oder bereits eine solarthermische Anlage vorhanden ist.
- Nordrhein-Westfalen: In Nordrhein-Westfalen musst du seit dem 1. Januar 2025 bei neuen Wohnhäusern mit mindestens 50 Quadratmetern Dachfläche eine Solaranlage installieren, die mindestens 30 Prozent der Dachfläche abdeckt. Ab 2026 gilt die Pflicht auch bei umfassenden Dachsanierungen von bestehenden Wohn- und Gewerbegebäuden, wobei sich die Vorgabe dann auf die geeignete Fläche bezieht. Die Solarpflicht gilt schon seit 2023 für neue öffentliche Gebäude, seit 2024 für gewerbliche Neubauten und seit Juli 2024 bei sanierten Dächern kommunaler Gebäude.
- Rheinland-Pfalz: In Rheinland-Pfalz musst du seit dem 1. Januar 2024 neue Wohngebäude so bauen, dass sie für eine spätere Installation von Solarmodulen vorbereitet sind – das nennt sich "PV-ready". Diese Pflicht gilt auch, wenn du dein Dach umfassend sanierst, eine aktive Nutzung der Solaranlage ist aber (noch) nicht vorgeschrieben. Für neue Gewerbebauten und grössere Parkplätze besteht bereits seit 2023 eine Solarpflicht, für öffentliche Neubauten und Dachsanierungen seit 2024.
- Schleswig-Holstein: In Schleswig-Holstein musst du ab dem 29. März 2026 bei neuen Wohngebäuden eine Solaranlage einplanen. Schon jetzt gilt eine Solarpflicht für neue Nichtwohngebäude sowie für grosse Parkplätze mit mehr als 100 Stellplätzen, auch bei grösseren Dachsanierungen von Büro- oder Geschäftshäusern. Die Solarpflicht kannst du wahlweise mit einer Photovoltaik- oder einer Solarthermieanlage erfüllen.
Welche Bundesländer haben keine Solarpflicht?
In einigen Bundesländern gibt es aktuell keine spezifische Solarpflicht, auch wenn der politische Wille in diese Richtung zielt. Die Entwicklungen sind dynamisch, und Änderungen sind jederzeit möglich (Stand: August 2025).
- Mecklenburg-Vorpommern
- Saarland
- Sachsen
- Sachsen-Anhalt
- Thüringen
Sonderfall: Solardachpflicht auf kommunaler Ebene
Auch wenn ein Bundesland keine Solarpflicht oder sie noch nicht auf Bestands- oder Wohngebäude ausgeweitet hat, kann es regionale Regelungen geben. Denn Städte und Kommunen können selbstständig eine Solarpflicht beschliessen. Tübingen, Waiblingen, Konstanz, Bonn, Gütersloh und andere Städte haben es bereits vorgemacht. Wenn allerdings ein Bundesland eine Solarpflicht erlässt, werden die kommunalen Regelungen zumeist durch sie ersetzt.
Gibt es eine bundesweite Solarpflicht und EU-Solarpflicht?
Eine allgemeine, bundesweite Solardachpflicht für alle Gebäude wurde im Rahmen des Solarpaket I der Bundesregierung diskutiert, aber letztlich nicht umgesetzt. Die Bundesregierung überlässt die konkrete Ausgestaltung weiterhin den Ländern, um regionale Besonderheiten besser berücksichtigen zu können.

Auf europäischer Ebene hingegen nimmt die Idee konkrete Formen an. Im Mai 2024 trat die neue EU-Gebäuderichtlinie in Kraft, die eine Solarpflicht für sämtliche EU-Mitgliedsstaaten mit sich bringt (Artikel 10 der EU-Richtlinie 2024/1275). Sie sieht eine stufenweise Einführung vor:
- Ab 2026: Solarpflicht für alle neuen öffentlichen und gewerblichen Gebäude.
- Ab 2027: Solarpflicht für alle bestehenden öffentlichen und gewerblichen Gebäude, die renoviert werden.
- Ab 2029: Solarpflicht für alle neuen Wohngebäude.
Diese EU-Vorgaben müssen die Mitgliedsstaatenallerdings noch in nationales Recht umsetzen, bevor sie in Deutschland gültig sind. Voraussichtlich werden sie dann auch die Solarpflicht der Bundesländer ersetzen und damit vereinheitlichen.
Was müssen Hausbesitzer:innen beachten?
Die Einführung einer Solarpflicht wirft viele praktische Fragen auf. Hier sind die wichtigsten Antworten für dich:
- Informationen einholen: Wer ein neues Haus bauen oder das Dach sanieren möchte, sollte sich als erstes über eine etwaige Solarpflicht informieren. Denn auch wenn das eigene Bundesland keine hat, kann es immer noch auf kommunaler Ebene Vorschriften geben. Die beste Anlaufstelle ist immer das zuständige Bauamt.
- Förderungen: Auch wenn du verpflichtet bist, eine Solaranlage auf dein Dach zu bauen, musst du die Kosten nicht komplett selbst tragen. Bundesländer und Kommunen haben teils Förderprogramme und bezuschussen dein Bauvorhaben. Alternativ kannst du den zinsgünstigen Kredit 270 der KfW beziehen.
- Mehrere Angebote einholen: Du bist auch nicht verpflichtet, einen bestimmten Solarteur zu buchen. Hole dir immer mehrere Angebote von mindestens drei unterschiedlichen Firmen ein. Portale wie Aroundhome oder das Solaranlagenportal können hierfür sinnvoll sein. Dort bekommst du unverbindliche Angebote von verschiedenen Installationsbetrieben in deiner Nähe.
- Ausnahmen prüfen: Auch wenn sich eine Solaranlage meistens lohnt, gibt es Ausnahmen, die dich von der Solarpflicht befreien. Die Hauptgründe sind eine zu schlechte Statik des Dachs, Denkmalschutz und dass die PV-Anlage wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Du kannst dich dann bei deinem Bauamt von der Solarpflicht befreien lassen.
- Strafen bei Missachtung: Wenn du die Solarpflicht ignorierst, musst du mit empfindlichen Buss- und Zwangsgeldern rechnen. Wie hoch diese ausfallen, bestimmt immer das zuständige Bundesland. Zudem verlangen einige Bundesländer einen Nachweis über die Anlage (z.B. eine Anmeldung im Marktstammdatenregister) und machen stichpunktartige Kontrollen.
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Fazit: Kein Grund zur Panik, aber Eigeninitiative ist gefragt
Der Flickenteppich namens Solarpflicht bleibt für Hausbesitzer:innen in Deutschland vorerst Realität. Ob und wie du von den Regelungen betroffen bist, hängt stark von deinem Wohnort und deinem Bau- oder Sanierungsvorhaben ab. Klar ist aber auch: Der Trend geht unaufhaltsam in Richtung Solardach. Die kommende EU-Richtlinie wird dem regionalen Durcheinander voraussichtlich ein Ende setzen und deutschlandweit für einheitlichere Vorgaben sorgen.
Für dich als Hausbesitzer:in bedeutet das vor allem: Du musst selbst aktiv werden. Der Gang zum lokalen Bauamt um die genauen Vorschriften zu klären, ist unerlässlich. Gleichzeitig solltest du die Pflicht nicht nur als Belastung sehen, sondern als Chance. Denn eine Solaranlage bringt dir Rendite bzw. spart Stromkosten. Zudem zahlt sie sich fast immer von selbst ab, sodass du keinen Verlust machst. © UTOPIA