Zwei Gefängnisaufseher sollen den damals in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies inhaftierten Brian Keller geschlagen haben. Sein Anwalt fordert eine hohe Genugtuung.

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Vor Gericht in Dielsdorf hat Brian Kellers Anwalt den beiden Gefängnisaufsehern versuchte schwere Körperverletzung vorgeworfen. Sie sollen Keller jeweils 12'000 Franken Genugtuung zahlen.

Zum Zeitpunkt der Schläge sei von Keller keine Gefahr mehr ausgegangen, sagte der Anwalt des ehemaligen Häftlings am Dienstag am Bezirksgericht Dielsdorf. Keller sei am 9. April 2019 in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies geschlagen worden, als er am Boden lag und von sechs Aufsehern fixiert worden sei.

Tatvorwurf: Versuchte schwere Körperverletzung und Amtsmissbrauch

Der Anwalt forderte deshalb eine Verurteilung wegen versuchter schwerer Körperverletzung sowie Amtsmissbrauchs. Die beiden Beschuldigten, zwei Schweizer im Alter von 41 und 46 Jahren, sollen Keller Genugtuung in Höhe von jeweils 12'000 Franken bezahlen.

Die Staatsanwaltschaft, die nicht an der Verhandlung teilnahm, forderte in der Anklage eine Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs und einfacher Körperverletzung an einer wehrlosen Person. Der 46-jährige Aufseher soll zu einer bedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 190 Franken verurteilt werden. Die Probezeit soll zwei Jahre betragen. Zusätzlich soll er eine Busse von 4800 Franken bezahlen.

Der 41-jährige Beschuldigte soll eine bedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 180 Franken erhalten, die Probezeit soll zwei Jahre betragen. Zusätzlich soll eine Busse von 4500 Franken verhängt werden. Beide Beschuldigten arbeiten noch heute in der Pöschwies.

"Ich habe alles richtig gemacht."

Beschuldigter

Die Gefängnisaufseher bestritten, gegen Keller unnötig Gewalt eingesetzt zu haben. Dass jeweils sechs Aufseher in voller Schutzausrüstung Keller zu Hofspaziergängen abholen mussten, sei die Folge von diversen Vorfällen gewesen.

An jenem Morgen im April 2019 soll Keller einen der Aufseher angespuckt und mit gefesselten Händen gegen den Schutzschild geschlagen haben. Daraufhin kam es zu einer Rangelei, in deren Verlauf die Beschuldigten Keller geschlagen haben sollen.

"Ich habe alles richtig gemacht", sagte der 41-jährige Beschuldigte. Er habe auch nach der Spuckattacke dafür sorgen wollen, dass Keller seinen Spaziergang machen könne, obwohl eigentlich vereinbart gewesen sei, den Versuch in einem solchen Fall abzubrechen. Sein Anwalt forderte einen Freispruch und beantragte, die Genugtuungsforderung Kellers abzuweisen.

"Rundschau" zeigte Videoaufnahmen

Der Vorfall beschäftigt Justiz und Öffentlichkeit bereits seit Jahren. Im Dezember 2020 strahlte die "Rundschau" des SRF Bilder von Überwachungskameras aus, die zeigen, wie die Situation in der Pöschwies eskalierte und Keller zu Boden gerungen wurde.

Die zuständige Staatsanwaltschaft wollte das Verfahren gegen die zwei Gefängnisaufseher zunächst einstellen, musste jedoch auf Geheiss des Bundesgerichts dennoch Anklage erheben.

Brian Keller, der ehemals "berühmteste Häftling der Schweiz" stand kürzlich selber erneut als Beschuldigter vor Gericht. Das Bezirksgericht Zürich verurteilte ihn anfangs Juni wegen versuchter schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten. Das Urteil wurde ans Obergericht weitergezogen.

Zur Verhandlung am Dienstag erschien er nicht. Das Urteil wird voraussichtlich am Freitag eröffnet. (sda/bearbeitet von nap)