Mit den ersten heissen Tagen sind auch die Gewitter in die Schweiz zurückgekehrt. Warum gewittert es eigentlich immer im Sommer?
Wie gross ist die Gefahr, vom Blitz getroffen zu werden? Ein paar Fakten zum Beginn der Gewittersaison:
WIE ENTSTEHEN BLITZ UND DONNER?
In einer Gewitterwolke gibt es starke Aufwinde und Abwinde, die dazu führen, dass Wassertropfen und Eiskristalle in der Wolke kollidieren. Dabei werden elektrische Ladungen getrennt: Die positiven Ladungen sammeln sich meist in den oberen Teilen der Wolke, während sich die negativen Ladungen im unteren Teil ansammeln. Wenn der Spannungsunterschied zwischen den Ladungen gross genug wird, kommt es zu einer plötzlichen Entladung in Form eines Blitzes. Dieser Blitz kann innerhalb der Wolke, zwischen Wolken oder zwischen der Wolke und dem Boden auftreten.
Der Blitz erhitzt die Luft in seiner Umgebung schlagartig auf Temperaturen von bis zu 30'000 Grad Celsius. Diese extreme Hitze führt zu einer schnellen Ausdehnung der Luft, die eine Druckwelle erzeugt. Diese Druckwelle breitet sich als Schallwelle aus und ist als Donner hörbar.
WANN ENTSTEHEN GEWITTERWOLKEN?
Damit eine Gewitterwolke, oder eine Cumulonimbus-Wolke, wie sie in der Fachsprache heisst, entstehen kann, braucht es grundsätzlich drei Zutaten: Genügend Feuchtigkeit, eine instabile Schichtung der Luft und eine Art Hebungsmechanismus.
ABER WIE GENAU ENTSTEHT AUS DIESEN "ZUTATEN" EIN GEWITTER?
Cumulonimbus-Wolken können entstehen, wenn warme, feuchte Luft schnell nach oben steigt. Dies passiert häufig im Sommer, wenn die Sonne den Boden und damit die Luft über dem Boden stark erwärmt. Die aufgewärmte Luft steigt in die Höhe. Beim Aufsteigen kühlt die Luft ab. Da kalte Luft weniger Wasserdampf aufnehmen kann als warme Luft, gibt es überschüssigen Wasserdampf. Dieser kondensiert zu einer Wolke.
Ein entscheidender Faktor für die Entstehung von Gewitterwolken ist die Instabilität der Luftschichtung. Wenn sehr warme und feuchte Luft in den unteren Schichten von kühlerer Luft überlagert wird, ist dieser Effekt besonders intensiv. Im Sommer entstehen durch die starke Sonneneinstrahlung sogenannte "thermische Blasen", die sich vom Boden lösen, in die Höhe steigen und zu einer Wolke kondensieren. Ist die vertikale Entwicklung gross genug, kann sich daraus ein Gewitter entwickeln. Eine andere Situation, die zur Bildung von Cumulonimbus-Wolken führt, ist das Einströmen kälterer Luft. Etwa wenn eine Kaltfront vorbeizieht und die warme Luft durch die kältere Luft verdrängt und angehoben wird.
Wenn sich die Wolken hoch genug auftürmen, bilden sich Eiskristalle in den oberen, kalten Schichten - die Voraussetzung für die Entstehung von Blitz und Donner ist gegeben. Um hoch genug aufsteigen zu können, brauchen die Wolken eine Art Hebungsmechanismus, der ihnen die zusätzlich benötige Energie zuführt, um Sperrschichten in der Luft zu überwinden. In der Schweiz sorgen dafür meist Hangaufwinde und Talwinde in den Bergen.
WARUM LIEGEN DIE WETTERPROGNOSEN BEI GEWITTERN OFT FALSCH?
Die beschriebenen Zutaten und Vorgänge sind an Gewittertagen je nach Ort und Tageszeit unterschiedlich stark ausgeprägt und beeinflussen einander gegenseitig, wie das Bundesamt für Meteorologie (Meteoschweiz) auf seiner Webseite schreibt. Diese Faktoren richtig zu gewichten und somit eine präzise Prognose der Gewitterentwicklung zu erstellen, sei herausfordernd. Oft seien nur vage Aussagen auf regionalem Massstab und auf kurze Frist von wenigen Stunden bis Tagen möglich.
WIE GROSS IST DIE GEFAHR, VON EINEM BLITZ GETROFFEN ZU WERDEN?
Genaue Zahlen gibt es dazu für die Schweiz nicht. In den USA beträgt die Wahrscheinlichkeit laut dem nationalen Wetterservice weniger als eins zu einer Million.
Einer Analyse des Forschungsinstituts für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) zufolge forderten Blitzschläge schweizweit in den 70 Jahren zwischen 1946 und 2015 164 Todesopfer. Das entspricht 2,3 Blitztoten pro Jahr. Die Wahrscheinlichkeit, an einem Blitzschlag zu sterben, ist während der Untersuchungsperiode aber stark gesunken. In der ersten Hälfte der Studienperiode wurden viermal so viele Todesfälle wegen Blitzschlags registriert als in der zweiten Hälfte.
In den letzten Jahren gab es jeweils Berichte von einer Handvoll Menschen, die in der Schweiz von Blitzen getroffen wurden. Die meisten überlebten.
WO IST DIE GEFAHR IN DER SCHWEIZ AM GRÖSSTEN?
Die meisten Blitztoten gab es laut der WSL-Statistik im Kanton Bern mit 21, gefolgt vom Kanton Wallis mit 17. Allgemein dürfte die grösste Gefahr aber im Kanton Appenzell Innerhoden liegen - er war der Kanton, in dem im Jahr 2024 die höchste Blitzdichte verzeichnet wurde, wie eine kürzlich vom Blitz-Informationsdienst (Blids) veröffentlichte Statistik zeigte. In dem Kanton wurden zwei Blitzeinschläge pro Quadratkilometer und Jahr verzeichnet.
KANN MAN DIE ENTFERNUNG EINES GEWITTER WIRKLICH ZÄHLEN?
Ja, das funktioniert tatsächlich - zumindest ungefähr. Blitz und Donner entstehen in den Gewitterwolken gleichzeitig. Das Licht vom Blitz breitet sich aber viel schneller aus als der Schall des Donners. Zählt man die Sekunden zwischen Blitz und Donner und teilt diese Zahl durch drei, erhält man ungefähr die Entfernung des Gewitters in Kilometern. (sda/bearbeitet von phs)