In Al-Fashir, der seit 500 Tagen belagerten Hauptstadt der sudanesischen Region Nord-Darfur, sind Kinder nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks UNICEF von akuter Mangelernährung und Gewalt bedroht.

Al-Fashir sei zu einem "Epizentrum des Kinderleids" geworden, heisst es bei dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen. Noch immer sässen dort etwa 260.000 Zivilisten fest. Die Hälfte von ihnen sind Kinder. Der Ort, aus dem bereits etwa 600.000 Menschen geflüchtet seien, wird seit mehr als 16 Monaten von Versorgungsrouten und Hilfslieferungen abgeschnitten, erklärte UNICEF.

Kürzlich seien innerhalb einer Woche mindestens 63 Menschen – darunter auch Kinder – an den Folgen von Unterernährung gestorben, teilte das UN-Kinderhilfswerk unter Berufung auf Berichte mit. In Teilen Nord-Darfurs sowie den westlichen Nuba-Bergen herrscht eine offizielle Hungersnot.

Wann wird eine Hungersnot ausgerufen?

  • Eine Hungersnot wird von den UN oder der jeweiligen Regierung erklärt – basierend auf Daten der internationalen IPC-Klassifikation.
  • Anhand einer Skala, die aus fünf Stufen besteht, wie die Ernährungssicherheit in einem Gebiet eingeordnet. Sie reicht von Phase 1 "Minimal", über "Strapaziert" (Stressed), "Krise" (Crisis) und "Notsituation" (Emergency) bis hin zu Phase 5, der "Hungersnot" (Famine).

Blockaden verhindern Hilfe durch UNICEF

Seit Januar seien in Al-Fashir mehr als 10.000 Kinder wegen akuter Unterernährung behandelt worden. Das sind fast doppelt so Fälle viele wie im Jahr zuvor. Doch mussten aufgrund knapper Vorräte die Dienste inzwischen eingestellt müssen. Dadurch können rund 6.000 an extremer Mangelernährung leidende Kinder nicht mehr behandelt werden. Sie schweben in akuter Lebensgefahr.

Die UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell fordert sofortige Massnahmen: "Wir erleben eine verheerende Tragödie – Kinder in Al-Fashir verhungern, während die lebensrettende Ernährungshilfe von UNICEF blockiert wird."

Mehr als tausend Kinderrechtsverletzungen

Seit Beginn der Belagerung seien zudem mehr als tausend Mädchen und Jungen etwa bei Bombardierungen getötet oder verstümmelt worden, hiess es in der Mitteilung der Organisation weiter. In 1.100 Fällen kam es zu schweren Kinderrechtsverletzungen. Dies seien nur die Fälle, die die Vereinten Nationen verifizieren könnten - das tatsächliche Ausmass der Gewalt sei vermutlich grösser.

Kinder würden zudem auch Opfer sexualisierter Gewalt. Hierzu wurde bereits Ende Februar ein Bericht von UNICEF veröffentlicht, demnach es seit Anfang 2024 221 Fälle sexualiserter Gewalt gegeben habe. Die Dunkelziffer, so fürchtet das Kinderhilfswerk, liegt jedoch deutlich höher.

Laut des Berichts, in dem auch Überlebende zu Wort kommen, sind 66 Prozent der Überlebenden Mädchen und 33 Prozent Jungen. 16 der insgesamt 221 Überlebenden sind unter fünf Jahre alt. Vier von ihnen waren zum Zeitpunkt der Tat gerade einmal ein Jahr alt.

UNICEF fordert humanitäre Feuerpause

UNICEF appelliert an die sudanesische Regierung und die anderen Konfliktparteien, einen dauerhaften, ungehinderten und sicheren Zugang zu Kindern überall im Sudan zu gewährleisten. Dazu gehörten eine sofortige und anhaltende humanitäre Feuerpause in Al-Fashir und anderen Konfliktgebieten.

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In dem Land im Nordosten Afrikas herrscht seit April 2023 ein blutiger Machtkampf. Al-Fashir ist die letzte grosse Stadt in der westlichen Region Darfur, die noch unter Regierungskontrolle steht. Der Miliz RSF werden zahlreiche Menschenrechtsverbrechen vorgeworfen, während die Regierungsarmee der Bombardierung ziviler Wohngebiete beschuldigt wird. (cm)

Verwendete Quellen