Die Miliz RSF will in der Region Darfur die Stadt Al Fascher, die letzte Bastion der sudanesischen Regierung, eingenommen haben. Dort harren unzählige Zivilisten aus. Laut UN-Angaben leiden sie Hunger und können nicht fliehen.
In der Grossstadt Al Fascher im Südwesten des Sudans sitzen wegen heftiger Kämpfe nach UN-Angaben Hunderttausende Zivilisten fest. Sie können nicht fliehen, harren in Angst aus und haben keinen Zugang zu Nahrungsmitteln oder gesundheitlicher Versorgung, berichtet Tom Fletcher, der Leiter des Nothilfebüros der Vereinten Nationen (OCHA). Die Berichte über massiven Beschuss der Stadt und über Kämpfe seien sehr alarmierend.
Die RSF hat Al Fascher, die letzte von der Regierung kontrollierte und seit anderthalb Jahren belagerte Grossstadt in der Region Darfur, inzwischen nach eigenen Angaben eingenommen. Das Militär äusserte sich zunächst nicht dazu. Medienberichten zufolge gibt es weiter Kämpfe in der Hauptstadt des Bundesstaats Nord Darfur. Die Angaben liessen sich zunächst nicht unabhängig bestätigen.
UN fordern, Hilfe zuzulassen
Fletcher forderte eine sofortige Waffenruhe in Al Fascher, freies Geleit für fliehende Zivilisten sowie schnellen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe. "Wir stehen mit überlebenswichtigen Vorräten bereit, aber die heftigeren Kämpfe haben es uns unmöglich gemacht, Hilfe hineinzubekommen", sagte er. In Al Fascher leben nach UN-Angaben noch bis zu 300.000 Menschen unter katastrophalen Bedingungen.
Unter den Zivilisten in der Stadt Al Fasher befinden sich auch 130.000 Kinder, berichtet das Kinderhilfswerk UNICEF. Sie sind wegen der Belagerung seit anderthalb Jahren von lebenswichtiger humanitärer Hilfe abgeschnitten. Besonders dramatisch ist die Lage für mangelernährte Kinder, da sie weder behandelt werden können.
Der stellvertretende Exekutivdirektor von UNICEF war erst kürzlich im Sudan und berichtet in einem gemeinsamen Statement mit UN-Organisationen von der katastrophalen Situation vor Ort: "Was ich diese Woche in Darfur und anderen Regionen des Sudan gesehen habe, zeigt auf erschütternde Weise, was auf dem Spiel steht: Kinder hungern, werden krank und haben keinen Zugang zur Grundversorgung."
Zivilisten getötet, Krankenhäuser geplündert
Nach Angaben des Sudanesischen Ärztenetzwerks habe die paramilitärische Gruppe RSF in der Nacht zum Montag Dutzende unbewaffnete Zivilisten in Al Fascher getötet.
Die Paramilitärs hätten zudem Krankenhäuser, medizinische Einrichtungen und Apotheken geplündert und zerstört. Dabei handelte es sich um die wenigen Teile der Gesundheitsinfrastruktur, die trotz des langwierigen Konflikts noch funktionstüchtig gewesen seien, hiess es. Das Ärztenetzwerk sprach von "abscheulichen Verbrechen, die einem Massenmord gleichkommen."
Die Sorge vor Folter, Vergewaltigungen und Tötungen wächst
Für den Fall, dass die Miliz RSF die Stadt komplett unter ihre Kontrolle bringen kann, werden schwere Gewalttaten, Folter, Vergewaltigungen, Tötungen und ethnisch motivierte Vertreibungen befürchtet. Solche Verbrechen wurden aus zuvor von der RSF eingenommenen Teilen Darfurs berichtet.
Im Sudan herrscht seit April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Abdel-Fattah al-Burhan und seinem einstigen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, der die RSF kommandiert. Während die Armee zwischenzeitlich die Hauptstadt Khartum zurückerobern konnte, haben die RSF ihre Kontrolle über Darfur an der Grenze zum Tschad verfestigt. Dem Land droht eine dauerhafte Spaltung.
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Die UN werten die Lage im Sudan als derzeit grösste humanitäre Krise der Welt. Mehr als zwölf Millionen Menschen sind auf der Flucht. Mehr als 26 Millionen, etwa die Hälfte der Bevölkerung, leiden Hunger. (dpa/bearbeitet von cm)