Die Rentenhöhe hierzulande gleicht einer alpinen Bergwanderung von einem Zwischengipfel zum nächsten. Seit 2006 ist die gewohnte jährliche Anhebung gesetzlicher Alterseinkünfte im Westen nur einmal, im Osten überhaupt nicht ausgeblieben. Ab Juli steigen die Bezüge der Rentner erneut, dieses Mal bundesweit einheitlich um 3,74 Prozent. Grundlage für ihre Anhebung ist die Lohnentwicklung 2024 in Deutschland.

Wo Gipfelfreuden locken, gibt es auch Abgründe: Durch die Rentenerhöhung 2025 werden 73.000 Ruheständler erstmals eine Steuererklärung abgeben müssen. Ursache für die nun wieder auflebende Pflichtaufgabe für den Fiskus ist, dass sie mit ihren steuerpflichtigen Einkünften den Grundfreibetrag (12.096 Euro Alleinstehende, 24.192 Euro zusammen veranlagte Partner) überschreiten.

Dabei entscheidet das Jahr des Rentenbeginns darüber, welcher Anteil der gesetzlichen Rente steuerpflichtig ist: Bei Ruheständlern, die 2005 oder früher in Rente gegangen sind, lag dieser Anteil nur bei 50 Prozent der gesetzlichen Altersbezüge. Neurentner des Jahresgangs 2025 müssen 83,5 Prozent der staatlichen Leistung versteuern. Nur noch ein Anteil von 16,5 Prozent bleibt steuerfrei.

Hier lauert eine andere Stolperfalle: Der lebenslang steuerfreie Anteil der gesetzlichen Rente wird bei Bezugsbeginn nominal, als Fixbetrag, festgeschrieben. Nach jeder zunächst erfreulichen Rentensteigerung erhöht sich für "Altrentner" der prozentual zu versteuernde Anteil. Faktisch ist damit jede Rentenerhöhung für sämtliche Leistungsempfänger vollständig steuerpflichtig.

Steuerpflichtiger Anteil steigt an

Bis 2020 war der steuerpflichtige Rentenanteil für Neuruheständler jährlich um zwei Prozentpunkte angewachsen, seit 2021 um einen Prozentpunkt. Ab 2023 gibt es erneut einen Geländeeinschnitt wie bei einer Bergtour: Seitdem ist der Anstieg des Besteuerungsanteils bei Renteneintritt auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert.

Damit wird nach derzeitigem Stand erst der Neurentner Jahrgang 2058 mit seinen gesetzlichen Alterseinkünften zu 100 Prozent steuerpflichtig sein. Bei Einführung des Systems der nachgelagerten Rentenbesteuerung im Jahr 2005 war dies schon ab 2040 vorgesehen.

Weiteres Potenzial für Fehltritte: Auch Nebeneinkünfte aus privater Altersvorsorge wie Riester- und Rürup-Verträge sowie Betriebsrenten und Mieteinnahmen erhöhen das zu versteuernde Einkommen im Ruhestand. Bei Kapitaleinkünften oberhalb des Sparerfreibetrags (seit 2025 1.000 Euro für Alleinstehende und 2.000 Euro für zusammen veranlagte Partner) können auch Ruheständler in der Einkommensteuererklärung die Günstigerprüfung (Anlage KAP, Zeile 4/5) beantragen.

Das Finanzamt muss dann prüfen, ob eine Veranlagung auf Basis der 25-prozentigen Abgeltungsteuer oder nach dem persönlichen Grenzsteuersatz (zwischen 14 und 45 Prozent) für den Steuerpflichtigen vorteilhafter ist.

Vorteile mit NV-Bescheinigung

Eine weitere fiskalische Steighilfe: Wer als Ruheständler mit seinen zu versteuernden Einkünften unterhalb des Grundfreibetrags bleibt, kann sich mit einer Nichtveranlagungsbescheinigung (NV) vom Finanzamt bei Banken von der Abgeltungsteuer auf Kapitaleinkünfte befreien lassen. Nach einem Mitte Mai veröffentlichten Schreiben des Bundesfinanzministeriums können im Rahmen einer NV, die üblicherweise für drei Jahre erteilt wird, auch realisierte Kursverluste und gezahlte ausländische Quellensteuern berücksichtigt werden. Derartige Verluste werden nun in den jeweiligen Verlustverrechnungstöpfen verbucht (GZ: IV C 1 — S 2252/00075/016/070).

Eine Gratwanderung gibt es dagegen beim Thema Doppelbesteuerung von Altersbezügen. Im Jahr 2021 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) Klagen von zwei Ehepaaren gegen eine mögliche Doppelbesteuerung ihrer Renten abgewiesen (Az. X R 20/19 und X R 33/19). Gleichzeitig warnten die Bundesrichter damals, dass vielen Ruheständlern künftig eine unzulässige Doppelbesteuerung des Arbeitseinkommens, aus dem sie die Rentenbeiträge leisten, und ihren späteren Rentenauszahlungen drohe.

Die beim BFH unterlegenen Kläger hatten gegen die beiden Entscheidungen in Karlsruhe erneut Klage eingereicht. Sie befürchteten weiter eine Doppelbesteuerung ihrer Altersbezüge. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch kürzlich entschieden, diese Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung anzunehmen (Az. 2 BvR 1143/ 21 und 1140/22).

Seit März 2025 entfällt der entsprechende Vorläufigkeitsvermerk in neuen Steuerbescheiden. Das Bundesfinanzministerium sieht nach den abgewiesenen Verfassungsbeschwerden derzeit keinen Anlass, den Hinweis standardmässig aufzunehmen: Seit 2023 könnten Rentenversicherungsbeiträge vollständig als Sonderausgaben abgesetzt werden. Dadurch scheint das Risiko einer doppelten Besteuerung für künftige Rentner deutlich reduziert.

Dennoch wird in Expertenkreisen weiter darüber diskutiert, ob die bisherigen Schritte ausreichen, um eine Doppelbesteuerung in sämtlichen Fällen zu verhindern. Potenziell sind Selbstständige, die freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben, stärker als Arbeitnehmer von dieser Gefahr betroffen, versicherungspflichtige Männer wegen ihrer statistisch geringeren Lebenserwartung mehr als Frauen und Alleinstehende eher als Verheiratete.

Unbegrenzt dazuverdienen

Immer mehr Bundesbürger arbeiten nach dem Renteneintritt weiter. Aktuell haben 1,3 Millionen Ruheständler hierzulande einen Nebenjob. Tendenz stark steigend: Ein Grund dafür ist, dass seit 2023 auch bei vorgezogener Altersrente keine Hinzuverdienstgrenzen mehr existieren. Wie bei der Regelaltersrente können Frührentner ihre vorgezogene Altersrente unabhängig von der Höhe eines Hinzuverdiensts komplett beziehen. Allerdings müssen sie auf all ihre Zusatzeinkünfte bisher regulär Steuern zahlen.

Mit der Aktivrente soll der steuerfreie Hinzuverdienst deutlich ausgeweitet und damit ein starker finanzieller Anreiz geschaffen werden, länger im Erwerbsleben zu bleiben. Bei Erwerbsminderungsrente gilt ab 2025 eine erhöhte Hinzuverdienstgrenze von 19.661,25 Euro bei voller Erwerbsminderung. Bei Beziehern einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beträgt die Hinzuverdienstgrenze ab diesem Jahr 39.322,50 Euro. Die neue Bundesregierung will noch weitere Zielgruppen fördern.

Aktivrente für Ruheständler: 24.000 Euro steuerfrei

Ein zentrales Vorhaben der neuen Bundesregierung soll möglichst bald in Gesetzesform gegossen werden. Die wichtigsten Punkte:

Die ökonomischen Motive

Die Aktivrente soll finanzielle Anreize für Berufstätige setzen, nach Erreichen des regulären Renteneintrittsalters flexibel weiterzuarbeiten. Durch die längere Erwerbstätigkeit erfahrener Arbeitnehmer soll der Fachkräftemangel bekämpft, die Rentenversicherung entlastet und das Rentenniveau stabilisiert werden.

Das rentenpolitische Konzept

Zentrales Element der Aktivrente ist ein monatlicher Steuerfreibetrag: Rentner sollen künftig bis zu 2.000 Euro pro Monat (24.000 Euro im Jahr) steuerfrei hinzuverdienen können, wenn sie weiterarbeiten. Es ist noch zu klären, ob die Steuerfreiheit nur für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen gilt. Beiträge zur Arbeitslosen- oder Rentenversicherung entfallen, aber solche zur Kranken- und Pflegeversicherung werden auf das Zusatzeinkommen fällig. Zudem ist pro Arbeitsmonat ein Rentenbonus von 0,5 Prozent (sechs Prozent pro Jahr) geplant.

Die Zielgruppe

Die Aktivrente wird für Personen konzipiert, die das reguläre Rentenalter erreicht haben (Frauen 65, Männer 67 Jahre). Unklar ist, ob Bürger, die bereits Rente beziehen und einen Nebenjob haben, in die Aktivrente mit einbezogen werden.

Der Startzeitpunkt

Das Gesetz soll laut Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD 2026 in Kraft treten, es muss von Bundestag und Bundesrat abgesegnet werden. Die Aktivrente steht unter Finanzierungsvorbehalt und ist auch von der Haushaltslage abhängig.

Weitere Rentenpläne der Bundesregierung: Kinder, Selbstständige und Mütter im Fokus

Mit diesen Reformschritten plant der Gesetzgeber, noch weitere Zielgruppen bei der Altersvorsorge staatlich zu unterstützen

Frühstart-Rente

Für jedes Kind, das zwischen dem sechsten und 18. Lebensjahr eine Bildungseinrichtung in Deutschland besucht, sollen ohne Antrag monatlich zehn Euro in ein persönliches kapitalgedecktes Altersvorsorgedepot fliessen. Über zwölf Jahre soll der Staat 1440 Euro einzahlen, die in Wertpapiere wie Aktien und ETFs investiert werden. Nach dem 18. Lebensjahr kann das Depot durch eigene Einzahlungen bis zu einem festgelegten Höchstbetrag weiter bespart werden. Die Depoterträge bleiben bis zum Renteneintritt steuerfrei. Eine Auszahlung ist erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze möglich.

Selbstständigen-Rente

Im Koalitionsvertrag ist festgeschrieben, dass 2025 eine Rentenversicherungspflicht für neue Selbstständige eingeführt werden soll, um die Altersvorsorge dieser Berufsgruppe zu stärken. Ausgenommen sind Selbstständige, die über ein berufsständisches Versorgungswerk abgesichert sind. Wer bereits selbstständig ist, muss sich nicht gesetzlich versichern.

Empfehlungen der Redaktion

Mütter-Rente

Zukünftig sollen Eltern für jedes Kind, unabhängig von dessen Geburtsjahr, drei Rentenpunkte (Wert ab 1. Juli 2025: 40,79 Euro pro Punkt) erhalten. Bisher wurden Eltern für vor 1992 geborene Kinder 2,5 Rentenpunkte, für später geborene Kinder drei Punkte gutgeschrieben. Davon würden rund zehn Millionen Mütter profitieren. Dies soll rückwirkend auch für alle Bestandsrentnerinnen gelten.  © €uro