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Seit gerade einmal vier Monaten ist Papst Leo XIV. Oberhaupt der katholischen Kirche. Am Sonntag, 14. September, wird er 70 Jahre alt.
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Mit 70 geniessen die meisten bereits ihren Ruhestand geniessen. Für Robert Francis Prevost, wie Papst Leo XIV. mit bürgerlichem Namen heisst, geht es erst richtig mit der Arbeit los.
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Wie Papst Leo XIV. seinen ersten Geburtstag im Amt feiern wird, ist noch nicht bekannt. Bei seinen Audienzen geniesst er sichtlich die Nähe zu den Gläubigen und winkt ihnen von seinem Papamobil aus zu.
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Sein Vorgänger Franziskus (l.) setzte auf Bescheidenheit und feierte, wenn überhaupt, zusammen mit den Kindern und Familien einer Sozial- und Fürsorgeeinrichtung.
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Der ehemalige Erzbischof aus Chicago leitet als erster US-Amerikaner die 1,4 Milliarden Mitglieder der Weltkirche.
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Seine Wahl galt als Kompromiss – und zugleich als Signal der Einheit. Papst Leo vereint amerikanische Herkunft, lateinamerikanische Prägung und römische Führungserfahrung. Damit wurde er zum Konsenskandidaten eines Kardinalskollegiums, das kulturelle wie kirchenpolitische Gegensätze zu überwinden hatte.
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Geboren 1955 in Chicago als Sohn von Eltern mit französisch-spanisch-italienischen Wurzeln, studierte er zunächst Mathematik, bevor er 1977 dem Augustinerorden beitrat. 1982 wurde er in Rom zum Priester geweiht. Später promovierte er dort in Kirchenrecht.
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Ab Mitte der 1980er Jahre war Papst Leo als Missionar in Peru tätig. Dort gründete er Pfarreien, leitete ein Priesterseminar und war in der Bischofsausbildung aktiv. 2015 ernannte ihn sein Vorgänger Papst Franziskus zum Bischof von Chiclayo, einer Diözese im Norden des Landes. Während der politischen Krisen setzte er sich für Stabilität ein.
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2023 folgte der Aufstieg zum Leiter des mächtigen Dikasteriums für die Bischöfe – jener Vatikanbehörde, die weltweit Bischöfe auswählt. Im selben Jahr wurde er Kardinal. Trotz dieser Schlüsselrolle soll er zurückhaltend geblieben sein, er suchte nicht das mediale Scheinwerferlicht.
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Papst Leo gilt als einer, der zuhört, vermittelt und Wandel will, ohne zu polarisieren. Als erster US-Amerikaner auf dem Stuhl Petri kommt er zwar aus einem Land, in dem laut Vatikan im Jahr 2024 rund 20 Prozent der US-Bevölkerung (knapp 70 Millionen Menschen) katholisch waren. Doch dynamisch wächst der Katholizismus heute vor allem in Afrika und Asien und nicht im Westen.
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Seine lange Erfahrung in Lateinamerika prägt ihn. In Peru, wo rund zwei Drittel der 34 Millionen Einwohner katholisch sind, ist die Kirche tief im sozialen und kulturellen Leben verankert, gestützt durch die Verfassung und ein bilaterales Abkommen mit dem Vatikan.
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In kirchlichen Kreisen gilt der Papst als pragmatischer Diplomat. Als der sogenannte Synodale Weg zur Zukunft der Kirche 2023 in Rom auf Kritik stiess, vermittelte Papst Leo gemeinsam mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin zwischen den deutschen Bischöfen und dem Vatikan.
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Doch seine Laufbahn ist nicht frei von Belastungen: Ihm wird vorgeworfen, in seiner Zeit in Chicago und später als Bischof in Chiclayo Missbrauchsfälle nicht konsequent verfolgt zu haben. Er bestreitet die Vorwürfe, die Diözese wies die Anschuldigungen zurück.
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In vielerlei Hinsicht zeigte Papst Leo Nähe zum verstorbenen Pontifex – was ihm konservativere Stimmen vorwerfen. Er gilt als gemässigter Reformer, ohne dabei Glaubenssätze aufzugeben. Besonders deutlich zeigt sich seine Haltung in Umweltfragen: Leo hat sich wie Franziskus wiederholt für entschiedenes Handeln gegen den Klimawandel ausgesprochen.
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Auch gilt er als überzeugter Befürworter der Synode: Immer wieder hat er betont, dass die Kirche transparenter und offener für die Stimmen der Gläubigen sein müsse. Hierzu gehöre auch die Rolle der Laien zu stärken und den Stil kirchlicher Leitung zu verändern - etwa durch mehr Hinhören und weniger Hierarchie.
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Gleichzeitig lehnt er manche Reformen ab, zum Beispiel die Weihung von Frauen für kirchliche Ämter. Bei der Weltsynode 2023 warnte er vor einer "Klerikalisierung von Frauen". Das sei keine Lösung, sondern womöglich ein neuer Problemherd. Frauen hätten bereits vielfältige zentrale Rollen in der Kirche.
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Die ersten Monate auf dem Heiligen Stuhl verliefen auffallend still. Seine Worte wählt er bei öffentlichen Auftritten mit Bedacht. Mit grosser Selbstdisziplin strebt er nach Ansicht von Beobachtern ein Pontifikat der ruhigen Hand an.
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Wenn er etwa von der Lage im Nahen Osten spricht, versucht er beide Seiten zu erwähnen: Man müsse die Geiseln in der Hand der islamistischen Hamas befreien, aber auch diejenigen retten, die an Hunger leiden und sterben, betonte Leo zuletzt.
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Über Russlands Krieg gegen die Ukraine hat er mehrfach Schmerz bekundet und sich mit dem ukrainischen Volk solidarisch gezeigt. Ein "wahrer, gerechter und dauerhafter Frieden" müsse her. Um einen solchen auszuloten, bot er den Vatikan als Ort für Friedensgespräche an, ohne dass daraus etwas wurde.
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Noch gilt für Leo in seiner neuen Rolle als Oberhaupt der katholischen Kirche eine Art Schonzeit. Jetzt, nach den Sommerferien, die er in der Papstresidenz in Castel Gandolfo ausserhalb von Rom verbrachte, dürfte es etwas konkreter werden: mehr Termine, erste Auslandsreisen und möglicherweise auch schon die erste Enzyklika, wie die wichtigen Lehrschreiben der katholischen Kirche heissen. So etwas nutzen neue Päpste häufig als eine Art Regierungserklärung.
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Wie die früheren Päpste will Leo auch wieder in den Apostolischen Palast ziehen. Aber nicht allein, wie die italienische Zeitung "La Repubblica" berichtete. Augustiner legen grossen Wert auf Gemeinschaft - entsprechend soll der Plan entstanden sein, bei Leos baldigem Umzug auch eine kleine Gemeinschaft von Augustinern mit in den Apostolischen Palast zu nehmen. Bislang wohnt Leo noch in seiner Wohnung im Palazzo del Sant'Uffizio.
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Doch erst einmal müssen die Renovierungsarbeiten in der neuen Unterkunft abgeschlossen werden. Diese sollen bis Ende September andauern, angeblich wird für die Beherbergung der Ordensbrüder sogar die Papstwohnung umgebaut. Dass Leo also schon mit seinen Augustinern im Apostolischen Palast Geburtstag feiern wird, ist sehr unwahrscheinlich. Aber dafür dann vielleicht im nächsten Jahr. (dpa/bearbeitet von mbo/nap)