Marseille - Der Schock sitzt tief bei vielen Menschen in Marseille am Tag nach dem grossen Flächenbrand, der bis an den Rand der südfranzösischen Hafenmetropole trieb und noch immer nicht ganz gelöscht ist. Riesige Rauchwolken, die eher an eine Kriegsregion erinnern lassen, waren über Frankreichs zweitgrösste Stadt getrieben und nur mit einem Kraftakt hatte die Feuerwehr eine Katastrophe abwenden und das Feuer unter Kontrolle bringen können. Hunderte Kräfte waren auch in der Nacht auf Mittwoch im Einsatz.

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Bewohner müssen in Wohnungen bleiben

Bei Innenminister Bruno Retailleau und anderen Verantwortlichen ist angesichts der extremen Flammen, die auf die Stadt zutrieben, die Erleichterung spürbar, als sie noch am späten Abend sagen: Es gibt keine Todesopfer, und auch Schwerverletzte gibt es nicht zu beklagen. Im übrigen aber zeugt die Bilanz, die die Präfektur am Tag danach zieht, von der Gewalt der Flammen und der giftigen Rauchwolken, derentwegen Bewohner eines Vororts und eines Arrondissements von Marseille angewiesen wurden, in ihren Wohnungen zu bleiben, Fenster und Türen zu schliessen und mit feuchter Kleidung abzudichten.

71 Gebäude, darunter 68 Wohnhäuser, wurden durch die Flammen beschädigt und zehn davon zerstört. Zwei Lagergebäude und 15 Autos wurden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen, berichtet die Präfektur. 97 Menschen wurden leicht verletzt, 24 mussten in einer Klinik behandelt werden, darunter auch etliche Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr, die schädlichen Qualm einatmeten. Rund 400 Menschen seien evakuiert worden, darunter 71 Bewohner eines Altenheimes. Der Brand wütete auf 750 Hektar Fläche.

Grossaufgebot der Feuerwehr

Der Innenminister und der Präfekt berichten, mit welch ausserordentlichem Einsatz es gelang, der Flammen Herr zu werden. 800 Feuerwehrleute waren mit 250 Löschfahrzeugen im Einsatz, ausserdem waren acht Löschflugzeuge und sieben Löschhubschrauber in der Luft, die insgesamt 400 Tonnen Wasser auf die Flammen warfen. In den kritischen Stunden appellierten die Verantwortlichen an die Menschen in der Stadt, "Vertrauen in die eingesetzten Mittel zum Schutz der Bevölkerung und der Bebauung zu haben". Die Botschaft an die oft schockierten Einwohner lautete: "Die Situation ist unter Kontrolle."

Flächenbrand in Frankreich
400 Menschen mussten wegen des Brandes evakuiert werden. © dpa / Lewis Joly/AP/dpa

Langsam normalisierte sich unterdessen wieder das Leben in der Metropole. Der am Dienstagnachmittag unter anderem wegen des Einsatzes der Löschflugzeuge gesperrte Flughafen Marseille nahm den Flugbetrieb noch am Abend wieder auf. Auch der Bahnverkehr normalisierte sich langsam wieder, nachdem am Vortag der TGV-Verkehr nach Marseille eingestellt wurde und Regionalverbindungen unterbrochen wurden. Behinderungen gab es weiterhin auf einigen Autobahnen, wo der verheerende Brand seinen Ausgang nahm. Die Flammen griffen von einem in Brand geratenen Auto auf die Naturflächen neben den Fahrstreifen über und wurden durch den Wind weiter ausgedehnt.

Sorge vor Flammensommer

Auf den Schock über die Flammen in Marseille, die auf eine Hitzewelle in der vergangenen Woche folgte, macht Frankreich sich Sorgen, dass dies erst der Anfang eines Sommers voller verheerender Brände werden könnte - parallel hatte ein riesiger Vegetationsbrand auch im südfranzösischen Narbonne 2.000 Hektar Fläche in Mitleidenschaft gezogen. Innenminister Retailleau warnte vor weiteren Bränden, die zerstörerisch und tödlich sein könnten, und mahnte die Bevölkerung zu grösser Vorsicht. Auch der Wetterdienst Météo France warnte vor weiteren Bränden schon in den nächsten Tagen, angesichts grosser Trockenheit, Spitzentemperaturen von 35 Grad und kräftiger Winde.  © Deutsche Presse-Agentur