Nach dem verheerenden Flugzeugabsturz in Indien mit über 240 Toten läuft die Suche nach der Ursache für das Unglück. Die Maschine der Gesellschaft Air India war am Donnerstag kurz nach dem Start in ein Wohngebiet nahe dem Flughafen der Grossstadt Ahmedabad gestürzt. Die Boeing 787-8 war auf dem Weg nach London.
Unbestätigten Berichten zufolge kam kurz vor dem Unglück ein "Mayday"-Ruf aus dem Cockpit. Einer von zwei Flugschreibern sei gefunden worden, berichtete die Zeitung "Hindustan Times".
Die britische Flugunfallbehörde AAIB kündigte an, ein eigenes Team nach Indien zu schicken, um die dortigen Ermittlungen zu unterstützen. Auch US-Präsident
Nur ein Passagier überlebt das Unglück
Bei dem Unglück kamen 241 Menschen an Bord ums Leben, wie die Fluggesellschaft Air India auf der Nachrichtenplattform X mitteilte. Ein Passagier habe das Unglück überlebt und werde in einem Krankenhaus behandelt. Der Mann sass auf dem Platz 11A und entkam Medienberichten zufolge durch einen Notausgang.
Wie viele Menschen bei dem Absturz der Maschine in ein Wohngebiet am Boden getötet wurden, war zunächst unklar. Insgesamt seien mindestens 265 Menschen getötet worden, berichtete die indische Nachrichtenagentur PTI unter Berufung auf die stellvertretende Polizeichefin von Ahmedabad, Kanan Desai. Die Leichen seien in das Zivilkrankenhaus der Stadt gebracht worden. Die Polizei sprach von Dutzenden Verletzten.
Unter den Passagieren befanden sich nach Angaben von Air India 169 indische Staatsangehörige, 53 Briten, sieben portugiesische Staatsbürger und ein Kanadier. Bei dem Überlebenden handelt es sich um einen britischen Staatsangehörigen indischer Herkunft.
Einsatzkräfte haben am Freitag die Trümmer weiter nach möglichen weiteren Opfern abgesucht. Da weiterhin sterbliche Überreste gefunden würden, könne die Opferbilanz weiter steigen, sagte Desai. "Die offizielle Opferzahl wird erst mitgeteilt, wenn die DNA-Tests abgeschlossen sind", hatte der indische Innenminister Amit Shah am Donnerstagabend erklärt. Die ganze Nacht über kamen Angehörige der Flugzeuginsassen zur medizinischen Fakultät Ahmedabad, um für einen Erbgutabgleich zur Identifizierung der Opfer eine DNA-Probe abzugeben.
Augenzeuge des Flugzeugabsturzes in Indien: "Überall waren Leichen"
Bei dem Absturz traf das Flugzeug ein Wohnheim für Mediziner. Auf Videos war zu sehen, dass Teile des Flugzeugs das Gebäude durchbrachen. Trümmer lagen neben einem Essbereich mit stehen gebliebenen Tellern. Der indische Sender NDTV berichtete, mindestens fünf Medizinstudenten seien ums Leben gekommen, als ein Teil der Unglücksmaschine auf ihre Unterkunft gefallen sei.
Am Ort des Unglücks bot sich ein Bild der Zerstörung. "Ich war zu Hause, als ich massiven Lärm höre. Als ich rausging, um nachzusehen, was passiert war, lag dichter Rauch in der Luft. Überall waren Leichen und Wrackteile des Flugzeugs", sagte ein Augenzeuge in einem Video der Nachrichtenagentur PTI.
Flug AI171 der Air India: Premierminister Narendra Modi spricht von Tragödie und mit Überlebendem
Rettungskräfte transportierten im Laufe des Tages zahlreiche mit weissen Tüchern bedeckte Leichen ab. Der indische Premierminister Narendra Modi sprach von einer "Tragödie", die fassungslos mache. "In dieser traurigen Stunde" seien seine Gedanken bei allen Betroffenen.
Modi sprach auch mit dem einzigem Überlebendem des Unglücks. Er habe sich bei einem Besuch in Ahmedabad von dem Mann erzählen lassen, wie er trotz Verletzungen entkommen sei, berichtete der indische Sender NDTV. Der Mann habe Modi erzählt, er habe nach dem Aufprall der Maschine am Boden seinen Sicherheitsgurt lösen und die Maschine verlassen können. Jemand habe ihn dann zu einem Krankenwagen gebracht.
Der Flug AI171, eine Boeing des Modells 787 Dreamliner, sollte von Ahmedabad im indischen Bundesstaat Gujarat nach London-Gatwick fliegen und am Abend in England ankommen. Nur Sekunden nach dem Start stürzte die Maschine ab. Nach Daten des Flugzeugtrackers "Flightradar24" war für den Flug die elf Jahre alte Maschine mit der Kennzeichnung VT-ANB eingeplant. Diese sollte um 13.10 Uhr im Westen Indiens starten und um 18.25 Uhr (jeweils Ortszeit) am Flughafen Gatwick landen.
Ahmedabad ist eine der grössten Städte Indiens und liegt im Westen des Landes. Bei der Volkszählung 2011 lebten dort 5,6 Millionen Menschen.
Flugzeug vor Absturz in Ahmedabad wohl nur auf 190 Meter gestiegen
Erste Daten des sogenannten ADS-B-Systems, das im Sekundentakt Daten zu Position, Geschwindigkeit und Flughöhe liefert, zeigen laut "Flightradar24", dass das Flugzeug bis auf eine barometrische Höhe von 625 Fuss (190 Meter) gestiegen war. Danach sei es mit einer Geschwindigkeit von 475 Fuss pro Minute gefallen.
Die Ursache für den Absturz war vorerst völlig unklar. Die Nachrichtenagentur PA zitierte Natarajan Chandrasekaran von den Air-India-Eigentümern, der von einem "tragischen Unfall" sprach. Das Hauptaugenmerk liege auf der Unterstützung aller betroffenen Menschen und Familien.
Laut Luftfahrtexperte Heinrich Grossbongardt ist die Auswertung der Daten der Blackbox entscheidend für die Aufklärung des Unglücks. Derzeit sei es für eine Einschätzung noch zu früh. "Eine Erklärung könnte zum Beispiel sein, dass die Startklappen nicht richtig gefahren sind", sagte Grossbongardt in der ARD-"Tagesschau". "Aber man kann im Augenblick wirklich nur spekulieren, denn entscheidend ist, dass der Flugdatenschreiber geborgen wird, dass die Daten analysiert werden und man dann sieht, was passiert ist im Flugzeug."
Der Fluglinie Air India bescheinigte der Experte eine zuletzt zunehmend bessere Qualität. "Air India hatte lange Zeit einen sehr schlechten Ruf, solange sie im Staatsbesitz war." Der neue Eigentümer, die Tata Group, habe aber viel investiert und den Qualitätsstandard so weit hochgefahren, "dass die Air India Mitglied der Star Alliance sein konnte zusammen mit Lufthansa, United und anderen wirklich sehr renommierten Airlines." (dpa/bearbeitet von msb)