In den sozialen Medien locken russische Geheimdienste mit bezahlten Aufträgen. Oft ist aber nicht klar, wer dahintersteckt. Warum das BKA jetzt eindringlich warnt.
Die Sicherheitsbehörden des Bundes warnen die Bevölkerung vor Anwerbeversuchen russischer Geheimdienste über soziale Medien.
Hintergrund der Kampagne unter dem Motto "Kein Wegwerf-Agent werden!" sind mehrere Fälle von Sabotage und Spionage, bei denen mutmasslich sogenannte Wegwerf-Agenten – auch Low-Level-Agenten genannt – eingesetzt wurden. So bezeichnet der Verfassungsschutz Menschen ohne nachrichtendienstliche Ausbildung, die Straftaten im Auftrag eines ausländischen Geheimdienstes verüben.
Geld für Handlanger in Deutschland
Wie das Bundeskriminalamtes (BKA) mitteilt, werden die Straftaten von den Handlangern teilweise gegen ein geringes Entgelt verübt und oft ohne zu wissen, wer die wahren Auftraggeber sind und welchem Zweck die Taten dienen.
Weiter heisst es, das Bundesamt für Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst und der Militärische Abschirmdienst hätten ein erhöhtes Aufkommen an Spionage- und Sabotageaktivitäten in Deutschland und anderen Staaten festgestellt. Urheber seien mutmassliche russische Geheimdienste, die selbst oder über Mittelsleute soziale Medien nutzten, um Menschen für Spionage und Sabotage gegen Deutschland zu rekrutieren.
Das BKA erklärt: "Durch die Anonymität im Internet können sie eigene Spuren verwischen. Verantwortlich gemacht für die Straftaten wird nur derjenige, der die Taten vor Ort begangen hat."
Polizei ermittelt in mehreren Fällen
Aktuell werden laut der Mitteilung mehrere Verdachtsfälle von der Polizei bearbeitet, darunter Brandstiftungen, Drohnenüberflüge sowie verdächtiges Fotografieren. Betroffen seien unter anderem Einrichtungen aus den Bereichen Energie, Transport und Verkehr, militärische Einrichtungen und die Rüstungsindustrie.
Im Mai wurden mutmassliche Pläne für Anschläge auf den Gütertransport in Deutschland bekannt. In Deutschland und der Schweiz wurden insgesamt drei Ukrainer festgenommen. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen Agententätigkeit zu Sabotagezwecken vor. Es besteht demnach der Verdacht, dass staatliche Stellen in Russland als Auftraggeber dahinterstecken.
Mehrfach waren Schiffe der Marine Ziel von mutmasslichen Sabotageaktionen: Mal waren es durchtrennte Kabelbäume, mal Metallspäne in einem Antrieb, dann Öleintrag im Trinkwassersystem. Zugänge zu Werften, Munitionsdepots und Arsenale müssen kurzfristig robust geschützt und überwacht werden.
"Wir stehen vor einer ernsten sicherheitspolitischen Herausforderung – die wir klar benennen und gemeinsam bekämpfen müssen."
Die Geheimdienste vermuten, dass Russland auch deshalb verstärkt auf ungeschulte Handlanger setzt, weil der Einsatz eigener Mitarbeiter durch Gegenmassnahmen der deutschen Sicherheitsbehörden seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erschwert ist.
"Sabotage-, Spionage- und Propaganda-Aktionen ausländischer Nachrichtendienste untergraben gezielt die Stabilität freier Gesellschaften", warnt Bruno Kahl, Präsident des Bundesnachrichtendienstes. "Sie sind ein Angriff auf unsere Demokratie mit den Mitteln der Irreführung, Einschüchterung und Zersetzung. Wir stehen vor einer ernsten sicherheitspolitischen Herausforderung – die wir klar benennen und gemeinsam bekämpfen müssen."
Agententätigkeiten können zu mehrjährigen Haftstrafen führen
Um seiner Warnung Nachdruck zu verleihen, verweist das BKA darauf, dass für Agententätigkeit zu Sabotagezwecken und geheimdienstliche Agententätigkeiten jeweils mehrjährige Haftstrafen drohen. Selbst für vermeintlich "leichte Fälle" wie zum Beispiel Sachbeschädigung drohen hohe Strafen.
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Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hatten europäische Staaten kurz nach Kriegsbeginn mutmassliche russische Agenten ausgewiesen. Die deutsche Regierung erklärte 40 Angehörige der russischen Botschaft in Berlin zu unerwünschten Personen. (dpa/mbo)